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Stadt der Lüste

Stadt der Lüste

Titel: Stadt der Lüste
Autoren: Mariah Greene
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Sie«, warf Ian dazwischen, offenbar geübt in der Kunst, niemandem im Weg zu sein.
    Nachdem er zurück war, stellte er Emma Jane Bennettvor, der Leiterin der Auslandsabteilung. Auf dem Weg zu Janes Arbeitsplatz erhaschte Emma einen Blick auf die Rayners, da die Tür von Besprechungsraum zwei einen Spaltbreit offen stand. Mr. und Mrs. Rayner saßen rechts und links von ihrem Sohn und lehnten sich beide leicht zu ihm, als wollten sie ihn beschützen. Emma sah nur den Hinterkopf des Sohnes. Die Haare fielen ihm fast bis auf die Schultern, welche sich breit und muskulös unter dem hellen Jeanshemd abzeichneten. Als er den Kopf zur Seite wandte, um seiner Mutter etwas zu sagen, konnte Emma sein Profil sehen und war fasziniert von dem Goldschimmer seiner Haut, seinem offenen Lächeln und seinen kraftvollen Bewegungen. Malcolm schloss die Tür und versperrte Emma damit den Blick, doch vor ihrem inneren Auge verharrte der Eindruck noch für einige Sekunden. Die Körperhaltung der Eltern und die Bewegungen des Sohnes verbanden sich in ihrem Geiste zu etwas, das sie noch nicht richtig benennen konnte, das sie aber auf angenehme Weise beschäftigte.
    Das warme Gefühl leichter Benommenheit fiel schlagartig von ihr ab, als sie Jane Bennett erblickte, die sich in diesem Augenblick von ihrem Schreibtisch erhob. Emma hätte sich beinahe zu Ian gebeugt und ihn flüsternd gefragt: »Was hat die denn für ein Problem?«, hielt sich aber gerade noch rechtzeitig zurück.
    »Jane, das ist Emma Fox. Emma, Jane Bennett. Emma arbeitet ab sofort mit Malcolm und Ed.«
    Jane streckte ihr widerstrebend die Hand entgegen, als hielte Emma eine Spaßhupe aus dem Scherzartikelladen in der Hand versteckt. Ich wünschte, ich hättewirklich eine, vielleicht würde sie das ein wenig aufmuntern, dachte Emma. Ihr fiel es schwer, Jane nicht anzustarren. Janes Kinn sprang spitz über dem dünnen, faltigen Hals hervor. Ihr Mund war ein einziger verschmierter Fleck aus orangefarbenem Lippenstift und ihre Augen glänzten bleigrau über runzligen Tränensäcken. Ihr dünnes, rotbraunes Haar hatte sie wild toupiert und mit Haarlack fixiert, wodurch es eher einem Brandherd glich als einer Frisur. Emma wartete darauf, dass sich das gekünstelte Lächeln auf ihrem Gesicht verflüchtigte, bis ihr bewusst wurde, dass dies offenbar Jane Bennetts natürlicher Gesichtsausdruck war.
    Und es wurde noch schlimmer.
    »Ich bin Jane Bennett«, dröhnte sie mit tiefer Stimme, »und ich bin verantwortlich für die Auslandsgeschäfte der Lomax-Immobilienagentur.«
    Dann hielt Jane einen endlosen Monolog über die Aufgaben der Auslandsabteilung, deren Bedeutung für die Agentur und die unbesungenen Heldentaten ihrer Wenigkeit und ihrer Mitarbeiterin Nicola Morris. »Herzlich willkommen«, flüsterte eine Stimme in Emmas Kopf, während sie Jane Bennett zuhörte und an den richtigen Stellen nickte. Ian stand mit glasigem Blick neben Emma – ohne Zweifel hörte er all dies nicht zum ersten Mal.
    »Wenn Sie keine Fragen haben, wende ich mich jetzt wieder meiner Arbeit zu. Es war schön, Sie kennenzulernen, und ich hoffe, Ihnen gefällt es bei uns. Nicola ist im Moment nicht hier, aber ich stelle sie Ihnen vor, sobald sie wiederkommt.«
    Emma hatte den Eindruck, als spräche Jane eher mit sich selbst anstatt mit ihr, und sie erwiderte lediglich, dass sie sich darauf freue, bei Lomax zu arbeiten.
    Außerhalb von Janes Hörweite sagte Ian: »Sonia ist gerade bei Catherine, deswegen stelle ich sie Ihnen später vor. Jetzt zeige ich Ihnen erst mal Ihren Arbeitsplatz und gebe Ihnen die Möglichkeit, sich von Jane zu erholen. So ist sie bei jedem.« Er grinste verstohlen.
    Emma erforschte die Schubladen ihres Schreibtisches, die noch vollkommen leer waren und beim Öffnen und Schließen ein hohl klingendes Geräusch verursachten. Dann rückte sie das Telefon zurecht und schaltete den Computer ein. Auf der Tastatur lag ein gefaltetes Stück Papier mit dem Briefkopf der Agentur, das sie über ihr Passwort
Guten Morgen
informierte.
    Ian hatte den Text in einer ungewöhnlich geschwungenen Schriftart getippt und ebenso schwungvoll unterschrieben. Emma seufzte angesichts dieser Nichtbeachtung der einfachsten Sicherheitsmaßnahmen. Nachdem der Computer hochgefahren war, begutachtete Emma die verschiedenen Symbole. Ihr Blick fiel auf den Namen ihres Lieblingsprogramms für Tabellenkalkulation, und sie verbrachte die nächste halbe Stunde damit, die Einstellungen auf ihre persönlichen
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