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Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten
Autoren: Filipa Leemann
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Einfluss auf ihr Gemüt und auch auf ihre Haut gehabt. Sie war leb haft, manchmal etwas zu lebhaft und ihre kurzen, blonden Haare von der Sonne gebleicht. Sie fiel auf mit ihrem Aussehen und ihrer Art, aber auch damit lernte sie zu leben.
    Sie brauchte den Brief nicht zu öffnen, um zu wissen was darin stand. Es kursierten bereits seit Wochen Gerüchte über die Pläne der Regierung.
    ‚Oh, mein Gott!’ dachte sie, während sie nervös am Umschlag knibbelte.
    Jakan, einer der Redakteure im Sportressort, kam an ihrem Büro vorbei.
    „Juli! Hey! Alles ok? Was ist los?“
    Er hatte bereits aus der Ferne gesehen, dass etwas anders war. Juli saß so still nur, wenn sie auf ihr Schreiben konzentriert war und sie schrieb nicht, soviel konnte er sehen. Sie hatte keine Tränen in den Augen, aber sie sah sehr traurig aus , und Juli war selten traurig .
    Sie schüttelte den Kopf, als er hereinkam.
    „Nein. N ichts, ist schon gut. Kann ich dir eine Frage stellen?“
    „Aber sicher! Immer doch!“
    Er versuchte aufmunternd zu lächeln, doch er bemerkte bereits, dass er damit keinen Erfolg haben würde.
    „Kann ich ablehnen ?“ 
    Sie hielt ihm den noch geschlossenen Brief entgegen und als er den offiziellen Stempel auf der linken Ecke sah, wusste er worum es ging. Er konnte es nicht glauben. Juli war ausgewählt worden. Juli aus Rambur. Das war ja nicht zu fassen! Hunderte von Journalisten hatten auf einen solchen Brief gehofft, doch Juli bekam ihn. Sie hatte großes Glück. W ie immer.
    „Ich denke schon “, er überlegte einen Augenblick, „ Es ist ja eigentlich nur eine Einladung. A ber warum solltest du? Weißt du wie viele andere auf eine solche Chance warten?“
    Chance? Alles was ihr einfiel, wenn sie den Brief sah, waren die Geschichten ihrer Großmutter und die waren alles andere als ermunternd. Aus ihrer Familie war seit Jahrzehnten niemand mehr freiwillig in den Krieg gezogen und auch Juli war die letzte gewesen, die sich so etwas hatte vorstellen können. Und auch wenn sie als Journalistin dort war. Sie würde in den Krieg ziehen. Nichts anderes war es.
    „Mein Großvater ist an der Front gestorben.“ , flüsterte sie.
    Jakan schüttelte nur verständnislos den Kopf. Das waren doch alles nur Geschichten! Wenn der Krieg so schrecklich war, warum bekam das dann hier niemand mit? Patrona war kein riesiges Reich, so eine Nachricht würde sich verbreiten. Sicherlich war Julis Großvater im Dienst für Patrona gestorben, aber das konnte so viele Gründe haben.
    „Juli, niemand weiß so genau, ob der Krieg ist wie damals. D u bist Journalistin, es ist doch deine Aufgabe die Menschen aufzuklären. Ihnen die Wahrheit zu bringen. Und du machst es gerne, das hast du immer gesagt. Du willst das hergeben? Vielleicht ist es ja eine Chance. “
    Sie zuckte mit den Schultern. Ihr Journalistenherz schlug höher, wenn sie darüber nachdachte, welche Möglichkeiten ihr dieser Brief brachte, doch das Herz des Mädchens aus Rambur sank, bei dem Gedanken daran in den Krieg ziehen zu müssen.

~*~
 
    Juli brauchte Ablenkung. Ablenkung? Alkohol! Rausch! Tanzen! Musik! Frauen! Zumindest einen Teil dieser Auswahl wollte sie sich heute gönnen. Sie brauchte Hitze und Bewegung. Einen Bass, der ihrem Herzen einen neuen Rhythmus verlieh, der sie trieb und ihr Mut machte.
    Was wollte sie? Was sollte all das bedeuten und wo würde es hinführen? Sie hatte bisher immer viel Glück gehabt und sich einfach vom Schicksal treiben lassen. Geschadet hatte es ihr bisher nicht.
    Lichtblitze zuckten, tauchten den Raum mal in grelle Farben, mal in tiefe Dunkelheit. Juli ließ sich vom Rhythmus tragen. Sie wollte verschwinden. Einfach kurz Abschied nehmen vom Hier und Jetzt . Sie musste entscheiden. Heute! Sie ließ sich mitreißen und verschwand in der Hitze und den Bewegungen all der Körper auf der Tanzfläche.
    Sie hatte entschieden.
    ~*~

In der Stube war es noch dunkel, als der Wecker klingelte. Raku drehte sich nicht noch einmal um. Si e war noch nicht richtig wach. S ie spürte es in jedem ihrer Knochen, doch sie wusste, dass sie jeden Tag zurück an die Front gerufen werden konnte und da konnte sie ihr Training nicht schleifen lassen. Denn an der Front konnte sie das den Kopf kosten. Heute Morgen fühlte sie sich ungewöhnlich steif und unbeweglich. Es war kein gutes Zeichen.
    Sie hatte ihre eigene Stube. Ihr Rang war so hoch und ihre Auszeichnungen so zahlreich, dass es mittlerweile nur noch drei Offiziere in der Kaserne gab, die ihr
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