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Spielzeugsoldaten

Spielzeugsoldaten

Titel: Spielzeugsoldaten
Autoren: Filipa Leemann
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mit diesen Ereignissen verwoben und sie würden wirklichen Abstand nur außerhalb der Mauern finden. Ihr Gepäck war schnell beisammen. Juli und Raku nahmen mit was sie brauchen konnten und was noch intakt war. Kein zerrissenes oder beschädigtes Kleidungsstück, kein militärischer Ausrüstungsgegenstand, abgesehen von Rakus Kleidern, würde die Weiterreise antreten. Sie ließen mehr zurück als sie mitnahmen und sie waren froh darüber. In Chentis Kammer war es düster und warm. Kerzen brannten und der alte Mönch hockte auf seinem Bett in ein Buch vertieft. Raku hatte darauf bestanden sich von ihm zu verabschieden, als sie von den Novizen hörte, dass der alte Mönch nicht auf den Hof kommen wollte , um Abschied zu nehmen. Er hielt nichts von Abschieden. Es gab keine Abschiede . Man sah sich immer wieder.
    „Ich möchte mich verabschieden , Chenti.“ sagte Raku, schon als sie noch im Türrahmen stand.
    Chenti schüttelte den Kopf: „Ach, das brauchst du nicht. Wir sehen uns wieder. Geh nur!“
    Juli und Raku traten in die Kammer.
    Als er die beiden zusammen sah, lächelte er und stand auf. „Na, was soll’s. Dann verabschieden wir uns eben. Schaden wird es nicht.“
    Raku erwiderte sein Lächeln und legte ihren Kopf an seine Stirn. „Nein, schaden wird es nicht.“
    Für einen Moment verharrten sie, dann wandte sich Chenti Juli zu und auch sie legten die Köpfe aneinander.
    „Ich habe gehört , ihr reist als erstes in die verbotene Stadt?“
    „Die verbotene Stadt, ich habe das schon einmal gehört. Wir reisen nach Trepji. Warum heißt sie verbotene Stadt?“ erwiderte Raku.
    Chenti zwinkerte Juli zu. Seine dunkle Haut glänzte im Schein der Kerzen.
    „Na, weil wir Mönche sie nicht betreten dürfen.“
    „Aber warum?“ Julis Neugier war geweckt. Sie war ohnehin gespannt auf d as Kernland von Geison, aber je mehr sie darüber erfuhr, desto mehr Geheimnisse entstanden.
    „Das findet besser selbst heraus “, e r machte eine Pause und blickte in ihre erwartungsvollen, fragenden Gesichter, „und nun geht! Haltet euch mit einem alten Mann wie mir nicht auf. Besucht mich bald wieder! Aber nun geht! Geht!“
    Er lachte und schubste sie ein wenig freundschaftlich zur Tür. „Ich laufe euch nicht weg. Trepji wartet!“
    Juli und Raku lachten mit und ließen sich nicht zweimal bitten. Es war ein freudiger Abschied mit guten Aussichten auf ein baldiges Wiedersehen.
     
    ~*~
     
    Noch bei Tageslicht hatten sie die vielen Mönche und Novizen des Klosters auf dem großen Innenhof verabschiedet . Der Pulverschnee war in großen Wolken aufgestoben als sich der Hubschrauber über die Gipfel Geisons erhob und das Kloster nach und nach unter ihnen immer kleiner werden ließ. So klein wie allmählich auch die Berge in ihrem Rücken wurden. Schon nach einigen Minuten konnten sie in der Ferne grüne Wiesen, Wälder und sogar Straßen entdecken. Nun war es spät geworden. Die Sonne ging dort unter, wo das Kloster liegen musste, hinter den Bergen und in den schillernsten Farben. Doch viel schillernder waren die Farben, die sich unter ihnen auftaten. Trepji war in der Nacht erschienen und die Stadt glühte.
    Juli und Raku waren sprachlos. So vi el sie auch erwartet hatten, dieser Anblick war nicht dabei gewesen. Unzählige Lichter erhellten unter ihnen den Abendhimmel. Durchsetzt von grünen Flächen, und hohe Bäumen, ragte n ihnen Wolkenkratzer aus Glas und Stahl entgegen.
    „Herzlich Willkommen in Trepji, der verbotenen Stadt! “ hallte die Stimme des Piloten in ihren Kopfhörer wieder.
    Juli und Raku sahen sich ungläubig an. Die vielen offiziellen Hürden, die sie in den nächsten Tagen in Trepji erwarten würden, waren vergessen. All die Papiere, die sie besorgen mussten, die Behördengänge und die Besuche bei der Regierung. Julis bevorstehende Kämpfe mit ihrem Leben in Patrona, das nach Geison transferiert werden musste. Alles war nichtig. Unter ihnen lag die wohl beeindruckendste Stadt, die sie je gesehen hatten. Unter ihnen lag Ruhe und Frieden. Unter ihnen lag der Anfang eines neuen Lebens.
    „Und nun? Auf in den Kampf?“ flüsterte Raku.
    „Ja “, nickte Juli, „aber in einen guten.“
     
     
     
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