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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht
Autoren: Ally Carter
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Probleme mit dem Flieger gegeben«, flüsterte Liz. »Oder dem Zoll? Oder sie hat sich einfach nur verspätet.«
    Ich nickte und blickte weiter auf die Tür, als ob Bex wie auf Kommando hereinstürmen könnte. Aber die Tür blieb geschlossen, und Liz’ Stimme war noch piepsiger als sonst: »Hast du was von ihr gehört? Ich hab nämlich nichts von ihr gehört. Warum haben wir nichts von ihr gehört?«
    Es hätte mich allerdings gewundert, wenn wir tatsächlich etwas von ihr gehört hätten. Sobald Bex sagte, dass ihre Eltern sich unbezahlten Urlaub nahmen, um den Sommer mit ihr zu verbringen, wusste ich, dass sie keine schreiblustige Brieffreundin sein würde. Typischerweise kam Liz zu einem ganz anderen Schluss.
    »Was, wenn sie die Schule geschmissen hat?«, fragte sie und drehte den sorgenvollen Ton ihrer Stimme voll auf. »Ist sie etwa rausgeflogen?«
    »Wie kommst du denn darauf?«
    »Also –«, sagte Liz und stieß sich plötzlich selber mit der Nase auf eine Tatsache. »Bex geht immer ziemlich lässig mit den Regeln um.« Sie hob die Schultern, und ich konnte ihr leider nicht widersprechen. »Weshalb sollte sie sonst zu spät kommen? Gallagher Girls kommen nie zu spät! Cammie, du weißt etwas, hab ich recht? Du musst einfach was wissen!«
    Manchmal macht es keinen Spaß, die Tochter der Schulleiterin zu sein, weil es erstens tierisch nervt, wenn Leute denken, dass ich immer auf dem Laufenden bin, was absolut nicht der Fall ist, und zweitens, weil alle stets annehmen, dass ich mit den Lehrern unter einer Decke stecke, was ganz und gar nicht stimmt. Okay, ich esse am Sonntagabend mit meiner Mutter privat und manchmal lässt sie mich fünf Sekunden allein in ihrem Büro, aber damit hat sich die Sache auch schon. Während der Schulzeit bin ich nur eins von den Gallagher Girls (außer dass ich das Mädchen bin, von dem unter erstens und zweitens die Rede ist).
    Ich schaute wieder zum Eingang. »Ich wette, sie hat sich nur verspätet«, sagte ich und hoffte, dass es beim Abendessen einen Vokabeltest gäbe (nichts lenkt Liz schneller ab).
    Als wir uns der massiven offenen Tür des großen Saals näherten, wo Gilly Gallagher einen Mann auf ihrer eigenen Tanzveranstaltung vergiftet haben soll, schaute ich unwillkürlich auf den Bildschirm, auf dem »Amerikanisches Englisch« stand, obwohl ich wusste, dass wir uns beim Willkommens-Dinner immer in unserer Muttersprache und mit dem jeweiligen Akzent unterhalten. Ich hoffte, dass unsere Gespräche mindestens eine Woche lang nicht auf »Chinesisch-Mandarin« stattfinden würden.
    Wir setzten uns an unseren gewohnten Tisch, und ich fühlte mich endlich wieder wie zu Hause. Ich war zwar schon seit drei Wochen zurück, aber ich hatte nur die Neuen und die Lehrer um mich gehabt. Das Einzige, was noch schlimmer ist, als die einzige Oberstufenschülerin in einem alten Gebäude voller Siebtklässler zu sein, ist das Abhängen im Lehrerzimmer und zusehen zu müssen, wie der Professor für alte Sprachen Tropfen in die Ohren der führenden Autorität für Datenverschlüsselung träufelt, während dieser schwört, niemals wieder zum Tiefseetauchen zu gehen. (Igitt! Sich Mr Mosckowitz in einem Taucheranzug vorzustellen – einfach abartig!)
    Da ein Mädchen nur eine begrenzte Anzahl von alten Ausgaben des Hefts Spionage Heute lesen kann, verbrachte ich die Vorsemestertage meist damit, durch das Schloss zu schlendern und versteckte Kammern und geheime Gänge zu erkunden, die mindestens hundert Jahre alt und etwa genauso lange nicht mehr abgestaubt worden waren. Vor allem versuchte ich, Zeit mit meiner Mutter zu verbringen, aber sie hatte immer unheimlich viel zu tun und war ziemlich durch den Wind. Als ich jetzt daran dachte, fiel mir Bex’ mysteriöse Abwesenheit wieder ein, und ich machte mir plötzlich Sorgen, dass Lizvielleicht gar nicht so unrecht hatte. Dann quetschte sich Anna Fetterman auf die Bank neben Liz und fragte: »Habt ihr das gesehen? Habt ihr mal draufgeschaut?«
    Anna hielt ein blaues Stück Papier in den Fingern, das sich auflöst, sobald man es in den Mund nimmt. (Es sieht aus, als ob es wie Zuckerwatte schmeckt – tut es aber nicht, das könnt ihr mir glauben!) Ich weiß nicht, warum sie unsere Stundenpläne immer auf Evapopapier drucken – wahrscheinlich, damit das eklige Zeug schnell verbraucht wird und wir dann die guten Sachen verputzen können, zum Beispiel Eis mit Pfefferminzgeschmack und Schokosplittern.
    Aber Anna dachte nicht an den Geschmack von
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