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Stadt der Schuld

Stadt der Schuld

Titel: Stadt der Schuld
Autoren: Eva-Ruth Landys
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schnappte nach Luft und ihr wurde schwindlig. Ihr Blick irrte hilflos durch die aufgebracht rasende Menge und dann sah sie sie. Mary-Ann war in den Saal getreten und maß sie unnachgiebig mit hasserfülltem Blick. Isobel wurde es schwarz vor Augen, dann verlor sie gnädig die Besinnung.
    Als sie wieder zu sich kam, beugte sich Armindale über sie, ein Glas Wasser in der Hand, das er ihr hinhielt. Etwas abseits stand Fenshore mit sorgenzerfurchter Stirn und unterhielt sich mit Inspector Hunt. Die beiden sahen nicht gerade glücklich aus. Der Saal hatte sich fast ganz geleert. Von Godfrey und Mary-Ann war nichts zu sehen, Horace, der Richter, alle waren sie fort.
    Fragend ging ihr Blick zu Armindale. »Freispruch!«, seufzte dieser. »Zwar aus Mangel an Beweisen, aber der Mann ist – wie es aussieht – vollkommen rehabilitiert. Wir können uns glücklich schätzen, wenn wir nicht wegen falscher Anklage zur Rechenschaft gezogen werden. Aber ich habe mit Hunt gesprochen. Er meint, das ließe sich vielleicht noch abwenden. Ich muss sagen, das war dumm von dir, Isobel, sehr dumm!«
    »Schweig!«, zischte sie wütend. »Wie kannst du es wagen?«
    Er bedachte sie mit einem zornigen Blick. »Ich kann es allerdings wagen. Du hättest auf mich hören sollen. So hast du auch mir geschadet. Ich werde bestimmt keine Aufträge von den Whigs mehr bekommen, ich werde vermutlich überhaupt keine Aufträge mehr bekommen. Verfluchter Mist!«
    »Oh doch, das wirst du!«
    »Ach, sei still!«
    Isobel krallte ihre Finger in seinen Arm. »Sie hat mich verraten, das Miststück! Sie ist schuld. Dabei hatten wir ein klares Abkommen getroffen. Aber ich schwöre, das hat sie nicht umsonst getan. Ich werde sie zur Strecke bringen, und du wirst mir dabei helfen. Das ist das Mindeste, was du für mich tun kannst. Schließlich hast du mich zu alldem hier«, sie wies mit einer schwachen, fahrigen Bewegung zur Richterbank, »... überredet. Du bist es mir schuldig, Rob!«
    Armindale starrte sie verständnislos an. »Wen meinst du?«, fragte er.
    »Wen ich meine?« Isobel lächelte grimmig. »Cathy Stutter!«, sagte sie.
    ***
    »Sir, ich wusste, Sie würden freikommen.« Gruber strahlte über das ganze Gesicht.
    Horace konnte es noch immer nicht glauben. Er war ein freier Mann. Der Albtraum war vorbei.
    Er hob sein Gesicht zum blauen Londoner Frühlingshimmel, die Spatzen jagten hin und her und in den Bäumen vor dem Gerichtsgebäude des Old Bailey bauten die ersten Meisen ihre Nester, als wollten sie die finsteren Mauern verhöhnen.
    Meredith fasste seinen Arm.
    »Ich bin so froh, Horace«, sagte sie und lächelte. »Ich wäre dankbar, wenn du ... ich meine, vielleicht willst du auch nicht, aber ich weiß, dass Rupert es gewollt hätte ...«
    Horace legte vorsichtig seine Hand auf die ihre und hielt sie fest. Sein Herz jubilierte. »Was immer du willst, ich werde es tun, Meredith«, sagte er.
    »Mr Gruber hat eine Gedenkfeier für Rupert organisiert, übermorgen. Ich wäre so froh, wenn du kommen würdest. Vermutlich werden sich nicht viele dazu einfinden«
    »Ich werde da sein!«, sagte Horace fest. »Natürlich werde ich da sein!«
    »Da ist noch etwas, das ich dir sagen muss, Horace.«
    Sie sah zu ihm auf. Er versank im Grün ihrer Augen, sie war so lebendig ...
    Er lächelte glücklich.
    »Ich erwarte ein Kind von dir, Horace!«

Historische Erläuterungen
    Historische Erläuterungen
    In der Regel kann ein jeder selbst beurteilen, was seinem eigenen Interesse am besten dient und energischer als jeder andere versuchen, es zu verfolgen.
    Jeremy Bentham,
Schöpfer des Utilitarismus, der Staatsdoktrin des frühen 19. Jahrhunderts
    Ich wage zu behaupten, dass niemals seit der Bildung einer sozialen Gesellschaft diese stummen Millionen von Arbeitern ein so unerträgliches Leid über sich ergehen lassen mussten, wie wir es in unseren Tagen erleben ... im Elend dahinsiechen zu müssen, ohne zu wissen, warum, sich zu Tode zu arbeiten, um schließlich doch nichts zu besitzen, verzweifelt und müde und doch isoliert zu sein, ohne Verbindung zu anderen, in rauer Einsamkeit, das heißt: langsam, das ganze Leben hindurch, einem Absterbeprozess ausgesetzt, in einer dumpfen, toten, endlosen Ungerechtigkeit eingefangen zu sein.
    Thomas Carlyle in »Past and Present«, 1843
    Zwei Zitate, zwei Gesellschaftsphilosophen und Sozialreformer, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Dennoch prägten vor allem sie das 19. Jahrhundert und besonders den
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