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Splitterseelen

Splitterseelen

Titel: Splitterseelen
Autoren: Sandra Busch , Sandra Gernt
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irgendwo entsorgte.
    „Erschießt mich!“, bettelte Jason kläglich und lehnte sich schwer gegen Mijo.
    „Ach, Süßer, ich wünschte, ich könnte dir etwas von deinem Unwohlsein abnehmen“, murmelte er und strich seinem Schatz liebevoll verschwitzte Haarsträhnen aus dem Gesicht.
    „Danke, es reicht, wenn hier einer speit. Wir sollten lieber gleich weiter“, sagte Calael an Andina gewandt.
    „Jason, du musst ein letztes Mal ganz tapfer sein.“
    Sein Liebster seufzte bloß und blickte nicht gerade glücklich aus seiner Wäsche. Das Glas Wasser, das Nirta ihm reichte, nahm er allerdings dankbar entgegen.
    „Das schaffst du schon“, behauptete Mijo und versuchte seinen Schnuckel mit einem Lächeln aufzumuntern. „So, wie es ausschaut, ist in deinem Magen ohnehin nichts mehr drin.“
    Die Freunde stöhnten. „Prima, Mijo, genau das wollten wir hören.“
    „Anfassen!“, kommandierte Andina und zog einen Trawell aus ihrer Tasche. Sie drückte einige Knöpfe an dem piepsenden Gerät
    und zog die Gruppe händchenhaltender Zwillinge und Liebespaare und Verbündete zu dem großen Ankleidespiegel, der in einer Ecke von Nirtas Zimmer stand.
    „Seid ihr soweit?“
    Calael, Nirta und er selbst, Mijo, antworteten brav mit einem „Ja“. Ein einsames „Nein“ kam von Jason, was auch direkt ignoriert wurde. Sicherheitshalber umfasste er die Hand seines Schätzchens fester, nicht dass der sich im letzten Moment losriss und verloren ging. Und in der nächsten Sekunde stolperten sie direkt am Weltenportal aus einem Spiegel.
     
    Erneut drehte sich ihm der Magen um, aber alles, was er noch hervorwürgen konnte, war Gallenflüssigkeit, die ihm bitter auf der Zunge lag. Umso dankbarer registrierte er Mijos Arme, die ihn von hinten umschlangen, hielten und trösteten.
    „Es tut mir so leid, Jason, so unendlich leid. Wenn ich dich nicht nach Udeah geholt hätte …“
    „Nein!“ Jason drehte sich in der Umarmung um – und bekam den Mund vor Staunen nicht mehr zu. Hinter Mijo erhob sich aus silberweiß schimmerndem Stein ein gewaltiges Portal. Ineinander gedrehte Säulen, wie ein Flechtwerk, bildeten einen riesigen Torbogen, in dessen Mitte die gleiche wirbelnde und tanzende Magie sichtbar war, die sie auch an der Quelle vorgefunden hatten. Mehrere Männer lagen in der Nähe des Portals am Boden. Bewusstlos oder tot konnte Jason von hier aus nicht erkennen, nur dass ihre Waffen fein säuberlich auf einem Haufen lagen. Mühsam riss sich Jason von diesem beeindruckenden Anblick los. Das Portal war toll, aber Mijo war sein ein und alles. Und er würde ihn verlieren. Gleich! In wenigen Minuten …
    „Nein“, wiederholte Jason leiser. „Sag das nicht, Mijo. Wenn du mich nicht nach Undina …“
    „Udeah.“
    „… gebracht hättest, wäre das alles nicht geschehen. Wir hätten uns nie ineinander verliebt und … und …“ Höchst unmännliche Tränen erstickten seinen schönen Satz und spülten die wichtigen Dinge einfach fort, die er Mijo noch unbedingt hatte sagen wollen.
    „Sharnak wartet“, sagte der leise und ließ ihn los, wobei seine Hand kosend über die Decke glitt. „Und die anderen auch.“
    „Einen letzten Kuss“, flehte Jason. Mijo schüttelte den Kopf.
    „Bitte, mach es mir nicht so schwer“, antwortete er.
    „Mijo!“
    Doch Mijo hastete von ihm fort und auf das Portal zu, um sich an Sharnaks Seite zu gesellen.
    „Gut, dass ihr endlich da seid“, donnerte Sharnaks Stimme und brachte den Boden zum Schwingen, was Jasons Magen überempfindlich wahrnahm. „Ich warte schon eine Ewigkeit darauf, dass ihr aus meinem Spiegel hüpft und eure Aufgabe beendet.“
    Jasons Herz zersprang in tausend Stücke. Es endete – hier und jetzt, in dieser Sekunde. Er sollte sich Mijo wie vorgeschlagen aus dem Gedächtnis streichen, obwohl das ein Ding der Unmöglichkeit war, und sich langsam mal Gedanken darüber machen, wie er seinen Pflegeeltern und seinen Freunden sein langes Verschwinden erklären sollte.
    „Jason?“ Andina winkte ihm unmissverständlich zu. Es wurde Zeit. Er konnte seine Heimkehr nicht länger aufschieben und Mijo hatte recht: Wozu ihren Trennungsschmerz weiter in die Länge ziehen? Umständlich rappelte er sich auf, rückte die Decke um seine Schultern zurecht und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Mannomann, die anderen mussten ihn ja wirklich für eine Heulsuse halten.
    Brust raus, Bauch rein, befahl er sich. Und nicht wie der letzte Bauer schlurfen. Geh aufrecht und entschlossen
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