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Titel: starten durch
Autoren: Dagmar H. Mueller
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könnten doch hinten im Garten welche aufwecken. Ich wette, wenn wir tief genug in den Teich hineinlangen, finden wir jede Menge. Die könnten wir doch dann schön im Warmen trocken föhnen und dann…«
    Ich lache. »Nein, nein, bitte nicht!«
    Doch so schnell gibt Kenny nicht auf. »Warum denn nicht? Willst du nicht auch endlich einen richtigen Prinzen abkriegen?«
    Ich werfe einen hastigen Blick auf meinen Neujahrszettel. Hat sie das mit dem Kuss und dem Freund gelesen? Hat sie vielleicht sogar das Wort Daniel gesehen? Ich gucke sie durchdringend an.
    Kenny sieht aus, als wäre sie ein kleiner Engel und direkt vom Himmel gefallen. Sie klimpert lieblich mit ihren kurzen Wimpern und verzieht den Mund zu einem süßsanften Lächeln. Die kleine Ratte!
    »Es gibt keine Prinzen auf der Welt«, behaupte ich einfach – vielleicht etwas harscher als nötig.
    Kenny bleibt ungerührt. »Gibt es doch! Bentje sagt…«
    »KEEENNY?« Von unten dröhnt Maleas Stimme die
Treppe hoch. Meine nicht mehr ganz so kleine Schwester ist alles andere als schüchtern.
    »NICHT SO LAUT! REMA SCHLÄÄÄFT, GLAUBE ICH!«, schreit Kenny noch lauter durch die offene Tür zurück.
    »ICH MUSS JETZT LOS ZUM NACHMITTAGSUNTERRICHT, BIS SPÄTER!«, plärrt Malea zurück. »SAG REMA, ICH BIN ZUM ABENDBROT WIEDER DA!«
    »OKAY!«, brüllt Kenny freundlich in den Flur.
    Hilfe! In was für einer Familie muss ich hier nur leben?
    Nicht genug, dass ich mit komplett durchgeknallten Eltern wie Iris und Cornelius geschlagen bin! Nein, ich habe auch noch drei Schwestern, von denen eine Einzige für jeden normalen Haushalt schon zu viel wäre.
    Allerdings ist unser Haushalt natürlich nicht normal.
    Das fängt schon mit unserer Rema – unserer REnateoMA – an. Obwohl Rema wirklich im wunderbarsten Sinne nicht normal ist. Ich meine, sie ist nicht wie andere Omas (oder wie man denken würde, dass andere Omas sein sollten), die stricken, kochen, kuscheln und kleinen Schwestern Bilderbücher vorlesen und so was eben. Das heißt – kuscheln tut Rema schon gerne. (Und im Moment sogar nicht nur mit uns! Haha!!) Aber Stricken und Vorlesen gehören nicht unbedingt zu ihren vorrangigen Beschäftigungen.
    Früher, als wir noch in der Grundschule waren, hat sie uns jeden Samstag auf eine Demo geschleppt – für den Weltfrieden, gegen Tierversuche oder was sonst so angesagt war. Danach kriegten wir ein fettes Eis, unten im Bella Roma, und gingen dann gut gelaunt nach Hause. Das war Remas Vorstellung von Etwas-mit-den-Enkeltöchtern-unternehmen. Kein Wunder, dass ich so im Umweltschutz
engagiert bin! (Hm. Aber wieso ist davon so wenig bei meinen Schwestern hängen geblieben?)
    Unsere Rema ist jedenfalls einfach die Beste auf der Welt! Die würde ich gegen nichts eintauschen!
    Iris und Cornelius dagegen könnte ich ganz gut ’ne Zeit lang entbehren, glaube ich. Zumindest momentan. Natürlich nicht für immer. Ich mag meine Eltern im Grunde ja. (Ehrlich!) Aber manchmal wäre es vielleicht ein wenig einfacher, sie – ähm – aus der Entfernung zu mögen.
    Cornelius spinnt ja immer ein bisschen, was er damit rechtfertigt, dass er Musiker ist. (Woran man schon mal sehen kann, was für idiotische Gedankengänge der Mann hat! Als ob Musiker immer Spinner wären!) Aber Iris dreht sonst eigentlich nur am Rad, wenn sie unter Druck mit einem ihrer Abgabetermine ist. Iris ist Autorin. Kitschromanautorin.
    »Das ist ein ehrenwerter Beruf«, behauptet sie immer. »Und überhaupt sind Kitschromane heutzutage die einzigen Romane, mit denen man noch Geld verdienen kann.«
    Allerdings – wenn das so ein ehrenwerter Beruf ist –, warum dürfen wir dann niemandem, aber auch absolut niemandem verraten, dass Iris genau damit unsere Familie ernährt?
    Wir alle, Cornelius, Rema, Kenny, Malea, Tessa und ich, sind zu allerheiligstem Stillschweigen darüber verpflichtet. Ein bisschen peinlich ist es Iris also doch! Verständlich, bei Titeln wie »Das Rauschen der Gefühle bei Wellengang« oder »Zarte Liebesjodler in Bad Inn« oder »Schwester Christine im Glück« …
    Die offizielle Version lautet jedenfalls, dass Iris unser Geld mit Kochbüchern verdient. Von denen sie tatsächlich auch einen ganzen Haufen schreibt. Wie der Verlag
sich allerdings dazu bewegen lässt, die dann auch immer wieder zu drucken, ist mir ein Rätsel. Vielleicht laufen sie dort unter der Rubrik »Humorvolles«. Denn essen sollte man die Gerichte von Iris nur im Notfall. Oder nur, wenn man einen besonders robusten
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