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Spuren im Nichts

Spuren im Nichts

Titel: Spuren im Nichts
Autoren: Jack McDevitt
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du verdammter Hundesohn. Er korrigierte den Kurs, um es in seinem mentalen Fadenkreuz zu behalten.
    Der Summer meldete sich erneut.
    Er wusste, was Kane sagen würde. Sie ist tot. Und: Lass es gehen. Doch es war zu spät für gesunden Menschenverstand. War es nicht das, was Kane von Anfang an gesagt hatte? Benutz deinen gesunden Menschenverstand? Aber es war so verdammt schwer gewesen, nachzudenken, zu überlegen, was zu tun war …
    Tripley wappnete sich, ohne zu wissen, was ihn erwartete.
    Die Wolke wurde dünner und dünner, während er sich näherte, doch das konnte genauso gut eine Illusion sein. Wie Nebel, der sich aufzulösen scheint, wenn man unvermittelt hineinjagt.
    »Es tut mir Leid«, sagte er, ohne genau zu wissen, mit wem er redete.
    Und dann brach er in die Wolke. Durch sie hindurch. Kam in klarem Sternenlicht heraus.
    Er drehte sich um und sah, dass er ein Loch in das Zentrum der Wolke gerissen hatte. Teile des Gebildes trieben davon.
    Er steuerte hart nach rechts und schwang den Flieger für einen zweiten Angriff herum. Er war jetzt voller Zuversicht, dass die Wolke ihm nichts tun konnte. Ihre Geschmeidigkeit schien verflogen zu sein. Es sah aus, als hätte sie Schwierigkeiten.
    Er schoss aus einem anderen Winkel heran und ein weiteres Mal hindurch. Fragmente wirbelten in die Nacht davon. Ein Hochgefühl breitete sich in ihm aus. Der Geschmack der Rache.
    Das war für Yoshi.
    Und das ist …
    Mit einem Schlag fiel alles aus. Das leise Brummen der Magneten verwandelte sich in ein Winseln und erstarb.
    Die Instrumentenbeleuchtung erlosch. Und plötzlich war das einzige Geräusch das Flüstern des Windes.
    Der Flieger stürzte durch die Nacht.
    Er kämpfte mit den Kontrollen, bemühte sich verzweifelt, die Maschinen neu zu starten, als die Bäume heranschossen. Über ihm schwebte die Wolke vor dem Hintergrund Glorys, des größten Mondes, und versuchte sich zu reformieren. Und in diesen letzten Augenblicken, erfüllt von Furcht und Verzweiflung, erstrahlte ein blendend helles Licht am Fuß des Mount Hope. Eine zweite Sonne. Er sah, wie sie sich ausdehnte, wie sie die ganze Welt einzuhüllen schien.
    Und er verspürte einen letzten Ansturm von Befriedigung. Es war das Schiff. Es musste das Schiff sein. Die Herren dieses Dings. Wenigstens sie waren erledigt.
    Dann hörte alles auf, eine Rolle zu spielen.

 
1
     
     
    Vom heutigen Standpunkt aus betrachtet erscheint die Annahme als gesichert, dass die Entstehung irdischen Lebens ein in kosmischer Hinsicht einzigartiges Ereignis war. Einige mögen einwenden, dass wir immer noch erst ein paar Tausend der Milliarden und Abermilliarden Welten in den schmalen, runden Korridoren gesehen haben, die einst »Biozonen« genannt wurden. Doch wir haben an zu vielen warmen Stränden gestanden und über zu viele Meere ohne Seemöwen geblickt, deren Wellen keine Muscheln ans Ufer spülen, keinen Seetang und keine Algen. Es sind friedliche Meere, umsäumt von nacktem Fels und Sand.
    Das Universum sieht mehr und mehr wie eine großartige, aber sterile Wildnis aus, ein Ozean ohne freundliche Küste, ohne Segel, ohne jeden Hinweis, dass jemals zuvor ein Wesen vorbeigekommen wäre. Wir können nicht anders, als im grauen Licht dieser unendlichen Weiten zu erzittern. Vielleicht ist das der Grund, warum wir unsere wunderbaren interstellaren Liner in Museen verwandeln oder sie ausschlachten und die Ersatzteile verkaufen. Der Grund, warum wir angefangen haben, uns zurückzuziehen, warum die Neun Welten in Wirklichkeit nur noch sechs sind, warum die Grenze zusammenbricht, warum wir nach Hause auf unsere eigene Insel zurückkehren.
    Wir kehren zur Erde zurück. Zu den Wäldern unserer Geburt. Zu den Küsten der Nacht. Dorthin, wo wir nicht dem Seewind lauschen müssen, um etwas zu hören. Lebwohl, Centaurus. Lebwohl, all das, was wir hätten werden können.
      
    - ELIO KARDI, 
    ›Die Küsten der Nacht‹, Voyagers, 571
     
    Neujahrsabend 599
    »Noch drei Minuten bis zur Nova.«
    Dr. Kimberley Brandywines Blick schweifte über die vielleicht zwölf Gesichter der Leute im Besprechungsraum. Im Hintergrund waren Kameras auf sie gerichtet, die das Ereignis in die Netze speisten. An den Wänden standen Projektionen: HALLO UNIVERSUM und KLOPF, KLOPF, KLOPF, IST DA DRAUSSEN JEMAND?
    Dazwischen hingen Flachbildschirme und zeigten über Konsolen gebeugte Techniker an Bord der Trent. Ihre Teams würden die Nova zünden, doch die Bilder wären vierzehn Stunden alt, die Zeit, die
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