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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind
Autoren: Frederike Schmöe
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auf so bescheuerte Gedanken?«, regte Britta sich auf. »Das hast du dir doch für dich selbst zurechtgelegt. Kaschierst deine eigenen Ängste!«
    »Hardo ist ziemlich konservativ. Du könntest auch sagen, er ist spießig.«
    »Tom war viel spießiger, als Hardo es je sein wird. Der Gute war festgelegt auf eine Lebensform. Ihm fehlte die Fantasie, sich was anderes auszumalen. Hardo dagegen ist flexibel, das hat er oft genug unter Beweis gestellt. Schau ihn dir doch an! Jedes Mal, wenn er dir einen Blick zuwirft, strömt er über vor Dankbarkeit und Stolz und Glück.«
    Katinka starrte auf das Frachtschiff, das sich den Kanal hinaufschob, die schwarzen Dieselschwaden, den Mann am Heck, der gedankenverloren in das schmutzige Wasser blickte. Ein Hund hüpfte an der Reling entlang auf ihn zu.
    »Es hat nicht geklappt mit Tom. Wir hingen beide zu sehr an unseren Jobs«, murrte sie. Genau davor hatte sie Panik: dass es bei ihr und Hardo wieder so sein würde. Irgendwo in ihrer Seele klaffte ein Loch und saugte Vertrauen und Optimismus ins Nichts.
    »Quatsch! Die Beziehung zu Tom ist doch nicht zerbrochen, weil ihr euren Jobs Vorrang gegeben habt. Da hat irgendwo tief drin etwas nicht gestimmt.«
    »Und was?«
    Britta hob die Schultern.
    »Woher soll ich das wissen? So wichtig ist es auch wieder nicht. Schau nach vorn.«
    Das Frachtschiff war kanalabwärts verschwunden. Unten am Ufer zankten zwei Krähen um Beute.
    »Die Sache mit Anja«, flüsterte Katinka rau. »Ich fühle mich so mies.«
    »Aber du hast keine Schuld! Du hast getan, was du konntest. Niemand wollte, dass es so endet. Was hilfst du Anja, wenn du blockierst, dich durch dein Leben schleppst und dabei vertrocknest?«
    Katinka schwieg.
    »Weißt du, was das ist, was du tust?«, fragte Britta aufgebracht. Ihre Augen funkelten. »Terrorismus gegen dich selbst. Weil du dich der Chance beraubst, dich lieben zu lassen.« Sie warf Geld auf den Tisch. »Heute Abend werden in den ›Haas-Sälen‹ Oldies gespielt. Das Wetter ist ohnehin grauenvoll. Gehen wir schwofen!«
    »Nein, Britta. Das bringe ich nicht über mich.«
    »Es wird dir guttun. Wozu haben wir sonst dieses süße Kleid für dich gekauft?« Sie wies auf die Papiertüte neben Katinkas Stuhl.
    »Das hast du mir aufgeschwatzt.«
    »Das andere hat dieser Fall ruiniert. Und außerdem ist das neue viel schöner.«
    Katinka lächelte. Es könnte ein Spaß sein, sich heute Abend zurechtzumachen und ein paar Stunden zu tanzen. Sie würde nicht mehr lange mit Britta um die Häuser ziehen können. Außerdem turnten immer noch der König, Karo und Wollmütze draußen herum. Es gelang Katinka kaum, den Gedanken daran abzuschütteln.
    »Also gut. Ich überleg’s mir.«
    »Von wegen«, Britta stand auf. »Um kurz nach acht hole ich dich ab. Bis dann.«

     
    Das Parkett knarrte. Die Musik dröhnte, und eine aufgekratzte Menge schrie und lachte. Mit einer Caipirinha in der Hand lehnte Katinka am Tresen. Erhitzt trank sie zwei große Schlucke. Zum Glück hatte jemand dafür gesorgt, dass ein paar Fenster geöffnet wurden, sonst wäre sie längst vor Sauerstoffmangel umgekippt. Die Veranstalter hatten für diese verregnete Augustnacht genau die richtigen Platten ausgewählt. Die Stimmung wurde immer ausgelassener, und Katinka fing an, sich zu entspannen. Britta hatte sie in Modefragen von jeher ausgezeichnet beraten, aber das Kleid, das sie heute Nachmittag gekauft hatten, war die Krönung. Es war ärmellos, im Matrosenstil geschnitten, marineblau, ging knapp bis zum Knie. Zarte, hellgraue Paspelierungen säumten den Ausschnitt. Katinka fühlte sich darin wie in einer zweiten Haut, was ihr sonst nur bei Jeans und Pulli glückte. Ohne sich lange überreden zu lassen, hatte sie sich die Augen geschminkt und ganz sachte Lippenstift aufgetragen. Der klebte jetzt am Glas, aber das spielte keine Rolle. Sie stellte ihr Getränk ab und winkte Britta zu, die sich einen gutaussehenden Zweimetermann geangelt hatte und Richtung Tanzfläche abzog. Am besten, sie ginge für ein paar Minuten auf die Terrasse. Nur kurz, um Luft zu schnappen. Aber sie schaffte keine drei Schritte. Nicht wegen des Gedränges.
    »Katinka«, sagte eine Stimme hinter ihr. Hexte Gänsehaut auf ihre Arme und Beine. Langsam drehte sie sich um.
    Kriminalhauptkommissar Harduin Uttenreuther trug ein weißes, sorgfältig gebügeltes Hemd zu seiner Jeans. Dass er hier stand, so nah vor ihr, gefiel ihrem Herzen überhaupt nicht, und ihrem Magen noch weniger. Er zog
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