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Spiel mit mir (German Edition)

Spiel mit mir (German Edition)

Titel: Spiel mit mir (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
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gefühlt und sie bald geheiratet. Nun war auch er tot und sie zum zweiten Mal Witwe.
    »Wie schön, dass du hier bist«, sagte sie leise. Emma war auch froh. Erst jetzt merkte sie, wie sehr sie ihre Mutter vermisst hatte.
    »Und das ist sicher der junge Mann, von dem du mir erzählt hast?«
    Emma nickte, mit einem Lächeln an Angel gewandt. »Ja, er ist mein Schutzengel.« Natürlich hätte die Mutter ihr offenes Verhältnis nicht verstanden, also hatte sie ihr Angel als ihre Beziehung vorgestellt.
    »Freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mrs. Conaway. Wenngleich unter diesen traurigen Umständen.«
    Er schüttelte ihre Hand, und Emmas Mutter nickte lediglich.
    »Kommt doch herein, Kinder«, sagte sie schließlich und führte sie zur Haustür.
    »Ich habe mir erlaubt, euch beiden das Gästezimmer herzurichten.«
    »Das ist sehr lieb von dir, danke, Mom.«
    »Wenn ihr etwas essen möchtet, es ist noch etwas vom Eintopf übrig.«
    »Gern, Mrs. Conaway, danke.«
    Nach dem Essen bezogen sie ihr Zimmer. Die Mutter hatte sich redlich Mühe gegeben, alles perfekt aussehen zu lassen. Die Vorhänge waren frisch gewaschen, der Boden gebohnert, der Duft von Frühlingsfrische erfüllte das Zimmer.
    »Das wird morgen ein harter Tag«, sagte Emma und ließ sich auf das Doppelbett fallen. Obwohl ihre Sinne vertraute Gerüche und Sinneseindrücke wahrnahmen, fühlte sie sich doch wie ein Fremdkörper. Sie war unheimlich froh, dass Angel bei ihr war. Er legte sich zu ihr, strich ihr übers Haar, wie er es immer tat, und küsste sie zärtlich.
    »Ich bin bei dir«, versicherte er. Und das erste Mal in ihrem Leben hatte Emma das Gefühl, dass da tatsächlich jemand war, auf den sie sich verlassen konnte.
    Trotz ihrer Bedenken wurde es eine angenehme Nacht. Emma wurde einmal wach, doch als sie Angels Arm um sich spürte, schlief sie beruhigt wieder ein, und erst als die Sonne längst am Himmel stand, wachte sie wieder auf.
    Beim Frühstück erzählte die Mutter den beiden von ihren Plänen, die Farm zu verkaufen. Das war ein weiterer, großer Schock für Emma. Sie hatte mit allem gerechnet, aber bestimmt nicht damit. Doch Mama hatte recht. Es gab keinen Erben, der den Hof weiterführen würde, und sie selbst war dazu nicht mehr in der Lage. Die alten müden Knochen spielten nicht mehr mit, und die Mutter sehnte sich nach einem Neuanfang. Emma konnte das nur zu gut verstehen. Sie hatte sich auf dem Land nie wirklich wohl gefühlt, immer vom Leben in der Stadt geträumt und den Möglichkeiten, die sich ihr dort boten.
    Nach dem Frühstück trat Emma ihren schwierigsten Gang an, den Weg zum Friedhof. Doch sie war nicht allein. Ihre Mutter und Angel begleiteten sie. Es tat gut, sie bei sich zu wissen.
    Als sie dann das riesige schmiedeeiserne Tor sah, verspürte sie erneut einen Fluchtreflex, den sie nur schwer unterdrücken konnte. Ehrfurcht erfasste sie, doch zugleich sträubte sich alles in ihr, das Grab von Onkel Mac zu besuchen, aber ihre Mutter schob sie weiter, und Angels Händedruck gab ihr Mut.
    Sie folgten dem Kieselsteinweg und gingen durch das Tor. Trauerweiden säumten den Weg. Dann bogen sie in einen kleinen Seitenweg ab und blieben nach ein paar Metern vor einem frischen Grab stehen. Ein Kranz mit letzten Grüßen lag darauf.
    Emma kniete sich nieder. Sie las die Inschrift des Grabsteins und schien erst jetzt zu realisieren, dass Onkel Mac tatsächlich von ihnen gegangen war. Und so merkwürdig es auch war, es war kein Moment der Trauer, sondern plötzlich fielen alle Ängste von ihr ab. Sie konnte durchatmen, fühlte nicht dieselbe Beklemmung, die sie bis eben noch beherrscht hatte. Im Gegenteil. Es war richtig, hier zu sein.
    Emma spürte Angel dicht hinter sich, und auch die Anwesenheit ihrer Mutter gab ihr Kraft. Und plötzlich geschah etwas in ihr. Ein kleiner Ruck, gleich einem Blitz, der sie durchzuckte, ohne dabei in irgendeiner Weise schmerzhaft zu sein. Etwas schien sich zu lösen – wie ein Knoten. Sie fühlte sich leicht. Und sie verzieh. Onkel Mac würde nie denselben Platz in ihrem Herzen haben wie Mom und Dad. Doch sie würde nicht länger mit ihm hadern, sich nicht länger von bösen Erinnerungen quälen lassen. Emma spürte, dass dies ein wichtiger Moment war. Aber sie sagte nichts, weder zu Angel noch zu ihrer Mutter. Das war auch nicht nötig, denn das war eine Sache zwischen Onkel Mac und ihr.
    Sie schloss einen Pakt mit sich selbst. Niemals wieder würde sie sich von anderen klein reden lassen, niemals
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