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Spione auf Burg Schreckenstein

Spione auf Burg Schreckenstein

Titel: Spione auf Burg Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Witz.“
    „Nein... aber der... der Mensch hält mehr aus, als er denkt!“ stammelte Ottokar und sah sie im Geiste scheinwerferbestrahlt auf der Straße liegen und sich selbst über sie gebeugt bei der Mund-zu-Mund-Beatmung. Um dieser schrecklichen Vorstellung zu entrinnen, trat er beherzt aufs Gaspedal.
    „Um Gottes willen!“ kreischte sie. „Hast du überhaupt den Führerschein?“
    Ottokar nickte entschlossen. „Für alle Klassen! Bis auf den Stempel.“
    Das entsprach den Tatsachen. Fahren konnte er. Sogar den Lastwagen der elterlichen Firma. Nur die Bestätigung stand noch aus.
    Fräulein Doktor Horn hatte den letzten Satz entweder nicht gehört oder wollte ihn nicht gehört haben, um nicht abermals zu Tode zu erschrecken. Vielleicht war es auch Ottokars zügige, besonnene Fahrweise, die sie überzeugte. Sie atmete schwer, redete aber bis Rosenfels kein Wort mehr mit ihm, und er hütete sich, den wackeligen Frieden mit Höflichkeitsgeschwätz zu zerstören. Doch kaum hatte sie ihren Wirkungskreis erreicht, wurde sie autoritär, wie eh und je.
    „Zieh die Bremse! Steig aus!“
    Sie schloss das Eingangstor auf und hinter ihm wieder zu. Ottokar betätigte den Lichtschalter, als sei er in Rosenfels zu Hause und gab ihr die Wagenschlüssel.
    Sie schloss die untere Glastür auf und zu, ebenso die obere, nach der Treppe. Im Flur brannte eine Sparbirne. Nichts war zu hören, niemand war zu sehen.
    Mit festem Schritt ging die Rektorin voran. Ottokar folgte lautlos. Nur in seinem Magen begann es wieder zu gurgeln.
    „Warte hier!“ sagte sie vor der Tür ihrer Wohnung. Sie schloss auf, schaltete Licht an und reichte ihm eine Decke, die auf dem Sofa lag. „Hier. Komm!“
    Wieder marschierte sie voraus. Zum Klassentrakt.
    Lachen müsst ich...! dachte Ottokar. Er lachte dann aber doch nicht, als eintrat, was er geahnt hatte. „Da hinein!“ sagte sie. „Morgen sprechen wir uns!“
    Es war dasselbe Klassenzimmer, in das die Mädchen die Ritter eingesperrt hatten. Nur ohne Kartoffelsalat. Zum Glück! Einen Augenblick überlegte Ottokar, ob er nicht auf dessen Folgen hinweisen solle, damit sie ihn nicht einsperre. Die zieht bestimmt den Schlüssel ab! fiel ihm rechtzeitig ein.
    Er nickte ihr zu. „Gute Nacht. Und entschuldigen Sie nochmals.“
    Sein ruhiger Ton verblüffte sie. Widerstandslos ließ er sich einsperren. Das Schloss klickte und — sie zog den Schlüssel ab. Mann! dachte er. Die hat einen Schreck fürs Leben! Er streckte sich behaglich auf einem Tisch aus, nahm die Decke als Kopfpolster und, wie schon einmal in diesem Raum, analysierte er die Lage. Ohne Kartoffelsalat. Allein schon der Gedanke zeitigte sofortige Folgen.
    Ja, dann erledige ich erst mal das, was sein muss und dann das, was ich eigentlich wollte! entschied er und hatte den richtigen Dietrich schon gegriffen. Das Schloss sprang auf, er trat hinaus und machte sogar vom großen Flurlicht Gebrauch. Was konnte ihm nach den jüngsten Begebenheiten noch widerfahren?
    Die hoffentlich letzte Pflichtübung in Sachen Sennesblätter hinter sich, stieg Ottokar gemächlich die Treppe ins zweit Obergeschoss hinauf, in dem die Zimmer der im Hause wohnenden Lehrerinnen liegen. Ein Druck auf die Klinke der ihm bekannten Tür. Sie war nicht abgeschlossen.
    Dann kriegt sie auch keinen Schreck fürs Leben! Überlegte Ottokar und schlich hinein. Kurz ließ er die Taschenlampe aufleuchten. Sonja lag zur Wand gedreht. Unten schaute ein Fuß heraus. Den nahm er sich vor. Er setzte sich auf die Bettkante und fing an, ihn zu streicheln, beziehungsweise zu kitzeln, bis sie sich auf den Rücken drehte und verschlafen flüsterte: „Was ist denn los?“
    „Ich bin’s, Ottokar!“ antwortete er leise. Dabei fiel ihm ein, dass er denselben Text vor noch nicht einer halben Stunde gebrüllt hatte.
    „Spinnst du? Wenn jemand kommt!“ fauchte sie.
    „Wieso? Erwartest du Besuch?“ fragte er.
    „Sonja knipste die Nachttischlampe an und setzte sich auf. Sie wirkte so wenig erschrocken, dass er daraus auf ihr schlechtes Gewissen schloss.
    „Es ist wegen dir“, sagte er. „Die Horn hat von dem Kartoffelsalat gegessen!“
    „Das ist ja...“ Mit beiden Händen griff sich Sonja an den Kopf. Sie hatte verstanden, was das bedeutete.
    Ottokar nickte. „Ich wollt’s dir nur sagen, damit du morgen richtig reagierst.“
    Sie griff nach seinem Arm. „Dafür bist du extra rübergerudert?“
    Ottokar schüttelte den Kopf. „Die Horn hat mich hergebracht. Das heißt, wir uns
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