Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spiel mir das Lied vom Wind

Spiel mir das Lied vom Wind

Titel: Spiel mir das Lied vom Wind
Autoren: Carola Clasen
Vom Netzwerk:
Geschäftliches?«
    »Genau.« Sonja griff den Vorschlag erleichtert auf. »Was Geschäftliches. Aber das hat sich ja jetzt erledigt. Mit so einem mach ich keine Geschäfte.«
    »Auf keinen Fall«, meldete sich Theo.
    Die Frage nach der Art des Geschäftes, das Sonja und dieses Ekel zusammengeführt hatte, lag in der Luft. Die Männer warteten, ob Sonja sie vielleicht von selbst beantwortete. Sie warteten, bis ihre Gläser leer waren. Danach hielten sie es nicht mehr aus.
    »Darf man fragen, was für ein Geschäft das war?« Wieder Theo.
    »Klar«, erwiderte Sonja. »Er ist Immobilienmakler. Er wollte mir eine Wohnung besorgen.«
    »Sie suchen ‘ne Wohnung? Warum sagen Sie das nicht gleich? In meinem Haus wird eine frei. Zwei Zimmer, Küche, Diele, Bad, Balkon.«
    »Danke, danke. Nicht heute. Für heute hab ich erst mal genug.«
    »Das können wir uns denken.« Sie nickten alle gleichzeitig, im Takt, wie Marionetten. »Wenn Sie Ihre Meinung ändern, Sie treffen mich hier bei Gerda jeden Tag um dieselbe Zeit«, versprach Theo.
    »Uns auch«, bestätigten die anderen.
    »Das ist nett von Ihnen«, sagte Sonja. »Jetzt muss ich aber los.«
    Gerda winkte ab, als Sonja ihren Deckel bezahlen wollte.
    »Ach, eins noch!«, bettelte Theo.
    Sie mochte es ihm nicht abschlagen. Von Kall nach Wolfgarten wurde nachts erfahrungsgemäß nicht kontrolliert. Es war noch lange nicht 21 Uhr, aber es war alles gesagt, und Sonja wäre gern allein, um das Abenteuer zu verdauen. Sie war mit Hoffnungen hierher gekommen, die größer gewesen waren als ihre Zweifel. Eine vage Wut nahm langsam Gestalt an, mehr über sich selbst als über Harry Konelly. Wie hatte sie sich nur auf ein
Blind Date
einlassen können?
    Gerda stellte die Musik wieder lauter.
    Frei wie der Wind, komm flieg dorthin
,
    wo deine Träume sind, frei wie der Wind

    Gedankenverloren schienen die Gäste des Sülzburger Hofs zuzuhören. Gerda verschränkte die Arme vor der Brust und wippte im Takt mit den Hüften. Sonja klopfte ihn mit dem Glas auf dem Bierdeckel. Die Gäste hielten ihn mit den Füßen.
    Plötzlich brachte ein Scheppern und Klirren sie alle aus dem Takt. Ein Geräusch, das nicht aufhören wollte und von der Tür herkam. Köpfe fuhren herum. Der Spielautomat. Aus dem breiten Schlitz rasselten die Münzen heraus, quollen über die Hände des Spielers, glitten über seine Schuhe auf den Boden und sprangen umher.
    Während Sonja fasziniert auf den nicht enden wollenden Geldregen starrte, sprangen die Thekenbrüder geistesgegenwärtig auf, stellten sich auf die Münzen, bückten sich, hoben sie auf und lieferten sie ab. Gerda verließ ihre Theke und schlug mit Fäusten auf den Automaten ein. Er jaulte auf. Die Münzen rollten weiter. Hektisch stopfte sich der Spieler die Jacken-und Hosentaschen voll. Jedes Mal, wenn er sich bückte, fielen ein paar Münzen wieder heraus. Seine kinnlangen, welligen Haare fielen ihm über das Gesicht. Gerda stellte ihm eine kleine Plastiktüte zur Verfügung.
    Goldgräberstimmung im Sülzburger Hof.
    Als der Spielautomat sich verdunkelte, als gebe er seinen Geist auf, als er nur noch quietschte und rumpelte und keine einzige Münze mehr ausspuckte, kehrten die Gäste mit roten Gesichtern an die Theke zurück.
    Der Spieler aber beobachtete, wie der Automat allmählich wieder auf Touren kam, als die bunten Lichtkreise wieder erschienen und lockend die Symbole und Zahlen durchliefen. Er tätschelte den schwarzen Kasten wie einen guten, treuen Freund.
    Schwer beladen schlurfte er mit hellem Glanz in den Augen auf Sonja zu. Er warf die Plastiktüte auf die Theke. Die Kölschstangen vibrierten. Die Tüte sackte nach allen Seiten durch. Er knotete sie zu. »Ich geb ‘ne Runde!«, rief er, strich sich die Haare aus dem Gesicht, strahlte alle an und breitete die Arme aus. »Schampus für alle!«
    Sonja musterte die Geldtüte und fragte sich, wie viel er wohl gewonnen haben mochte. Fünfzig Euro? Hundert Euro? Das würde knapp werden für Champagner. Er überschätzte seinen Gewinn. Auf charmante, naive Weise. Er war nicht ihr Jahrgang. Sinnlos, dass er ihr gefiel. Und überhaupt, hatte sie nicht gerade einen auf die Nase bekommen?
    Auf ihr blieb sein Blick zuletzt ruhen. Er musterte sie amüsiert und nickte ein wenig mit schiefem Kopf, als erinnere er sich gern an ihren gelungenen Verteidigungsschlag gegen den zudringlichen Verehrer. Unter seinem Hemdkragen kam ein dünnes, schwarzes Lederband zum Vorschein. Wenn er einen weiteren Knopf
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher