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Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Starbuck. Der Verräter (German Edition)

Titel: Starbuck. Der Verräter (German Edition)
Autoren: Bernard Cornwell
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zum Vorrücken gab. Es war nach der Mittagszeit, demzufolge hatte Swynyard schon Schwierigkeiten, sich im Sattel zu halten; bis zum Abend würde er keinen zusammenhängenden Satz mehr herausbringen und um Mitternacht im Vollrausch liegen. «Vorwärts!», rief Swynyard erneut, und die Legion stapfte auf den schattigen Wald zu.
    «Weiß irgendwer, wo wir sind?», fragte Sergeant Hutton die Männer der Kompanie K.
    Niemand wusste es. Sie waren einfach in irgendeinem sumpfigen Waldgebiet, über dem die Granaten explodierten. Starbuck hörte die Geschosse durchs Laub rasen, und gelegentlich zeigte das wild schlagende Geäst über ihren Köpfen, wo eine Granate durch die Baumkronen flog. Einige Geschosse explodierten zwischen den Bäumen, andere kreischten über die Legion hinweg zu der konföderierten Geschützbatterie auf dem Feld dahinter. Die Kanonen der Rebellen beantworteten den Beschuss, und die Luft war von dem donnernden Geheul eines Artillerieduells erfüllt. «Tirailleure!», rief Major Hinton. «Rücken Sie vor, Nate!», fügte er etwas beiläufiger hinzu, und Starbucks Kompanie löste sich gehorsam aus den Rängen und bildete fünfzig Schritt vor den anderen Kompanien eine unregelmäßige Vorhut. Starbucks Männer rückten in Vierergruppen vor, Starbuck als Offizier dagegen war allein und fühlte sich mit einem Mal sehr auffällig. Er trug nichts, was dem Gegner verriet, dass er Offizier war; kein Schwert, keine schimmernden Uniformlitzen, keinen Metallstreifen am Kragen, doch schon, dass er allein vorrückte, schien ihn plötzlich zu einem besonderen Ziel zu machen. Er beobachtete den Waldrand, fragte sich, ob dort die Tirailleure des Nordens auf sie warteten, oder schlimmer, ob sich in den grünen Schatten Scharfschützen mit ihren Zielfernrohren und tödlichen Gewehren versteckten. Er spürte seinen eigenen Herzschlag, und jeder Schritt verlangte ihm neue Entschlossenheit ab. Unwillkürlich hielt er den Holzschaft seines Gewehrs über seinen Schritt. Knapp vor ihm explodierte eine Granate, und ein Schrapnellsplitter zischte an seiner Schulter vorbei. «Na? Froh, dass du wieder dabei bist?», rief ihm Truslow zu.
    «Ich habe schon immer davon geträumt, so meinen Freitagnachmittag zu verbringen, Sergeant», sagte Starbuck und wunderte sich über den unbesorgten Klang seiner Stimme. Er ließ seinen Blick umherschweifen, um sicher zu sein, dass seine Männer nicht zurückfielen, und stellte erstaunt fest, dass die Legion nur einen kleinen Teil einer immensen grau uniformierten Infanterielinie bildete, die sich eine halbe Meile oder weiter zu seiner Linken erstreckte. Ein paar Sekunden lang vergaß er sogar seine Angst, als er die Tausende von Männern betrachtete, die in ihrer geschwungenen Angriffslinie unter den leuchtenden Flaggen vorrückten.
    Die nächste Granate explodierte vor Starbuck, und er wandte seine Aufmerksamkeit wieder dem Wald zu. Er hastete an einem verbrannten Stück Wiese vorbei, wo ein Granatenfragment im Sand rauchte. Eine weitere Explosion erklang, dieses Mal hinter Starbuck, und sie war so gewaltig, dass sie eine heiße Druckwelle über die sommerliche Landschaft blies. Als sich Starbuck umdrehte, sah er, dass die Yankee-Granate eine Artillerieprotze getroffen hatte, die mit Munition beladen gewesen war. Rauch quoll von dem zerschmetterten Gefährt empor, und ein reiterloses Pferd hinkte von den Flammen weg. Eine Kanone in der Nähe wurde abgefeuert, und hinter dem Geschoss blieb eine zwanzig Schritt lange Rauchwolke in der Luft stehen. Das Gras vor der Kanonenmündung wurde von der Druckwelle fächerförmig flachgedrückt. Die zweite Linie der Brigade Faulconer marschierte auf, und irgendwo spielte eine Regimentskapelle das Lied «Gott hilft den Gerechten», das in Richmond sehr beliebt war. Starbuck wünschte, die Musiker hätten etwas Melodischeres ausgesucht, dann vergaß er die Musik, denn er tauchte in den Wald ein, wo das grelle Sonnenlicht vom Blattwerk grünlich gedämpft wurde. Ein Eichhörnchen flüchtete vor ihnen durch das modernde Laub. «Wann haben wir das letzte Mal Eichhörnchen gegessen?», fragte er Truslow.
    «Wir hatten jede Menge davon, während du weg warst», sagte der Sergeant.
    «Ich habe gerade große Lust auf gebratenes Eichhörnchen», sagte Starbuck. Noch vor einem Jahr hätte er bei der bloßen Vorstellung, Eichhörnchen zu essen, gewürgt, doch inzwischen teilte er die Vorliebe der Soldaten für junge, gebratene Eichhörnchen. Die älteren Tiere waren
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