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Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis

Titel: Stadt der Finsternis - Andrews, I: Stadt der Finsternis
Autoren: Ilona Andrews
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mieden, die ihr Verhältnis zur Realität veränderten. Ein Glas Wein zum Abendessen oder ein einziges Bier nach der Arbeit war für sie in der Regel das Limit.
    Auch die Freien Menschen tranken wenig, hauptsächlich wegen der Gestaltwandler. Sie waren ein bizarrer Mischkult, ein Unternehmen und ein Forschungsinstitut und widmeten sich der Erforschung der untoten Ur-Vampire. Vampirus immortuus , das für Vampirismus verantwortliche Pathogen, löschte bei seinen Opfern alle Spuren des Ichs aus und verwandelte sie in blutrünstige geistlose Monstren. Die Herren der Toten, die führenden Nekromanten des Volks, nutzten diesen Umstand aus, indem sie Vampire mental navigierten und jede ihrer Bewegungen beherrschten.
    Die Herren der Toten waren keine Raufbolde. Sie waren gebildete, großzügige und innerlich ausgeglichene Intellektuelle, aber gleichzeitig waren sie rücksichtslose Opportunisten. Sie würden niemals in einer Bar wie dem Steel Horse verkehren. Zu niveaulos. Die Gäste waren Wandergesellen und Navigatoren in der Ausbildung, und seit den Red-Stalker-Morden hatten die Freien Menschen ihre Leute viel fester im Griff. Ein paar Betrunkene und Rüpel, und die Forschungen über die Untoten würden ein vorzeitiges Ende finden. Die Wandergesellen betranken sich trotzdem sinnlos – die meisten waren zu jung und verdienten mehr Geld, als gut für sie war – , aber sie taten es so, dass sie nicht erwischt wurden, erst recht nicht, wenn sie von Gestaltwandlern beobachtet wurden.
    Ein Schatten huschte über die Straße. Klein, pelzig und mit viel zu vielen Beinen. Marigold schnaubte und trottete unbeirrt weiter.
    Das Volk wurde von einer mysteriösen Gestalt namens Roland angeführt. Für die meisten war er nur ein Mythos. Für mich war er ein Feind. Außerdem war er mein biologischer Vater. Roland hatte Kindern abgeschworen, weil sie immer wieder versucht hatten, ihn zu töten , aber meine Mutter hatte mich gewollt, und er hatte entschieden, dass er es um ihretwillen auf einen weiteren Versuch ankommen lassen würde. Nur dass er es sich danach anders überlegt und versucht hatte, mich im Mutterleib zu töten. Meine Mutter flüchtete vor ihm, und Rolands Kriegsherr Voron flüchtete mit ihr. Voron schaffte es, meine Mutter nicht. Ich hatte sie nie kennengelernt, aber ich wusste, wenn mein natürlicher Vater mich jemals fand, würde er Himmel und Hölle in Bewegung setzen, um zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte.
    Roland war eine Legende. Er lebte seit mehreren Jahrtausenden. Manche glaubten, er sei Gilgamesch, andere hielten ihn für Merlin. Er verfügte über unglaubliche Macht, und ich war nicht zum Kampf gegen ihn bereit. Noch nicht. Jeder Kontakt zu den Freien Menschen war mit dem Risiko verbunden, dass Roland auf mich aufmerksam wurde. Also mied ich sie wie die Pest.
    Der Kontakt mit dem Rudel barg das Risiko, Curran zu begegnen, und im Moment war das für mich die schlimmere Variante.
    Wer zum Teufel kam überhaupt auf die Idee, das Steel Horse anzugreifen? Und was hatte sich dieser Jemand dabei gedacht? »Es gibt da eine Bar voller psychotischer Massenmörder mit riesigen Klauen und Leute, die Untote als Marionetten benutzen. Dort würde ich gern ein bisschen Ärger machen.« Klang das vernünftig? Nein.
    Ich konnte dem Rudel nicht ewig aus dem Weg gehen, nur weil ihr Herr und Meister meinen Schwertarm zucken ließ. Reingehen, meine Arbeit machen, rausgehen. Ganz einfach.
    Das Steel Horse war in einem bunkerartigen Ziegelsteingebäude untergebracht. Es war ein hässlicher Kasten, dessen Fenster mit Gitterstäben aus Stahl verstärkt waren. Die Metalltür hatte eine Dicke von mehr als fünf Zentimetern. Ich wusste, wie dick die Tür war, weil Marigold soeben daran vorbeigetrottet war. Jemand hatte die Tür aus den Angeln gerissen und sie quer über die Straße geschleudert.
    Zwischen der Tür und dem Eingang erstreckte sich löchriger Asphalt, auf dem sich wahllos Blutflecken, Spirituosenpfützen, Glasscherben und ein paar stöhnende Körper verteilten, die sich in unterschiedlichen Stadien der Trunkenheit und Verletzung befanden.
    Verdammt, ich hatte den ganzen Spaß verpasst.
    Eine Gruppe von harten Kerlen stand am Eingang zur Gaststätte. Sie machten eigentlich keinen hysterischen Eindruck, zumal dieser Begriff in ihrem Vokabular gar nicht vorkam, aber die Art, wie sie ihre behelfsmäßigen Waffen aus zerbrochenem Mobiliar hielten, ließ es angebracht erscheinen, sich ihnen langsam zu nähern und in
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