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steigen aus maschine brennt

steigen aus maschine brennt

Titel: steigen aus maschine brennt
Autoren: Roald Dahl
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gab es Löwen und Elefanten, und manchmal konnte man in der Nacht die Löwen brüllen hören, wenn sie zum Mond hinaufsahen.
    Die Tage vergingen, und Judson ging still und mechanisch seiner Arbeit auf der Farm nach, holte den Mais herein, grub die Süßkartoffeln aus und melkte die schwarze Kuh, während der alte Mann in der Hütte blieb, um der sengenden afrikanischen Sonne zu entgehen. Nur gegen Abend, wenn die Luft kühl und scharf wurde, humpelte er hinaus, und immer ging er hinüber zu seiner schwarzen Kuh und verbrachte eine Stunde mit ihr unter der Akazie. Als er eines Tages herauskam, stand Judson neben der Kuh und sah sie sonderbar an. Er stand in einer komischen Haltung, mit einem Fuß vor dem andern, und drehte mit der rechten Hand sachte an seinem Ohr.
    «Was ist denn jetzt los?» fragte der alte Mann, als er herangehinkt kam.
    «Kuh hört nicht auf zu kauen», sagte Judson.
    «Kaut ihr Futter», sagte der alte Mann. «Laß sie in Ruhe!»
    Judson sagte: «Es ist das Geräusch, kannst du es nicht hören? Mahlendes Geräusch, als wenn sie Steine kaute. Tut sie bloß nicht, sie kaut Gras und Spucke. Sieh sie an, sie kaut und kaut, mahlt, mahlt, mahlt, und es ist nur Gras und Spucke! Das Geräusch dringt mir bis ins Gehirn.»
    «Scher dich weg!» sagte der alte Mann. «Geh mir aus den Augen!»
    Bei Tagesanbruch saß der alte Mann am Fenster wie jeden Tag und beobachtete Judson, wie er aus seiner Hütte kam, um die Kuh zu melken. Er sah ihn schlaftrunken über das Feld gehen. Er sprach im Gehen mit sich selbst, schleppte seine Füße und hinterließ eine grüne Spur in dem nassen Gras. In der Hand hielt er den alten Vierzehn-Liter-Benzinkanister, den er als Melkeimer benutzte. Die Sonne kam gerade über den Rand des Hochplateaus herauf und warf lange Schatten hinter dem Mann, der Kuh und der kleinen Akazie. Der alte Mann sah, wie Judson den Kanister hinstellte, die Kiste holte, die neben der Akazie stand, und sich dann darauf zum Melken zurechtsetzte. Er sah, wie er plötzlich niederkniete, das Euter der Kuh mit den Händen abtastete, und in dem Augenblick konnte der alte Mann von seinem Platz aus sehen, daß das Tier keine Milch hatte. Er sah Judson auf stehen und schnell auf die Hütte zukommen. Er kam und blieb unter dem Fenster stehen, an dem der alte Mann saß, und sah herauf.
    «Kuh hat keine Milch», sagte er.
    Der alte Mann beugte sich aus dem Fenster und stützte sich mit beiden Händen auf den Sims.
    «Du Schweinehund! Du hast sie geklaut.»
    «Ich hab sie nicht genommen», sagte Judson. «Ich hab geschlafen.»
    «Du hast sie geklaut.» Der alte Mann lehnte sich weiter aus dem Fenster und sprach leise, mit einer Seite des Mundes. «Ich schlag dir die Knochen entzwei», sagte er.
    Judson sagte: «Irgendwer hat sie in der Nacht gestohlen, ein Eingeborener, einer von den Kikuyus. Oder vielleicht ist sie krank.»
    Der alte Mann hatte den Eindruck, daß der andere die Wahrheit sagte. «Wir werden sehen», sagte er, «ob sie heute abend Milch hat; und nun geh mir um Himmels willen aus den Augen!»
    Am Abend hatte die Kuh ein volles Euter, und der alte Mann sah Judson zu, wie er zwei Liter guter, dicker Milch aus ihr herausholte.
    Am nächsten Morgen war sie leer. Am Abend war sie voll. Am dritten Morgen war sie wieder leer.
    Am dritten Abend hielt der alte Mann Wache. Sobald es dunkel wurde, setzte er sich an das offene Fenster mit der alten großkalibrigen Flinte auf seinem Schoß und wartete auf den Dieb, der kam und seine Kuh in der Nacht melkte. Zuerst war es stockfinster, und er konnte nicht einmal die Kuh sehen, aber bald kam ein Dreiviertelmond über die Berge, und es wurde hell, fast wie am Tage. Aber es war bitter kalt, weil das Hochland zweitausend Meter hoch liegt, und der alte Mann fror auf seinem Posten und zog seine braune Decke enger um seine Schultern. Er konnte die Kuh jetzt gut sehen, so gut wie bei Tageslicht, und die kleine Akazie warf einen tiefen Schatten über den Rasen, denn der Mond stand hinter ihr.
    Die ganze Nacht lang saß der alte Mann dort und beobachtete die Kuh, und, abgesehen von dem einen Mal, als er aufstand, um sich eine zweite Decke zu holen, ließ er sie nicht aus den Augen. Die Kuh stand ruhig unter dem kleinen Baum, käute wieder und starrte den Mond an.
    Eine Stunde vor Tagesanbruch war ihr Euter voll. Der alte Mann konnte es sehen; er hatte es die ganze Zeit beobachtet, und wenn er auch die Schwellbewegung nicht sehen konnte, genausowenig wie man die Bewegung des
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