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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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Nordens. Das Zündloch und die Mündung des Geschützes waren schwarz von verbranntem Schießpulver, so schwarz wie die Schatten, die sich immer länger über die weitläufige Hügelkuppe legten. Die flüchtenden Nordstaatler bildeten im abnehmenden Licht eine dunkle Masse. Starbuck suchte mit den Blicken nach Adam, obwohl er wusste, dass er ihn zwischen so vielen anderen niemals entdecken würde. Ein Silberstreif verriet, wo der Fluss zwischen den dämmrigen Marschen verlief, und dahinter leuchtete die untergehende Sonne einen Fesselballon des Nordens an, der langsam seiner Winde am Boden entgegenschwankte. Starbuck starrte lange dorthin, dann schulterte er sein Gewehr mit dem blutigen, klebrigen Schaft und sprang auf den Boden.
    An diesem Abend aßen die Männer der Legion Yankee-Proviant und saßen an Yankee-Lagerfeuern. Sie tranken Yankee-Kaffee und hörten Izard Cobb zu, der auf einer Yankee-Geige spielte. Die Legion hatte viele Verluste erlitten. Captain Carstairs und vier andere Offiziere waren tot, ebenso wie Sergeant Major Proctor. Achtzig weitere Männer waren tot oder wurden vermisst, und wenigstens noch einmal so viele waren verwundet.
    «Statt zehn Kompanien sind wir jetzt nur noch acht», sagte Bird. Er hatte eine Kugel in den linken Arm abbekommen, weigerte sich aber, noch groß Notiz von der Verwundung zu nehmen, nachdem der Verband angelegt worden war.
    «Wissen wir, wie es morgen für uns weitergeht?» Major Haxall von dem Bataillon aus Arkansas hatte sich den Offizieren der Legion an ihrem Lagerfeuer angeschlossen.
    «Das weiß nur Gott allein», sagte Bird. Er nippte an einem erbeuteten Flachmann mit Yankee-Whiskey.
    «Hat irgendwer Faulconer gesehen?», fragte Haxall. «Oder Swynyard?»
    «Swynyard ist betrunken», sagte Bird, «und Faulconer ist auf dem besten Weg, es auch zu werden, und selbst wenn er nüchtern wäre, würde er jetzt mit niemandem reden.»
    «Wegen Adam?», fragte Captain Murphy.
    «Ja», sagte Bird.
    «Was zum Teufel ist denn passiert?», fragte Murphy.
    Lange Zeit beantwortete niemand seine Frage. Ein paar Männer sahen Starbuck an, weil sie von ihm die Erklärung für Adams Verhalten erwarteten, aber Starbuck sagte nichts. Er hoffte einfach nur, dass sein früherer Freund stark genug war, um als Fremder in einem fremden Land zu leben.
    «Adam denkt zu viel nach», brach Bird schließlich das Schweigen. Im flackernden Licht des Lagerfeuers wirkte das schmale Gesicht des Colonels hagerer denn je. «Zu viel Nachdenken tut keinem Mann gut. Davon werden die einfachsten Dinge unnötig kompliziert. Wir sollten das Nachdenken in unserem neuen und ruhmreichen Land am besten ganz verbieten. Wir sollten unser Glück finden, indem wir die Bildung abschaffen und alle Ideen ächten, die den Verstand beschränkter Baptisten überfordern. Die wahre Befriedigung unseres Landes wird in nobler Beschränktheit liegen.» Er hob seinen Flachmann zu einem spöttischen Trinkspruch. «Feiern wir einen genialen Einfall: die gesetzlich erzwungene Dummheit.»
    «Zufälligerweise bin ich Baptist», sagte Major Haxall milde.
    «Mein lieber Major, es tut mir herzlich leid.» Bird war augenblicklich zutiefst zerknirscht. Er mochte sich gern reden hören, aber er konnte den Gedanken nicht ertragen, jemanden zu verletzen, den er mochte. «Werden Sie mir verzeihen, Major?»
    «Ich könnte noch mehr tun, als Ihnen zu verzeihen, Colonel. Ich könnte nämlich versuchen, Sie davon zu überzeugen, dass Jesus Christus Ihr Herr und Retter ist.»
    Bevor Bird noch über eine passende Antwort nachdenken konnte, erglühte auf einmal der gesamte südliche Himmel. Das enorme Licht stieg höher, beleuchtete einen großen Teil der Landschaft und ließ seinen grellen Abglanz beinahe bis nach Richmond fallen.
    Einen Moment später rollte das Geräusch einer Explosion übers Land. Es war ein gewaltiger Knall, und danach folgten weitere Explosionen, und noch mehr glutrote Kugeln stiegen in den Himmel, dehnten sich aus und erloschen auf der anderen Seite des Flusses. Tausend Signalraketen zischten in die Nacht hinauf und zogen eine Funkenschleppe hinter sich her. Flammen loderten von ungeheuren Bränden empor, und brennende Ströme wanden sich über die dunkle Erde. «Sie vernichten ihre Vorräte», sagte Bird erstaunt. Er war aufgestanden, genau wie alle anderen Rebellen, um zu dem Inferno in der Ferne hinüberzuschauen. Neuer Explosionsdonner rollte übers Land, und neue Lichtbälle zerbarsten am Nachthimmel. «Die Yankees
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