Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)

Titel: SteamPunk 3: Argentum Noctis: SteamPunk (German Edition)
Autoren: Guido Krain
Vom Netzwerk:
diese Beweggründe noch nicht einmal, als ich sie ihm später einmal erklärte. Aber natürlich glaubte er mir. Ich bin nicht nur sein bester Freund sondern habe den alten Geier auch weit besser kennen gelernt, als ich es meinem schlimmsten Feind gegönnt hätte.
    Jedenfalls brach Fiddlebury etwa zwei Monate nach diesem letzten Treffen auch jeden Kontakt zur restlichen Außenwelt ab, was Charles ernsthafte Sorgen um Rachels Wohlergehen bereitete. Im Black Garden Gentlemensclub , in dem Fiddlebury natürlich ebenfalls Mitglied war, begannen die eigenartigsten Gerüchte zu kursieren. So wurde bekannt, dass er urplötzlich alle seine Hausangestellten entlassen hatte und viel Geld bei Versteigerungen ausgab. Dabei schien er sich nicht für Kunst oder Wissen, sondern ausschließlich für persönliche Gegenstände bedeutender Persönlichkeiten zu interessieren. Ein kleines Vermögen investierte er zum Beispiel in den Erwerb von Gegenständen, die Leonardo da Vinci oder Françoise Prévost, einer berühmten französischen Tänzerin, gehört hatten. War der alte Mann verrückt geworden?
    Nach drei Monaten der Ungewissheit wurde Charles endlich von seiner Sorge um Miss Fiddlebury erlöst ...

    Charles war konzentriert in seine Arbeit vertieft. Sein Lichtverdichter nahm endlich Gestalt an und versprach, seine kühnsten Erwartungen in den Schatten zu stellen. Er stand kurz davor, Licht in einen quasiflüssigen Zustand zu überführen. Man würde es an einem Ort „einfangen“ und an einem anderen Ort buchstäblich „ausgießen“ können. Auch wenn seine Erfindung keinen praktischen Nutzen zu haben schien, war er außerordentlich fasziniert. So fühlte er sich ernsthaft belästigt, als die Türglocke erklang.
    Glücklicherweise war er schon seit Längerem nicht mehr gezwungen, ungebetene Gäste persönlich abzuwimmeln. Er hörte die unverkennbaren Schritte von Fifi, seinem dampfbetriebenen Dienstmädchen, die Treppe heruntertippeln. Die alten Stufen knarzten protestierend unter Fifis beachtlichen zweihundertachtzig Kilo Gewicht. Die dicken Polster unter ihren hohen Schuhen ließen es aber beinahe so klingen, als würde ein junges Mädchen barfuß die Treppen hinuntertanzen. Charles liebte dieses Geräusch.
    Er hatte den Zwischenfall schon fast wieder vergessen, als kurz darauf weibliche Stimmen im Salon erklangen. Charles konnte kein Wort verstehen, doch das war auch nicht notwendig. Eine der Stimmen gehörte zweifellos Fifi. Und da Fifi klar zwischen zwei Besuchergruppen unterschied – willkommene Gäste und Ungeziefer – konnte die andere Stimme nur Rachel Fiddlebury gehören. Wie gesagt: Mein Freund pflegte damals keine weiteren Damenbekanntschaften.
    Freudestrahlend eilte er die Treppen zum Erdgeschoss hinunter. Er war so schnell unterwegs, dass er auf halben Weg beinahe mit Fifi zusammenstieß.
    „Olálá, Mister Igeltón!“, meinte sie kichernd. „Miss Duckwalk bestimmt wird wartén Minütén noch ein paar.“ Ihre magnetisch angetriebenen Augenbrauen hüpften neckisch. Die Bewegung verlieh ihrem ansonsten ausdruckslosen Gesicht einen Anflug von anzüglichem Spott. Charles fühlte sich ertappt und räusperte sich geräuschvoll.
    „Du hast Recht, Fifi.“ Etwas linkisch zog er sich die Kleidung glatt. „Bin ich überhaupt in einem Zustand, in dem ich der jungen Dame unter die Augen treten kann?“
    „Abér Mister Igeltón, I´r immér aussä´t wie Ei gepälltés – sumindést für misch.“ Mit strahlend blau leuchtenden Augen legte sie den Kopf schief und ließ eine besonders große Dampfwolke aus ihrer Nase strömen. Charles schmunzelte und strich ihr einmal mit der Hand über die stählerne Wange.
    „Na, dann wollen wir hoffen, dass Miss Fiddlebury deine Meinung teilt.“
    „Isch gans sischér bin, Mister Igeltón.“ Diesmal wirkten ihre hüpfenden Augenbrauen eher wie ein verschwörerisches Zwinkern. Lachend ging Charles die letzten Stufen hinab. Seine fröhliche Stimmung verebbte erst, als er den Salon betrat.
    Rachel schien sich zwar sehr über das Wiedersehen zu freuen – wegen ihrer Gesichtslähmung konnte man das nur eingeschränkt beurteilen – dennoch verschwand Charles’ Lächeln rasch wieder. Seine Besucherin sah abgekämpft und unglaublich müde aus. Ihre ohnehin vornehm blasse Haut wirkte kränklich und eingefallen. Ihre Augen waren rot gerändert. Sie hatte offenbar mehrere Tage zu wenig Schlaf bekommen. Ihr sonst so seidig glänzendes rotes Haar war stumpf geworden und schien einige
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher