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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition)
Autoren: Alex Reichenbach
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einmal im Flur beiseite.
    «Ich regele das», sagte er. «Hast du verstanden? Ich regele das. Du gehst am besten jetzt nach oben und setzt dich vor den Fernseher.»
    «Aber wenn morgen Basti nach Hause kommt …»
    «Sabine, ich sagte doch, ich regele das. Kannst du mir nicht einmal zuhören? Also, geh nach oben.»
    «Verzeih. Danke, Schatz», murmelte Sabine. Sie war so dankbar, dass sie die Verantwortung an Bert abgeben konnte. Bert hatte immer alles irgendwie geregelt. Er war klug und taktisch geschickt. Sie war von diesen Dingen immer überfordert. Sie hatte keine Ahnung, wie, aber wahrscheinlich würde er auch diesmal eine Lösung finden.
    Sabine holte sich noch schnell ein Glas Wasser und ein paar Kekse aus der Küche. Als es an der Haustür klingelte, traf sie das wie ein Schlag. Aus dem Küchenfenster sah sie: Es war Basti. Um Gottes willen. Um Gottes willen. Als niemand öffnete, kam er ans Küchenfenster und klopfte an die Scheibe. Er hatte sie gesehen.
    Zitternd ging Sabine zur Haustür. Basti durfte das Mädchen nicht sehen. Oder hören.
    «Hallo, Mam.»
    «Basti! Psst. Dein Vater hat Besuch. Wir dürfen nicht stören. Du wolltest doch zu dieser Party.»
    «Will ich auch. Ich will nur schnell meine Schulsachen loswerden.»
    Er marschierte durch die Diele. Sabine versperrte ihrem Sohn den Weg, griff nach der Tasche. «Gib das mir. Dein Vater will jetzt nicht gestört werden. Kein lautes Gestampfe im Flur.»
    «Mensch, Mam! Also echt! Ach, leck mich doch.»
    Sebastian drehte sich um und verschwand grußlos nach draußen. Sabine atmete auf, zog die Tür zu und schloss ab. Von innen.
    «Mein Mann saß also mit dem Mädchen im Wohnzimmer. Er hat ihr gesagt, sie würden am Montag zusammen zu Geibels Vermögensverwalter gehen, um die Sache zu klären. Ich fand die Situation unerträglich und bekam bald schreckliche Kopfschmerzen. Gegen sechs bin ich hoch und habe mich hingelegt.»
    Der Fernseher lief, doch sie konnte nicht entspannen. Sie bekam nicht einmal mit, worum es ging.
    Gegen acht drückte sie vier Ergocalm-Tabletten aus der Packung und schluckte sie alle vier hintereinander. Sie wollte nur schlafen, den Albtraum vergessen können. Vielleicht würde morgen schon alles anders aussehen. Nun ließen sie auch noch an der Staustufe Wasser ab. Dieses entsetzliche Getöse. Ohne Ohropax würde sie überhaupt nie schlafen können.
    Nachdem Sabine das Licht gelöscht hatte, lüftete sie noch kurz und schaute hinaus. Das Wasser toste in der Dunkelheit. Der Garten war erfüllt von einem diffusen, schummerigen Licht, das von der Wegbeleuchtung kam. Da glaubte Sabine, im Garten eine kauernde Gestalt zu sehen. Fast wollte sie aufschreien. Doch dann erkannte sie Bert. Er hockte auf einem Stein. Was machte er da? Er sah starr zur Terrasse. Zu den Bürofenstern, aus denen ein schwacher Lichtschein drang. Bert beobachtete wohl heimlich das Mädchen. Wahrscheinlich passte er auf, dass sie nicht an die Unterlagen ging. Warum hatte er sie auch gerade in seinem Büro untergebracht? Das war doch dumm. Auch Bert passierten Fehler, nicht nur ihr, dachte Sabine fast befriedigt.
    Bert richtete sich plötzlich auf. Sabine schloss rasch und geräuschlos das Fenster, zog den Vorhang zu, drückte sich im Bett ihre Wachsstöpsel in die Ohren und versuchte, an nichts mehr zu denken.
    «Ich muss dann gegen acht schon eingeschlafen sein.»
    «Sie sind aber wahrscheinlich im Lauf der Nacht noch einmal aufgewacht.»
    «Nein. Nein. Ich habe das schon damals Ihren Kollegen gesagt. Ich hatte diese sehr starken Schlaftabletten genommen, mehrere davon, ich war wie betäubt. Ich habe von der Nacht nichts mitbekommen.»

    Das Bett war nur eine Matratze auf dem Boden. Etwas hart. Aber frisch bezogen. Und Jessica war glücklich. Sie hatte schon gedacht, es würde überhaupt nicht funktionieren. Aber dann hatte es hier super geklappt. Bloß das mit dem Haus würde natürlich nicht klappen nächste Woche. Weil, dann müsste sie ja bestimmt irgendwie beweisen, dass sie wirklich die Enkelin von diesem Hausbesitzer war. Außerdem hatte sie längst eine bessere Idee.
    Der Bert und seine Frau waren voll nett. Und so ganz normale Leute. So Leute, die man im Fernsehen sah. Gute Eltern halt. So Eltern, die sie nie gehabt hatte. Wie stolz die Frau von dem Sohn erzählt hatte! Und dann bezahlten die ihm so coole Sachen, Rudern und so. Das wollte Jessica am allermeisten von allem: ein Kind in so einer Familie sein. Dazu würde sie sogar auf Amerika
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