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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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hinunterstieg. Als der Beschuss aufgehört hatte, legte er sich die Flagge wie ein Cape um die Schultern.
    «Dem hat wohl einer ins Hirn geschissen», sagte Truslow.
    «Ich fasse es nicht.» Starbuck legte die Hände trichterförmig zusammen. «Adam!»
    Adam wechselte die Richtung und ging auf Starbucks Stimme zu. «Ich habe dich gesucht, Nate!», rief er heiter.
    «Geh in Deckung!»
    «Warum? Es schießt doch keiner.» Adam sah zu dem Hang der Yankees hinauf, und ein paar Nordstaatler jubelten ihm zu. Andere riefen ihn an, was er wolle, aber zur Antwort winkte er ihnen bloß.
    «Was zum Teufel treibst du hier?» Starbuck hielt sich in der Deckung des von Schüssen vernarbten Baumstamms.
    «Was du mir geraten hast, natürlich.» Adam verzog das Gesicht, denn er musste durch einen sumpfigen Abschnitt waten und trug seine besten Schuhe. «Guten Tag, Truslow. Wie geht es Ihnen?»
    «Hab mich schon mal besser gefühlt, würde ich sagen.» Truslow klang argwöhnisch.
    «Ich bin in Richmond Ihrer Tochter begegnet. Ich fürchte, ich war nicht sehr nett zu ihr. Würden Sie ihr meine Entschuldigung ausrichten?» Adam hinkte durch Schlamm und Wasser, um zu dem trockeneren Stück zu kommen, auf das sich Truslow und Starbuck zurückgezogen hatten. Er ging sorglos aufrecht, als fände überhaupt kein Kampf statt. Und das traf in diesem Moment für diesen Talabschnitt auch zu. Stattdessen waren auf beiden Seiten Männer aus der Deckung gekommen, um zu Adam hinüberzustarren und sich zu fragen, was für ein Narr man sein musste, um so dreist mitten in einen Geschosshagel zu spazieren. Ein Yankee-Offizier rief Adam erneut die Frage zu, was er wolle, doch Adam hob wieder nur die Hand, wie um anzudeuten, dass er bald alles klarstellen würde. «Du hattest recht, Nate», sagte er zu Starbuck.
    «Adam, um Himmels willen, geh runter in Deckung!»
    Adam lächelte. «Um des Himmels willen, Nate, gehe ich hinauf.» Er deutete auf den Hang der Yankees. «Ich tue, was du auch getan hast, ich wechsle die Seiten. Ich werde für den Norden kämpfen. Ich desertiere, könnte man auch sagen. Möchtest du mitkommen?»
    «Duck dich einfach, Adam.»
    Doch statt in Deckung zu gehen, ließ Adam seinen Blick durch das grüne, feuchte Tal wandern, als wäre es ein ganz gewöhnlicher Ort, an dem nicht der Tod in der schwülen Luft lag. «Ich fürchte das Böse nicht, Nate. Jetzt nicht mehr.» Er zog aus einer Jackentasche ein Bündel Briefe, das mit einem grünen Band verschnürt war. «Würdest du dafür sorgen, dass Julia diese Briefe bekommt?»
    «Adam!», flehte Starbuck vom Boden aus.
    «Das sind ihre Briefe. Sie sollte sie zurückbekommen. Sie wollte nicht mit mir gehen, verstehst du? Ich habe sie gefragt, und sie hat nein gesagt, und dann wurde die Stimmung ein bisschen frostig und, um es kurz zu machen, wir werden nicht heiraten.» Er warf das Briefbündel auf Starbucks gefalteten Uniformrock und bemerkte die Bibel, die dort lag. Er beugte sich vor, nahm das Buch und blätterte durch die Seiten. «Liest du immer noch die Bibel, Nate? Die Heilige Schrift scheint mir nicht mehr recht zu dir zu passen. Ich hätte gedacht, du wärst mit einem Lehrbuch des Schlachterhandwerks besser bedient.» Er hob den Blick von der Bibel und sah Starbuck direkt in die Augen. «Warum stehst du nicht auf, Nate, und kommst mit mir? Rette deine Seele, mein Freund.»
    «Geh in Deckung!»
    Adam lachte über Starbucks Angst. «Ich tue Gottes Werk, Nate, also wird Gott mich behüten. Aber du? Du bist von einem ganz anderen Schlag, oder?» Er nahm einen Bleistift aus der Tasche, strich eine Stelle in Starbucks Bibel an und warf sie wieder auf den Uniformrock. «Vor ein paar Minuten habe ich Vater gesagt, was ich getan habe. Ich habe ihm gesagt, dass ich Gottes Willen erfüllt habe, aber Vater denkt, es ist alles dein Werk und nicht das Werk Gottes; allerdings war von Vater auch nichts anderes zu erwarten, oder?» Adam sah ein letztes Mal auf den Hang der Rebellen, dann drehte er sich zu den Yankees um. «Auf Wiedersehen, Nate», sagte er, dann schwenkte er die leuchtende Flagge in der warmen Luft, stieg über den schwarzen Baumstamm, und watete durch knietiefes Wasser zur anderen Talseite. Er verlor seine Schuhe im saugenden Schlamm des Baches, der in der Mitte des Sumpfes floss, und ging auf Strümpfen weiter. Das leichte Hinken, das ihm eine Yankee-Kugel bei Manassas eingebracht hatte, war deutlicher erkennbar, als er nach dem morastigen Talgrund anfing, den Hang der
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