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Spring in den Himmel

Spring in den Himmel

Titel: Spring in den Himmel
Autoren: Lotte Kinskofer
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Sorbonne gemacht.«
    Der Vater zuckte zusammen. Ein wunder Punkt.
    »Oder du hättest dich hier noch einmal an der Uni angemeldet, statt Altenpfleger zu werden.«
    »Wir wollten Familie, Sabine.«
    »Du hast keinen Ehrgeiz. Das ist alles.«
    Jamina ging zurück in ihr Zimmer. Frustriert, ein bisschen enttäuscht. Sie kannte diese Diskussionen. Die Eltern hatten so eins gewirkt, so glücklich im Alltag, als sie die Küche betreten hatte. Verstehen ohne viele Worte, Vertrautheit ohne große Gesten. Aber dann diese leisen Vorwürfe, diese Enttäuschungen.
    Und doch – das alles war normal. Dass man auch mal Streit oder sich nichts zu sagen hatte … Alles war doch besser als das, was Yoyo erlebt hatte, was sie über ihren Vater erzählte.
    Was wäre aus ihr geworden, wenn sie andere Eltern gehabt hätte, wenn sie in eine andere Familie hineingeboren worden wäre? Wie sähe ihr Leben dann aus? Und war ihr Leben nicht okay so, wie es jetzt war?
    Der Brummton des Handys unterbrach ihre Gedanken. Eine SMS:
    Hey, ich hab vergessen, dir meine Handynummer zu geben. Jetzt hast du sie. Schlaf gut. Yoyo

5. Kapitel
    Warum hatte Yoyo ihr die Handynummer gegeben, wenn sie nicht erreichbar war, offenbar gar keinen Kontakt wollte? Jamina verstand die Welt nicht mehr. In den kommenden Tagen versuchte sie immer wieder, die neue Freundin zu erreichen. Sie sprach auf die Mailbox, sie schickte SMS, aber es kam keine Antwort, keine Reaktion, nichts.
    Erst wunderte Jamina sich, dann begann sie, sich zu ärgern. Was sollte das? War das ein blödes Spiel? Wollte Yoyo sich wichtig machen? Oder war sie einfach nur im Stress? Dann konnte sie doch immer noch eine SMS schicken, oder? Allmählich machte Jamina sich Sorgen. War etwas passiert? War Yoyo etwas zugestoßen? Oder hatte sie ganz einfach nur ihr Handy verloren?
    Die Gedanken drehten sich im Kreis und im Wechsel von Verärgerung und Sorge merkte Jamina, wie wichtig dieses Mädchen innerhalb kurzer Zeit für sie geworden war. Was machte sie wohl im normalen Leben? Ging sie zur Schule? Kaum vorstellbar, dass sie das tat. Würde sie nicht jedem Lehrer widersprechen, ihn provozieren, sich über ihn lustig machen? Passte es zu ihrer Freiheit, stundenlang mit anderen Schülern in einem Raum zu hocken, zuzuhören, mitzuschreiben, still zu sein?Rein äußerlich waren Jaminas Tage wie früher. Sie saß im Unterricht, sie machte ihre Hausaufgaben, sie kochte und kaufte ein, sie gab Rafik Nachhilfe, sie besuchte den kranken Nachbarn. Wieder einmal machte Alexander auf und lächelte sie an. Jamina war überrascht.
    »Ich dachte, du hast Musikunterricht.«
    »Gitarre fällt aus, der Lehrer ist krank.«
    Sollte sie wieder gehen? Sollte sie trotzdem reinkommen? Jamina sah Alexander unschlüssig an und auch er schien nicht so recht zu wissen, was er sagen sollte. So standen sie da, als Herr Kamke aus seinem Wohnzimmer in den Flur hinkte.
    »Wie schön, dass du kommst, Jamina. Spielst du mit uns?«
    »Wenn es um Halma geht …«
    »Nein, ich wollte mal wieder einen Skat klopfen. Und das geht nur zu dritt.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Ich weiß, dass ich euch das schon mal beigebracht habe, als ihr Kinder wart.«
    »Unsinn, Opa, da haben wir immer Mau-Mau gespielt«, widersprach Alexander.
    »Dann wird's Zeit, dass ihr was Neues lernt«, beharrte der alte Mann und ging zurück ins Wohnzimmer, als sei die Sache nun geklärt.
    Jamina und Alexander grinsten sich an.
    »Wer kann so einem netten Angebot widerstehen?«, fragte Jamina.
    »Er wird von Tag zu Tag eigensinniger«, meinte Alexander. »Sollen wir?«
    Jamina überlegte. Rafik war beim Fußball, die Eltern bei der Arbeit, Sophia hatte keine Zeit und Yoyo meldete sich ohnehin nicht. Mit den Hausaufgaben war sie fertig und das Einkaufen …
    »Es wäre schön, wenn du mitspielst«, hörte sie Alexander leise sagen.
    »Okay, wenn ihr unbedingt jemanden braucht, der verliert …«
    Alexander grinste: »Danke, dass du dich opferst. Sonst müsste ich es tun.«
    Es war doch recht kompliziert, aber das eine oder andere Mal gelang es Jamina trotzdem immer mal wieder, einen Stich zu machen, und sie hatte Spaß daran. Herr Kamke nahm die Sache sehr ernst, er war früher ein guter Skatspieler gewesen und freute sich sichtlich, dass endlich mal wieder eine Runde möglich war.
    Manchmal, wenn sie mit ihren Karten nicht weiterwusste, sah Jamina instinktiv zu Alexander. So wie früher, als er ihr geholfen hatte, wenn die Fahrradkette rausgesprungen war, wenn sie von
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