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Titel: starten durch
Autoren: Dagmar H. Mueller
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erschienen sind, sehen klasse aus. Na ja, auch wenn ich da nicht wirklich wie ich aussehe. Aber eins ist ohne Zweifel wahr: Dass das nämlich trotzdem ich bin, die dort auf den Modefotos in die Kamera lächelt. Und ich BIN hübsch (äh, sagen jedenfalls alle). Trotz roter Haare.
Vielleicht auch meine Schüchternheit? Ich meine, wenn es darum geht, Hühner aus miesen Legebatterien zu retten oder auf der Straße Leute davon zu überzeugen, dass wir nur alle zusammen was gegen das Ozonloch tun können, dann bin ich natürlich nicht schüchtern. Ist ja auch total wichtig, in solchen Fällen laut und mutig zu sein! Aber wenn es um mich persönlich geht … oder vielleicht sogar um Daniel … Ja, hm … ja, ich glaube, es wäre schön, nicht mehr schüchtern zu sein!

    I ch habe einen neuen Rekord aufgestellt. Im Vom-Schreibtischstuhl-Aufspringen und Treppe-Runterstürzen und Wohnzimmertür-Aufreißen und »GREGORY! GIB DAS SOFORT HER!!!«-Brüllen. Dreieinhalb Sekunden für zwei Stockwerke, einen langen Flur und eine große Schwester, die unten gerade durch die Haustür kam und mir so auch noch im Weg stand! Gregory hob seinen Kopf, guckte mich mit seinem typischen, leicht amüsierten Gesichtsausdruck an, ließ sich willig das Buch aus den Händen reißen und sagte dann ganz ruhig: »Livi, hey! Reg dich nicht auf! Ich hab die privaten Stellen taktvoll übersprungen.«
    Die privaten Stellen? Ein Tagebuch ist KOMPLETT privat! Von vorne bis hinten! Das ist doch wohl klar, du Kleckerhirn!
    Ein wenig störte mich auch das beinahe spöttische Grinsen, das ihm dabei um die Lippen zuckte. »Wie kannst du es wagen, mein Tagebuch zu lesen!«
    Das Grinsen wurde breiter. »Kenny hat es mir praktisch aufgedrängt. Sie wollte nicht, dass ich mich langweile, sie ist wirklich sehr fürsorglich.«
    »Oooouuuu…!« In einem Comic wären mir jetzt wahrscheinlich Schaumblasen aus dem Mund gequollen oder wenigstens Blitze aus den Augen gezischt.
    In einem Anflug von wilder Hoffnung blätterte ich schnell in den ersten Seiten rum, um zu sehen, was genau Gregory gelesen haben könnte. Meinetwegen kann er gerne wissen, was ich über die Rolle der Vereinigten Staaten im Kampf (oder besser Nichtkampf!) gegen das Ozonloch denke. Oder auch, wie viele Stunden meine große Schwester Tessa täglich vor dem Spiegel verbringt, um ihre blonden Locken in Form zu zupfen (nämlich vier bis sieben), und wie dämlich sie dabei aussieht.

    Nicht wissen sollte er allerdings, was ich über Daniel denke, und dass ich mir mal vorgestellt habe, wie er und ich zusammen …
    Gregory guckt mir ohne eine Spur von Verlegenheit direkt in die Augen. »Zum Beispiel habe ich die Seiten, auf denen du dir vorstellst, auf eine richtige Polarexpedition zu gehen, um die Auswirkungen der Erderwärmung auf die Eisbären zu erforschen, und wie du dann mit einem weiteren Expeditionsteilnehmer von den anderen getrennt wirst und mit ihm auf einer Eisscholle davontreibst und du und er dabei…«
    Na toll, er HATTE die Stelle mit Daniel gelesen!
    Meine Augen schossen messerscharfe Eisstückchen, frisch von der erstbesten Polareisscholle, in Gregorys Richtung.
    Gregorys Grinsen hatte allerdings in der Zwischenzeit ebenfalls an Gelassenheit verloren und sah nun fast genauso feindselig aus. »Jedenfalls wollte ich sagen, dass ich diese Seiten NICHT gelesen habe. Mach dir also bitte keine Sorgen!«
    Die letzten Worte klangen nicht nur sarkastisch, sondern richtig böse.
    Frechheit! Bitterböse zu sein, hatte hier ja wohl nur eine Person das Recht! Was – bitte – geht’s ihn denn an, ob ich gerne mal mit Daniel auf einer kleinen Eisinsel davontreiben würde oder nicht! Kann ja wohl jeder seine eigenen PRIVATEN Fantasien haben! Gucke ich Gregory etwa bei seinen Computerspielen über die Schulter?
    Wir funkelten uns eine Weile schweigend an.
    Dann tapste Kenny ins Zimmer. »Huhu!« Sie stoppte. »Na? Wieso steht ihr hier so doof rum?« Sie guckte erstaunt von Gregory zu mir und dann zurück zu Gregory.

    »Mama lässt fragen, ob ihr beiden vielleicht etwas Nachtisch wollt.« Sie popelte ein bisschen in der Nase.
    Kenny popelt gerne mal ein wenig. Besonders wenn sie verlegen ist. Behauptet jedenfalls Iris zu ihrer Verteidigung. Da Kenny aber wirklich alles andere als schüchtern ist und daher – zumindest meiner Meinung nach – auch nicht zu allzu großer Verlegenheit neigt, finde ich das nur schwer nachvollziehbar. Jedenfalls wenn man sich die Häufigkeit ansieht, mit der ihr kleiner
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