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Stadt der Piraten

Stadt der Piraten

Titel: Stadt der Piraten
Autoren: Ernst Vlcek
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näherten sich dem Lager. Ein Caer erschien mit gezücktem Schwert. Er rief mit atemloser Stimme: »Sie haben Tanur verschlungen. Es waren Scheusale so groß wie Pferde und mit Schlangenkörpern. Tanur wollte eines der Ungeheuer mit dem Widerhaken fangen, aber es zog ihn in den See.«
    »Ich habe euch gewarnt«, sagte Coerl O'Marn in die folgende Stille und legte Schwert und Schild wieder ab. »Tanur soll euch ein mahnendes Beispiel sein.«
    Ein schrilles Gelächter ertönte, und Drundyr erschien auf der Lichtung. »Es wird euch allen wie Tanur ergehen«, verkündete er dann. Er wandte sich einem Krieger zu und packte ihn mit beiden Händen an der Jacke. »Willst du bei lebendigem Leib gefressen werden?«
    Der Caer straffte sich und sagte: »Ich habe meinem Ritter zu gehorchen.«
    Drundyr stieß ihn von sich. »Wenn ihr alle so denkt, wartet meinetwegen, bis das schleichende Grauen über euch kommt.«
    Der Caer-Priester stimmte einen schrillen Singsang an und begab sich in den vom See am weitesten entfernten Teil des Lagers, wo er sich niederkauerte und sich in Felle vermummte.
    »Macht größere Feuer!« befahl Coerl O'Marn. »Das wird die Bestien abhalten.«
    Er wollte sich wieder Nyala zuwenden. Aber diese hatte sich erhoben und richtete ihre Augen starr in Drundyrs Richtung. Der Caer-Priester gab noch immer einen verhaltenen Singsang von sich und hatte dabei sein gläsern wirkendes Gesicht der Tochter Herzog Krudes zugewandt.
    »Komm nur, schöne Nyala«, sagte er zwischendurch und warf Coerl O'Marn einen triumphierenden Blick zu. »Komm zu deinem Herrn und Gebieter, der dich ruft!«
    Und Nyala gehorchte, kam zu Drundyr und kniete vor ihm nieder. Als Mythor wieder zu der Stelle blickte, an der O'Marn gerade noch gestanden hatte, war der Platz leer.
    »O'Marn wird diese Schmach nicht auf sich sitzen lassen«, behauptete Sadagar. »Wenn er den Caer-Priester nur endlich in Stücke schlagen würde, damit wir diesen unheimlichen Ort verlassen könnten.«
    Als habe Sadagar die bösen Geister beschworen, setzte das Toben der Ungeheuer im See wieder ein. Diesmal dauerte es jedoch an, und es schien, als wollten sich die entfesselten Wasserbewohner überhaupt nicht mehr beruhigen.
    »Irgendwann wird die Feindschaft zwischen dem Priester und dem Ritter offen zum Ausbruch kommen«, raunte Mythor seinen Kameraden zu. »Das kann schon sehr bald sein. Haltet euch für alle Fälle bereit.«
    Das Toben im See ging weiter. Es wurde immer wilder, die dabei entstehenden Geräusche erreichten eine Lautstärke, die selbst das Heulen der Sturmböen übertraf. Gischt spritzte am Ufer auf. Eine Welle ergoss sich über ein Lagerfeuer, das zischend erlosch.
    Von der Pferdekoppel erklang ein Wiehern in höchster Not. Man hörte die verzweifelten Rufe des Kriegers, der dort Wache hielt und offenbar versuchte, die aufgescheuchten Tiere zu beruhigen. »Ich kann die Pferde nicht mehr bändigen!« hörten sie ihn rufen. Dann erklang sein Schmerzensschrei, der in dem folgenden Hufgetrappel unterging.
    »Holt die Pferde wieder ein!« befahl Coerl O'Marn. »Wir dürfen sie nicht verlieren.«
    Aber bevor noch einer der Krieger dem Befehl nachkommen konnte, brach aus Richtung des Goldenen Sees etwas durchs Unterholz.
    Mythor erkannte einen monströsen Echsenschädel, in dem zwei starre Schlangenaugen blitzten.
    Die Bestie stieß mit aufgerissenem Maul auf einen Caer zu, und die Kiefer schlossen sich um seine Körpermitte. Hinter dem Schädel tauchte ein zuckender Schlangenkörper auf, aus dessen Seite zwei Auswüchse wie Arme ragten. Mythor konnte daran Schwimmhäute und Klauen erkennen. Jetzt packte das Ungeheuer mit den Klauen nach dem Opfer in seinem Maul. Gleichzeitig schüttelte es in scheinbar wütender Ungeduld den Kopf, so dass der Caer den Fangen entglitt und in hohem Bogen durch die Luft flog.
    Nun brachen auch an anderen Stellen Ungeheuer durch die Büsche auf die Lichtung. Und dazu lachte Drundyr schrill und meckernd.
    Mythor konnte die Untiere nun ganz deutlich sehen. Sie waren von unterschiedlicher Größe, aber alle von der gleichen Art.
    Sie hatten große Echsenschädel, die kantig waren und nur aus Knochen zu bestehen schienen. An ihren Hälsen spannten sich dicke Sehnen, wenn sie sie reckten, um nach ihren Opfern zu schnappen. Die Schlangenkörper waren kurz und dick und endeten in geschmeidigen Stummelschwänzen. Damit schlugen sie um sich, als wollten sie hinter sich den Boden einebnen. Auf ihren Rücken wippten gezackte Kämme.
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