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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts
Autoren: Jack McDevitt
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und blickte dann suchend nach draußen, zur Steuerbordseite, doch sie sah nichts.
    »Komm jetzt, Kim«, drängte Matt. »Wir können hier draußen nichts mehr ausrichten.«
    »Kim.« Maurie. »Ich schätze, du hast Recht. Sie wollen wissen, was mit der Besatzung passiert ist. Was sagen wir ihnen?«
    Der kritische Augenblick. »Sag ihnen, sie sind tot. Es tut uns Leid, aber sie wurden getötet. Bei einem Unfall.«
    »Wir haben kein Wort für ›tot‹ oder ›Unfall‹ in unserem Vokabular.«
    »Kim, komm rein.« Alis Stimme, diesmal im Kommandoton. »Uns geht die Zeit aus.«
    »Matt …«
    Matt schüttelte den Kopf, schloss die Luke von außen und kehrte zu ihr zurück.
    »Das war dumm von dir«, sagte sie.
    »Ich lasse dich nicht allein hier draußen.«
    Sie versuchte sich das Vokabular in Erinnerung zu rufen. Sie hatten viele Worte wie Stein und Gras, Baum und Blatt, Wasser und Erde, Licht und Dunkel. Sie hatten Wolke und Sonne, Raumschiff und Antrieb. Sie hatten sogar Farben benannt. Wie sollten sie damit den Tod erklären?
    »Sagt ihnen: ›Ihre Maschinen sind erloschen. Alles ist dunkel.‹«
    »Bist du sicher?«
    »Ja, das bin ich, Maurie.«
    »In Ordnung. Machen wir.«
    »Wir müssen einen Weg finden, unser Bedauern auszudrücken. Hat irgendjemand eine Idee?«
    »Wir wünschten, es wäre nicht geschehen«, sagte Mona.
    »Wir haben kein Wort für ›wünschen‹«, sagte Gil. »Oder für syntaktisch komplexe Sätze.«
    Kim hatte die Augen nicht eine Sekunde von dem Fleck Himmel abgewandt, aus dem sich das Gespenst näherte.
    Die Debatte, wie man den Außerirdischen antworten sollte, endete in frustriertem Schweigen.
    »Nicht ausreichendes Vokabular«, sagte Terri.
    »Wir haben getan, was wir konnten«, erwiderte Eric. »Man muss eine Basis schaffen, bevor man mit Philosophie beginnen kann.«
    Der Himmel flimmerte. Mehrere Sterne verschwanden.
    »Es ist da«, sagte Kim.
    »Kim!« Alis Stimme klang zornig. »Warum bist du immer noch draußen?«
    »Eric.« Sandra meldete sich zu Wort. »Versuchs mit: ›Die Blätter unserer Bäume fallen zu Boden.‹«
    »Ja«, sagte Kim. »Das klingt gut.«
    »Wir hätten einen Literaten mitbringen sollen«, sagte Paul.
    Sie sah, wie sich die Wolke näherte, sah Sterne durch ihre Schleier hindurch. »Was haltet ihr von ›Unsere Pflanzen werden trocken‹?«
    »Ja. Ja, gut. Sendet das auch! Man kann gar nicht genug Bedauern ausdrücken in einer Zeit wie dieser.«
    Kim und Matt standen Seite an Seite und bewegten sich nicht. Das Gespenst sah dem Wesen aus dem Severin Valley sehr ähnlich, nur dass es kleiner zu sein schien. »Das gleiche Modell«, sagte sie zu Matt.
    Aber diesmal hatte es keine Augen.
    Sie wusste, dass es trotzdem sehen konnte. Oder sie auf irgendeine andere Weise wahrnahm, die nichts mit visuellen Sinneseindrücken zu tun hatte.
    »Unser Leben ist jetzt dunkel«, sagte sie zu Maurie, während sie dem Impuls widerstand, vor dem fremden Wesen zurückzuweichen. Matt blieb zu ihrer Überraschung an ihrer Seite.
    »Wir besitzen keine Möglichkeit, den Begriff Zeit zu vermitteln, Kim. Wir haben kein Wort für ›jetzt‹.«
    »Dann sendet es ohne ›jetzt‹, Maurie.« Mit klopfendem Herzen hob sie die Valiant hoch.
    Das Gespenst entfaltete sich, erblühte genau auf die gleiche Weise wie sein Pendant am Seeufer, bevor es seine Opfer verschlungen hatte.
    Sie hielt ihm das Mikroschiff hin.
    »Mach jetzt keine plötzlichen Bewegungen«, sagte Ali.
    Kim konnte sich kaum bewegen. Sie fühlte sich klaustrophobisch in ihrem Druckanzug.
    »Wir bekommen eine Antwort!« rief Tesla.
    Und Eric: »Sie lautet: ›Wir sind ihr.‹«
    »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Was versuchen sie uns zu sagen?«
    »›Wir denken wie ihr‹«, schlug Matt mit zitternder Stimme vor. »Vielleicht verstehen sie ja, was wir zu tun versuchen.«
    »Meinst du wirklich?«
    Kim hoffte es zumindest von ganzem Herzen.
    Alis Stimme: »Alles in Ordnung mit euch da draußen?«
    Sie spürte ein leichtes Ziehen an der Valiant. Sie ließ los und sah, wie das Mikroschiff anfing zu fallen, doch es bewegte sich nur ganz langsam, obwohl es immer noch im Gravitationsfeld war. Die Schleier umhüllten den glänzenden Rumpf, schlossen die Valiant ein und zogen sie zu sich.
    Kims Herz schlug bis zum Hals. Im Radio hörte sie Applaus.
    Und dann waren sie und Matt allein auf dem Dach.

 
35
     
     
    Im Verlauf der ersten Stunden hatten wir richtige Probleme, uns verständlich zu machen. Aber nach und nach kamen wir zu einer
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