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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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die Bibel seines Bruders aus der Tasche seines Uniformrocks, blätterte bis zu den leeren Seiten ganz hinten und schrieb mit einem Bleistiftstummel die Namen der Männer auf, die bisher an diesem Nachmittag umgekommen waren. Er wusste schon von Sergeant Carter Hutton, Felix Waggoner und Amos Parks, doch nun erfuhr er durch Zuruf von Männern in der Nähe noch sechs weitere Namen. «Wir haben ordentlich Prügel bezogen», sagte Starbuck, als er die Bibel auf seinen Uniformrock legte.
    «Aye.» Truslow feuerte durch sein Guckloch im Stamm, und die Rauchwolke, die aus seinem Gewehr aufstieg, löste eine wilde Gegenreaktion von etwa zwanzig Nordstaatlern aus. Die Kugeln fraßen sich in das verrottende Holz und schleuderten Splitter in die Luft. Ein Mann aus Arkansas schoss, dann einer von der Kompanie K, doch die Schüsse aus der Deckung kamen nur vereinzelt. Es gab keine Reserven, die man in diesen Teil des Tals schicken konnte, und General Faulconer unternahm keinerlei Anstrengung, um seine Männer aus ihren morastigen Schlupflöchern zu befreien. Weiter oben im Tal und weit außerhalb von Starbucks Sicht rief ein heftigerer Vorstoß einen Sturm von Gewehrsalven und Kanonenschüssen hervor, der langsam erstarb, als auch dieser Rebellenangriff gescheitert war.
    Eine schwarze Schlange glitt über das Ende der Schlickbank, auf der Starbuck und Truslow Deckung gefunden hatten. Das Tier hatte eine rautenförmige Zeichnung auf dem Kopf. «Mokassinschlange?», fragte Starbuck.
    «Du lernst dazu», sagte Truslow beifällig. Am Wasser angekommen hielt die Mokassinschlange inne, prüfte mit der Zunge die Luft und schwamm dann stromauf in ein Gewirr von heruntergefallenen Ästen. Auf der anderen Seite des Tals hatte sich eine Brandstelle gebildet, die Flammen leckten über das tote Laub unter einem umgestürzten Baum. Starbuck kratzte sich am Bauch und stellte fest, dass sich ein Dutzend Zecken in seine Haut gebohrt hatten. Er versuchte sie herauszuziehen, aber ihre Köpfe brachen ab und blieben in die Haut eingegraben. Der Nachmittag war schwül und drückend, in den Tümpeln stand das Wasser. Das lauwarme Wasser in Starbucks Feldflasche schmeckte salzig. Er erschlug einen Moskito. Irgendwo stromauf, hinter der nächsten Biegung des Tals, musste gerade ein weiterer Angriff angefangen haben, denn es hallten Schüsse und Schreie herüber. Der Angriff dauerte zwei Minuten, dann war nichts mehr zu hören. «Arme Schweine», sagte Truslow.
    «Kommt schon, Rebs! Nicht so schüchtern! Wir haben genügend Kugeln für euch alle!», rief ein Yankee und lachte über das Schweigen der Rebellen.
    Es schien noch heißer zu werden. Starbuck hatte keine Uhr und versuchte an den wandernden Schatten abzulesen, wie weit der Nachmittag fortgeschritten war, doch es schien, als würde die Sonne stillstehen. «Vielleicht essen wir heute Abend doch keine Yankee-Rationen», sagte er.
    «Ich hatte mich schon auf einen Kaffee gefreut», kam es sehnsüchtig von Truslow.
    «In Richmond muss man inzwischen dreißig Dollar für ein Pfund echten Kaffee zahlen.»
    «Das gibt’s doch nicht.»
    «Doch», sagte Starbuck, dann drehte er sich auf den Bauch, hob den Kopf und zielte auf die Einbuchtung eines Schützengrabens auf dem gegnerischen Hang. Er feuerte, duckte sich und erwartete, dass der übliche Kugelhagel den verrottenden Baumstamm beben ließ, doch stattdessen riefen sich die Yankees zu, dass sie sich mit dem Schießen zurückhalten sollten. Ein paar Kugeln trafen den Stamm, doch sofort verlangte eine befehlsgewohnte Stimme von den Nordstaatlern, das Schießen einzustellen. Irgendjemand fragte jammernd, was los war, dann rief ein ganzer Chor, es sei sicher. Truslow starrte fassungslos auf den Hang der Rebellenseite. «Verfluchter Mistkerl», murmelte er verblüfft.
    Starbuck drehte sich um. «Großer Gott», sagte er. Die Nordstaatler hatten das Feuer eingestellt, und nun sorgte Starbuck dafür, dass seine Männer das Gleiche taten. «Feuer einstellen!», rief er. Colonel Bird rief oben auf der Kuppe des Hangs den gleichen Befehl.
    Denn Adam war auf das Schlachtfeld gekommen.
    Er machte keinerlei Anstrengung, sich zu verstecken, sondern schlenderte dahin, als wäre er bei einem Nachmittagsspaziergang. Er trug Zivil und war unbewaffnet, doch das war es nicht, was die Yankees dazu gebracht hatte, das Schießen einzustellen, sondern es war die Flagge, die er trug. Adam hielt ein Sternenbanner empor und schwenkte es hin und her, während er den Hang
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