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S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone

Titel: S.T.A.L.K.E.R. 01 - Todeszone
Autoren: Bernd Frenz
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wohl gar nicht, wie sehr du deine Mutter damit verletzt."
    „Es war ja nicht meine Idee, hierher zu fahren." David veränkte die Arme vor der Brust und dachte an seine drei besten Freunde, mit denen er eigentlich in ein Ferienlager nach Südfrankreich gewollt hatte. Wochenlang hatte er versucht, seine Eltern von der Ukraine-Rundreise abzubringen, aber sie waren hart geblieben.
    „Du musst doch mal deine Wurzeln kennen lernen", hatte seine Mutter immer wieder gesagt. „Schließlich bin ich doch dort geboren, also ist das Land auch ein Teil von dir."
    Sie schien einfach nicht zu verstehen, dass ihm das Land und seine Wurzeln egal waren. Nicht egal waren ihm hingegen die SMS, die Frank, Sebastian und Torben schickten. Wassertemperatur 22 Grad. Wollen gleich surfen. Was geht bei dir?, hatte in der letzten gestanden. Er hatte noch nicht darauf geantwortet. Was sollte er auch schreiben? Regentemperatur 15 Grad. Sitze mit Rentnern und Lehrern in einem Bus. Nichts geht.
    Nein, da schwieg er lieber und wartete darauf, dass noch irgendetwas Interessantes geschah, damit er zu Schulanfang nicht wie ein völliger Verlierer dastand.
    Der Bus rumpelte die ständig schlechter werdende Straße entlang. Das letzte Haus lag einige Kilometer zurück, die Felder wurden von ungemähten Wiesen und kränklich aussehenden Waldstücken abgelöst. Trotz des Regens war das Gras gelb, und die wenigen Blätter an den Bäumen wirkten beinahe grau.
    „Auf der rechten und linken Seite sehen Sie jetzt die Warnschil, die auf den Beginn der Gefahrenzone Eins hinweisen. Die gesamte Bevölkerung wurde nach dem Strahlenunfall evakuiert. Man schätzt, dass dieses Gebiet für die nächsten achttausend Jahre unbewohnbar sein wird."
    David richtete sich auf und sah aus dem Fenster. Große, an den Rändern von Rost und Witterung zerfressene Schilder wiesen in unterschiedlichen Sprachen darauf hin, dass das Betreten der Zone nur mit einer Sondergenehmigung erlaubt war. Man warnte vor Patrouillen, die diese Genehmigungen überprüften und drohte mit hohen Geld- und Haftstrafen.
    „Die Ansiedlung, die wir gleich besichtigen werden, wurde hauptsächlich von Wissenschaftlern und anderen Beschäftigten des Kraftwerks bewohnt", fuhr der Reiseleiter fort. „Mehrere tausend Menschen lebten hier vor der Katastrophe. Die Strahlung ist immer noch so hoch, dass ich Sie dringend ersuchen muss, keine Gegenstände, die Sie in der Stadt finden, als Andenken mitzunehmen. Ukraine Tours hat eigene Souvenirs für Sie vorbereitet, die ich Ihnen heute Abend im Hotel überreichen werde."
    David sah grauen Beton durch die Bäume schimmern. Der Bus bog in eine Seitenstraße ein. Der Asphalt war aufgebrochen, fehlte an vielen Stellen sogar völlig. Die Schlaglöcher waren so tief, dass die Touristen durchgeschüttelt wurden, aber niemand beschwerte sich. Eine seltsame Spannung lag auf einmal in der Luft. Sogar Micha starrte schweigend nach draußen.
    Ein Einkaufszentrum tauchte wie aus dem Nichts neben der Straße auf. Einkaufsparadies, stand in roten kyrillischen Buchstaben auf einem Schild über dem Eingang. Einkaufswagen warteten in langen Reihen an einer Seite. Der Parkplatz war bis auf einen alten Kastenbus, dessen Reifen längst die Luft verloren hatten, leer gefegt. Die Scheiben des Busses waren staubbedeckt, die Beifahrertür stand offen. David fragte sich, was mit den Insassen geschehen war.
    Wladimir legte das Mikrofon zur Seite und wollte den Anblick wohl für sich sprechen lassen. Neben dem Einkaufszentrum lag eine Tankstelle. Efeu überwucherte die Schilder, auf denen früher die Benzinpreise gestanden hatten. In den Türen und Fenstern fehlte das Glas.
    Die ersten Wohnhäuser tauchten auf, größtenteils vierstöckige und rechteckige Plattenbauten mit Balkonen, die nicht größer als Särge wirkten. David sah Vogelnester zwischen den Betonplatten und Unkraut, das die Ritzen grün färbte. Auf einem Balkon wuchs sogar ein Baum.
    Der Bus stoppte vor dem ehemaligen Rathaus und öffnete die Türen. Nacheinander stiegen die Touristen aus. Einige zogen Digitalkameras heraus, doch die meisten blieben einfach nur neben dem Bus stehen und sahen sich um. Sie wirkten ein wenig verloren.
    „Wir nennen diesen Ort die ,Stille Stadt'", sagte Wladimir, als auch er dem Bus entstieg.
    David wünschte, die Touristen hätten sich so wie er auf diese Stille konzentriert, statt dessen umringten sie den Reiseleiter mit ihren Fragen, als spende ihnen seine Nähe Sicherheit. David sah seine
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