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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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in Richtung Stadt mitnahm.

Kapitel 1
    I ch ritt durch die Straßen von Atlanta und schaukelte im Takt der Hufschläge meines Lieblingsmaultiers Marigold, das sich nicht an dem Vogelkäfig störte, der am Sattel hing, und erst recht nicht an den Klumpen aus Eidechsenspucke, die von meinen Jeans tropften. Der Vogelkäfig enthielt ein faustgroßes Bündel aus grauem Flaum, das möglicherweise ein lebender Staubhase gewesen war. Ihn zu fangen war eine Mordsarbeit gewesen. Meine Jeans enthielten ungefähr zwei Liter Speichel, die die beiden Trimble-County-Eidechsen auf mir hinterlassen hatten, bevor es mir gelungen war, sie in ihr Gehege im Zentrum für Mythologische Forschungen in Atlanta zurückzutreiben. Ich war bereits seit elf Stunden und dreizehn Minuten im Einsatz und hatte seit dem Morgen nichts mehr gegessen. Ich sehnte mich nach einem Donut.
    Drei Wochen waren vergangen, seit Curran mich versetzt hatte. In der ersten Woche war ich so wütend gewesen, dass ich nicht mehr geradeaus blicken konnte. Inzwischen war der Zorn verraucht, aber der schwere Stein steckte immer noch in meiner Brust und wollte mich zu Boden drücken. Erstaunlicherweise waren Donuts eine wirksame Therapie. Insbesondere die mit Schokolade beträufelten. Bei den exorbitanten Schokoladenpreisen in der heutigen Zeit konnte ich mir keine ganze Tafel leisten, aber die Tropfen Schokoladensoße auf dem Donut erfüllten trotzdem ihren Zweck.
    »Hallo, mein Schatz.«
    Nachdem ich fast ein Jahr für den Orden gearbeitet hatte, zuckte ich nicht mehr zusammen, wenn ich Maxines Stimme in meinem Kopf hörte. »Hallo, Maxine.«
    Die telepathische Sekretärin des Ordens nannte jeden »Schatz«, sogar Richter, einen Neuzugang der Ortsgruppe Atlanta, der so psychotisch war, wie ein Ritter des Ordens sein durfte, ohne seiner Ritterschaft enthoben zu werden. Trotzdem konnte sie mit dem »Schatz« niemanden täuschen. Ich würde lieber zehn Meilen mit einem Rucksack voller Steine zurücklegen, als eine Standpauke von Maxine über mich ergehen zu lassen. Vielleicht lag das daran, wie sie aussah: groß, mager, kerzengerade, mit einem Heiligenschein aus gelocktem silbrigen Haar und der Art einer altgedienten Mittelschullehrerin, die schon alles gesehen hatte und sich nicht mehr hinters Licht führen ließ …
    »Richter ist geistig völlig gesund, mein Schatz. Und gibt es einen besonderen Grund, warum du dir bildlich einen Drachen mit meiner Frisur auf dem Kopf und einem Schokodonut im Maul vorstellst?«
    Maxine las niemals absichtlich die Gedanken anderer Leute, aber wenn man sich stark genug konzentrierte, während man mit ihr verbunden war, schnappte sie unwillkürlich einfache mentale Bilder auf.
    Ich räusperte mich. »Tut mir leid.«
    »Kein Problem. Um ehrlich zu sein, ich selber sehe mich häufig als chinesischen Drachen. Die Donuts sind uns ausgegangen, aber ich habe noch Kekse da.«
    Mmh, Kekse. »Was muss ich für einen Keks tun?«
    »Ich weiß, dass deine Schicht längst vorbei ist, aber ich habe hier ein Hilfegesuch und niemanden, der sich darum kümmern könnte.«
    Uff! »Worum geht es?«
    »Jemand hat das Steel Horse angegriffen.«
    »Das Steel Horse? Die Bar an der Grenze?«
    »Ja.«
    Das Atlanta der Nachwende wurde von verschiedenen Gruppen beherrscht, von denen jede ihr eigenes Territorium verteidigte. Das Volk und das Rudel waren die größten und die beiden, denen ich nach Möglichkeit aus dem Weg ging. Das Steel Horse stand genau auf der unsichtbaren Grenze zwischen ihren Territorien. Ein neutraler Ort, an dem sowohl die Freien Menschen als auch die Gestaltwandler bedient wurden, solange sie sich zivil verhielten. Und die meiste Zeit hielten sie sich sogar daran.
    »Kate?« , hakte Maxine nach.
    »Weißt du was Genaues?«
    »Jemand hat Streit angefangen und ist dann gegangen. Sie haben irgendetwas im Keller in die Enge getrieben, und sie haben Angst davor, es rauszulassen. Sie sind total hysterisch. Mindestens ein Todesopfer.«
    Eine Bar voller hysterischer Nekromanten und Werbestien. Warum ich?
    »Kümmerst du dich darum?«
    »Was für Kekse?«
    »Mit Schokoladensplittern und Walnussstückchen. Ich werde dir sogar zwei geben.«
    Ich seufzte und wendete Marigold nach Westen. »Ich werde in zwanzig Minuten da sein.«
    Auch Marigold seufzte schwer und machte sich auf den Weg über die nächtliche Straße. Die Mitglieder des Rudels tranken nur wenig. Sich menschlich zu verhalten erforderte eiserne Disziplin, weshalb die Gestaltwandler Substanzen
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