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Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall

Titel: Spielwiese: Peter Nachtigalls siebter Fall
Autoren: Franziska Steinhauer
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Männer-WM verfolgt? Nein? Schade! Dann wäre Ihnen nämlich genau das aufgefallen. Selbst der Trainer ist im Team. Alle wollten, dass der Stab um Löw verlängert. Selbst die Leute auf der Straße haben sich das gewünscht. Man konnte den Eindruck gewinnen, ganz Deutschland wurde zu einem Team. Ihr Bild ist völlig falsch!«
    »Du weißt nicht, wovon du redest, du Göre! Keine Ahnung vom Leben. Wahrscheinlich merkt eine wie du nicht mal, wie sie manipuliert und benutzt wird!«, schoss Frau Winter zurück.
     
    Nachtigall trat ins Wohnzimmer und polterte die verblüffte Frau an: »Geben Sie auf, Frau Winter!«
    Genau das lag nicht in der Absicht dieser entschlossenen Frau. Bevor sie jemand davon abhalten konnte, war sie behände um den Tisch gesprungen, hatte Kiri umgerissen und holte zu einem kraftvollen Stoß mit dem Messer aus.
    »Nein!«, kreischte Frau Schybulla auf, die ebenfalls zu Boden geschleudert worden war und beide Hände gegen eine blutende Halswunde presste.
    »Nein!« Marnie schluchzte auf.
     
    Zu spät. Nachdem Frau Winter das Messer in Kiris Brust gestoßen hatte, wurde sie sehr ruhig.
    Rappelte sich auf. Sah mit tränenumflortem Blick in die Gesichter der anderen.
    Stand einfach da, mit baumelnden Armen und leerem Gesichtsausdruck.
    Im Rückblick schien es Nachtigall, als sei alles zeitgleich geschehen. Er sah sich kaum in der Lage, eine logische Schilderung der Abläufe zu geben.
    Er war losgespurtet, um sich Frau Winter entgegenzuwerfen, war aber den Bruchteil einer Sekunde zu langsam und konnte so den Angriff nicht abblocken. Wiener rannte durchs Zimmer, um seine Marnie zu retten. Gleichzeitig war Kiris Mutter schreiend aufgesprungen und stürzte sich auf die Mörderin, die sie allerdings ohne Mühe abwehrte. Wiener forderte einen Krankenwagen an. Kiri lag reglos am Boden. Nachtigall kniete neben dem Mädchen und tastete nach dem Puls.
    Einige Kollegen drängten aus dem Treppenhaus in die Wohnung nach.
    Frau Winter gelang es, sich ruckartig zu bücken, als man versuchte, ihr Handschellen anzulegen. Ihre Finger umkrampften noch immer den Griff des langen Messers.
    Ehe es jemand verhindern konnte, rammte sie sich die Klinge tief in die eigene Brust und brach zusammen. Nachbarn kümmerten sich um die verzweifelte Mutter, die apathisch die Bemühungen des Sanitäters um die tiefe, heftig blutende Wunde an ihrem Hals über sich ergehen ließ, kochten frischen Tee, redeten beruhigend auf sie ein, während Kiri abtransportiert wurde. Ein einziges Chaos.
    Der hat mir gerade noch gefehlt, schoss es Nachtigall durch den Kopf, als er in diesem Tumult unerwartet Dr. März entdeckte.
    »Na, immerhin! Sie haben die beiden letzten Morde verhindert!«, kommentierte der Staatsanwalt bissig. »Es hätte also noch schlimmer kommen können. Kaum zu glauben!«
    Gemeinsam sahen sie den Sanitätern nach, die Frau Winter in die Klinik brachten.
    Der markerschütternde Schrei der Mörderin, der nichts Menschliches mehr an sich hatte, hallte durch den Hausflur. Sie wusste, dass der letzte Mordanschlag gescheitert war. Dieser wilde Laut, eine Mischung aus Hass, Wut, Verzweiflung und Enttäuschung, würde Nachtigall bis in seine Träume verfolgen.

33
    Gustav Winter umklammerte eine Tasse Tee und beobachtete schweigsam die Wellen, die beim Pusten über die rötliche Oberfläche entstanden. Früchtetee.
    Er konnte schon den Geruch nicht ausstehen. Nun gut. Das spielte keine Rolle mehr.
    Unbeteiligt starrte er den schwarzen kleinen Kasten an. Ein rotes Licht blinkte.
     
    Hauptkommissar Peter Nachtigall saß ihm gegenüber, daneben ein Ermittler aus Dresden, dessen Namen er nicht verstanden hatte. Auch das war im Grunde völlig belanglos.
    »Herr Winter«, begann der Hauptkommissar leise, »es tut mir leid.«
    Winter hob kurz den Blick von der Flüssigkeit, senkte ihn aber sofort wieder. Was sollte er dazu sagen? Welchen Sinn hätte es auch gehabt, seine Frau zu retten?
    »Ein Überleben war von ihr nicht vorgesehen«, antwortete er in die Tasse. »Sie wollte es so.«
    »Warum?«
    »Wegen des Kindes«, rang Winter sich noch ab, bevor er zu weinen begann. Die Tränen tropften in den Tee. Er stellte die Tasse auf dem Tisch ab. Mangold schob dem Zeugen eine Packung Taschentücher zu. Winter griff dankbar danach.
    »Unsere ganze Familie – ein Opfer des Frauenfußballs! Die Berichte über die EM waren schon eine mittlere Katastrophe. Aber wenn nach der EM einfach Ruhe eingekehrt wäre, es nicht so ein Theater um die Frauen-WM
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