Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman

Titel: Spur ins Nichts - Ein Jack-Irish-Roman
Autoren: Peter Temple
Vom Netzwerk:
der letzten Etappe von etwas Altem. Ganz hinten in einem Schrank stand noch eine Flasche Penfolds 128. Genau richtig. Ich legte eine CD von Charlie Parker ein.
    Zu Hause. Das bedeutet einem etwas, wenn man seine Zeit in Flugzeugen in der Economy Class verbringt, stundenlang in gemieteten Kleinwagen herumsitzt, in Hotel-zimmern mit papierdünnen Wänden schläft, die mit Chemikalien eingesprüht sind, um den Geruch anderer Chemikalien zu überdecken.
    Ich räumte einen Sessel frei und setzte mich mit meinem Essen vor das Feuer, gerade rechtzeitig, um noch den Wetterbericht zu sehen. Er wurde von einem Menschen präsentiert, der ein einfallsreicher Wetter-Präsentator sein wollte, was für jemanden ohne Einfälle keine gute Idee ist. Dennoch, er genoss sichtlich, was er da tat: wedelte mit einem Zeigegerät, während er Ortsnamen und Temperaturen von einem Teleprompter ablas. Jeder Idiot hätte das gekonnt, und ein Idiot machte es, ein seltenes Beispiel für die perfekte Übereinstimmung von intellektueller Kapazität und Beruf.
    Ich war fest entschlossen gewesen, meine Schwester anzurufen, doch sie kam mir zuvor.
    »Jack«, sagte sie. »Spreche ich mit dem lebendigen Jack Irish? Ist er das? Er persönlich? Was Sie nicht sagen! Ich fall gleich in Ohnmacht.« Sie schwieg kurz. »Bedeuten dir eigentlich Fleisch und Blut überhaupt noch irgendwas?«
    »Ein schönes Lendenstück, gut abgehangen, ja, das bedeutet mir noch was.«
    »Schöne Lenden«, sagte sie. »Tja, das ist nur noch eine vage Erinnerung. Meistens sind sie unschön. Lenden allein sind schon ein Geschenk.«
    »Ja, das unglaubliche Schrumpfen der Männer. Vielleicht wohnst du irgendwie in einer Zone, in der Genitalien schrumpfen? Irgendwelche Strahlen aus dem Weltraum. Die Aliens bereiten einen Landungsplatz in Toorak vor. Als Erstes lassen sie die Eier der Reichen schrumpfen, dann …«
    »Dann schicken sie die Schocktruppen rein, Humanoide, ausgestattet wie Danehill, die dann von den reichen Frauen ekstatisch willkommen geheißen werden. Wo wir gerade von reichen Frauen sprechen, was macht Linda?«
    Das war keine Frage, die ich gefragt werden wollte. Ich rutschte vom Sessel herunter, streckte den rechten Fuß aus und stieß ein Holzscheit näher an die Glut. »Das ist keine Frage, die ich gefragt werden möchte«, sagte ich.
    »Damit hast du sie schon beantwortet. Ein Freund von mir hat sie neulich zusammen mit Rod Pringle bei einer Fernsehveranstaltung gesehen.«
    Rod Pringle war der derzeit angesagteste Typ im privaten Fernsehen.
    »Das ist nur geschäftlich«, sagte ich.
    »Er hat ihr Ohr geküsst.«
    »So sind die vom Fernsehen. Ohrenküssen, Arschküssen, alles küssen. Hat nichts zu bedeuten. Genauso wenig wie Größe.« Ich trank einen Schluck Rotwein. Er schien plötzlich sauer geworden zu sein.
    »Jack? Bist du noch dran?«
    »Ja.«
    »Tut mir leid. Ich hätte dir das nicht erzählen dürfen.« Eine Pause. »Hier ist eine Nummer, die ich für dich rausgesucht habe. Madame Corniche.«
    »Lieber Gott, ich bitte dich«, sagte ich, »keine Séancen. Nicht, dass da verschüttete Erinnerungen hochkommen.«
    »Kraniale Massage. Wusstest du, dass die Platten in deinem Schädel beweglich sind?«
    »Rosa«, sagte ich, »wenn der liebe Gott gewollt hätte, dass wir Leute dafür bezahlen, dass sie unsere Schädelplatten bewegen, dann hätte er uns nicht den vorderen Tresen im Royal Pub in Footscray gegeben. Hast du Lust, mal wieder essen zu gehen? Lunch?«
    »Lädst du mich zum Essen ein? Könntest mich ja mal deinen Freunden vorstellen. Deinen männlichen Freunden.«
    »Ich kenne keine Männer, mit denen ich durch irgendeine Art von Verkehr in Verbindung gebracht werden möchte«, sagte ich.
    »Mach dir deswegen keine Sorgen. Da würde ich schon lieber von einem Gefängnisaufseher in Pentridge Männern vorgestellt werden. Oder wo auch immer die jetzt die Kriminellen einbuchten. Lingalonga Social Adjustment Facility Pty Ltd.«
    »Das wären die gleichen Leute wie die, die ich kenne«, sagte ich. »Ehemalige Klienten.«
    »Weißt du, was komisch ist bei Anwälten?«, sagte Rosa. »Die respektablen, die ich kenne, haben keine ehemaligen Klienten. Die haben Klienten. Nur Anwälte wie du haben ehemalige Klienten. Ehemalig, weil jemand sie erschossen hat oder weil du sie nicht vor dem Gefängnis bewahren konntest.«
    »Respektabel?«, fragte ich. »Ich wusste nicht, dass du respektable Anwälte kennst. Nenn mir mal einen.«
    »Ich kann dir einen nennen. Einen von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher