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Staustufe (German Edition)

Staustufe (German Edition)

Titel: Staustufe (German Edition)
Autoren: Alex Reichenbach
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Deine Blödheit ist gemeingefährlich. Ich schwöre dir, das Mädchen hat mit Werner Geibel nichts, aber auch gar nichts zu tun. Ich – ach, verdammt. Verdammt.» Er sah nach unten, sammelte sich, sprach weiter: «Ich habe mir ihre Unterlagen angesehen. Da gibt es gar keinen Hinweis … ach, was soll’s. Sie ist weg. Ich habe sie weggeschickt, gestern Nacht noch, hab ihr gesagt, dass sie keine Rechte an dem Haus hat und dass ich mich nicht betrügen lasse. Werner Geibel hatte keine Kinder, das hat er uns doch damals gesagt. Verdammt, Sabine, die hat dir wahrscheinlich irgendeine Lügengeschichte erzählt, das ist so ein Hippiemädchen, das mit Phantasiegeschichten zu schnorren versucht. Und du Wahnsinnige kommst zu mir ins Büro und sagst: Da ist die Enkelin von Werner Geibel! Weißt du überhaupt … was du mir damit angetan hast? Du hast mein Leben verpfuscht, Sabine, von Anfang an und immer wieder. Hörst du? Ich habe mich immer für dich geopfert. Aber irgendwann, das versprech ich dir, irgendwann ist es so weit, und du stürzt uns alle ins Verderben, Basti, dich und mich, und ich werde dir nicht mehr helfen können.»
    «Er hat gesagt, jetzt, wo das Mädchen endlich weg sei, würde er joggen gehen, um den Kopf freizubekommen. Und die alte Matratze, die er ihr gegeben hat, hätte er schon wieder auf den Speicher gebracht. Eine halbe Stunde später kam er vom Joggen zurück. Er war ziemlich verärgert und sagte, es gebe Komplikationen. Im Main würde eine Wasserleiche schwimmen. Und die Polizei würde ihn vielleicht befragen kommen, weil er leider die Wasserleiche entdeckt und gemeldet habe. Ich solle mich bloß nicht aufregen und möglichst normal wirken und um Himmels willen nicht den Eindruck vermitteln, als hätte die Wasserleiche was mit uns zu tun, damit die nicht anfangen, in unseren Personalien herumzuschnüffeln. Und vor allem solle ich absolut nichts von dem Mädchen gestern erzählen. Der Besuch des Mädchens habe nicht stattgefunden, gestern sei alles gewesen wie immer, es habe nie ein Mädchen gegeben, das solle ich mir einschärfen. Ob ich mir das merken könne mit meinem Mäusegehirn.»
    Winter fand allerdings auch, dass ihre Naivität schon ungeheuerlich war.
    «Frau Stolze, haben Sie denn nicht geahnt, was Ihr Mann getan hat?»
    Sie sah ihn unglücklich an.
    «Doch. Vor allem, als ich dann putzen sollte im Büro und mir auffiel, dass das Parkettpflegemittel an der falschen Stelle stand und auch jemand vorher schon ganz schlierig gewischt hatte. Da habe ich gedacht, vielleicht hat Bert das Mädchen getötet und Spuren beseitigt. Aber wissen Sie – ich bin eine so ängstliche Person. Ich rede mir ständig irgendwas ein, und meistens stimmt es hinterher nicht. Aber die Sache hat die ganze Woche in mir gebrütet. Plötzlich dachte ich dann auch, ob Bert mir damals überhaupt die Wahrheit gesagt hat mit Werner Geibel. Es hat mir alles keine Ruhe mehr gelassen. Deshalb habe ich ja auch in seinem Büro herumgeschnüffelt, und so kam es, dass ich am Ende den Schlüssel zu dem verschlossenen Keller gefunden habe …»
    «Waren das etwa Sie, die die Terrassentür eingeschlagen hat?»
    «Ja. Ja, das war ich. Weil das Büro doch verschlossen war. Und danach habe ich im Keller … diese Dinge gesehen und die Nerven verloren, und es war alles zu spät. Jetzt habe ich Sebastian das Leben kaputtgemacht. Aus Egoismus eigentlich. Bloß weil ich es unbedingt wissen musste. Und weil ich gedacht habe, ich halte es mit Bert nicht mehr aus. Aber was geschehen war, war geschehen. Ich hätte das sowieso nicht mehr rückgängig machen können. Ich hätte still aushalten müssen. Für Basti.»
    «Also, Frau Stolze, seien Sie mal froh, dass ich das nicht ins Protokoll aufnehmen werde. Noch einmal: Vergessen Sie Ihre fehlgeleiteten Selbstvorwürfe. Wir wären übrigens auch ohne Ihre Hilfe auf Ihren Mann als Täter gekommen. Es gab andere Indizien.»
    Frau Stolze wirkte zutiefst erleichtert. «Natürlich!», sagte sie. «Sie werden das Mädchen identifiziert haben … sagen Sie, diese Jeannette war also tatsächlich die Enkelin von Werner Geibel, ja?»
    Sabine Stolze sah plötzlich viel lebendiger aus. Winter ließ ihre letzte Frage unkommentiert und verabschiedete sich, sobald die Psychologin wiederum anklopfte und darauf drängte, das Gespräch zu beenden. Frau Stolze erklärte nun ihrerseits, erschöpft zu sein.
    Draußen im Wagen wählte Winter sofort Kettlers Nummer. Es war die, die früher Gerd gehört hatte.
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