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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht
Autoren: Ally Carter
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GillianGallagher schnappt, mit dem diese früher mal einen Typ erschlagen hat, der Abraham Lincoln töten wollte – den Typ, der das als Erster versuchte. Denjenigen meine ich, von dem ihr nie etwas gehört habt.
    Was die Neuen auf ihrer Campustour aber nie erfahren, ist, dass in Gillys Schwert so viel Strom steckt, dass es die Haare in Brand setzen kann.
    Ich liebe Schulanfänge.
    Ich glaube, unser Zimmer war vor langer Zeit mal eine Mansarde. Es hat so tolle Dachgauben, merkwürdig geformte Fenster und viele kleine Ecken und Nischen, in denen ein Mädchen mit dem Rücken zur Wand sitzen und den trampelnden Füßen und »Hallo« quietschenden Stimmen lauschen kann, die am ersten Tag nach den Sommerferien ganz sicher in allen Internaten der Welt zu hören sind (vielleicht seltener auf Portugiesisch und Farsi). Draußen auf dem Flur erzählte Kim Lee vom Sommer in Singapur, und Tina Walters erklärte: »Kairo war supercool. Johannesburg weniger.« Genau das, was meine Mutter gesagt hatte, als ich mich beschwerte, dass Tinas Eltern sie im Sommer mit nach Afrika nahmen, wohingegen ich die Eltern meines Vaters auf ihrer Ranch in Nebraska besuchen musste – eine Erfahrung, die mir bestimmt nicht helfen wird, aus feindlichen Verhöranlagen auszubrechen oder eine schmutzige Bombe zu entschärfen.
    »Hey, wo ist Cammie?«, fragte Tina, aber ich würde mein Zimmer erst verlassen, wenn mir eine Story eingefallen wäre, die sich mit den internationalen Heldentaten meiner Mitschülerinnen messen könnte. Siebzig Prozent waren Töchter von augenblicklichen oder früheren Regierungsangestellten –sprich: Spionen. Selbst Courtney Bauer hatte eine Woche in Paris verbracht, und ihre Eltern sind Optiker. Ihr versteht also, warum ich nicht besonders scharf darauf war zuzugeben, dass ich drei Monate lang mitten in Nordamerika festgesessen und Fische ausgenommen hatte.
    Am Ende beschloss ich, zu erzählen, dass ich mit ganz normalen Haushaltsgegenständen experimentiert hätte, die sich als Waffen einsetzen ließen, und versehentlich eine Vogelscheuche geköpft hatte (wer hätte gedacht, dass Stricknadeln so viel Schaden anrichten können?). Plötzlich hörte ich das unverkennbare Geräusch eines Koffers, der in eine Wand kracht, und eine weiche Stimme mit Südstaatenakzent: »Oh, Cammie … komm raus, komm raus, wo immer du bist!«
    Ich spähte um die Ecke und sah Liz, die im Türrahmen posierte und versuchte, wie Miss Alabama auszusehen, aber eher einem Zahnstocher in Caprihose und Flip-Flops ähnelte. Einem sehr roten Zahnstocher.
    Sie lächelte und sagte: »Hast du mich vermisst?«
    Ich hatte sie wirklich vermisst, aber enorme Angst, sie zu umarmen.
    »Was ist denn mit dir passiert?«
    Liz verdrehte die Augen und meinte nur: »Schlaf nie an einem Pool in Alabama ein.« Sie hätte es besser wissen müssen. Schließlich sind wir doch praktisch alle Genies, und im Alter von neun Jahren hatte Liz bei den Leistungstests der Drittklässler die besten Ergebnisse aller Zeiten erreicht. Die Regierung behält solche Sachen im Auge, weshalb ihre Eltern im Sommer vor der siebten Klasse von ein paar muskelbepackten Typen in dunklen Anzügen Besuch bekamen. Drei Monate später war Liz ein Gallagher Girl – nur eben nicht von der Sorte»Ich bring einen Mann mit bloßen Händen um!«. Sollte ich jemals in geheimer Mission unterwegs sein, möchte ich Bex an meiner Seite haben und Liz mit einem Dutzend Computern und einem Schachbrett in weiter Ferne. Daran musste ich denken, als Liz versuchte, ihren Koffer aufs Bett zu schmeißen, das Bett aber verfehlte und ein Bücherregal umstieß, dabei meine Stereoanlage zertrümmerte und die maßstabsgerechte Nachbildung einer DNA, die ich in der achten Klasse aus Papiermaschee gebastelt hatte, flach drückte.
    »Upps«, sagte Liz und hielt sich die Hand vor den Mund.
    Liz kennt Schimpfwörter in vierzehn Sprachen, aber wenn ihr eine minderschwere Katastrophe passiert, sagt sie nur »Upps«. In diesem Moment war es mir egal, wie sonnenverbrannt sie war – ich musste meine Freundin einfach umarmen.
    Um achtzehn Uhr dreißig, auf die Minute genau, hatten wir unsere Uniformen an, ließen unsere Hände über das glatte Mahagoniholz des Geländers gleiten und schritten die Treppe hinab, die sich anmutig bis zum Boden der Eingangshalle windet. Alle lachten (meine Stricknadelgeschichte war ein großer Erfolg), aber Liz und ich schauten ständig auf die Tür in der Mitte der Halle.
    »Vielleicht hat es
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