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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück
Autoren: Cathy Lamb
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dass die Frau des Pfarrers kommt, mehr nicht.«
    »Nun. Tut sie aber. Sie kommt jede Woche. Sie braucht mal eine Pause von dem ganzen Beten. Sie ist gerne mit Leuten zusammen, die Jesus nicht als Waffe benutzen, um sich anderen überlegen zu fühlen. Liebe Güte, einmal hat sie mich mit zu so einer Bibelstunde geschleppt, und ich schwöre, die Frauen da wollten sich alle nur brüsten, sie würden unter dem ganz besonderen Schutz des Herrn stehen. Es hieß nur: ›Ich habe gebetet‹, ›Der Herr ist so gut zu mir gewesen‹, ›Es ist sein Wille‹. Es war wirklich albern. Ich bin mir sicher, dass Gott diese Leute so was von satt hat.«
    »Weiß … weiß denn sonst jemand im Ort, dass Lara zu diesen Psycho-Treffen kommt?« Ts, ts, ts. Eine Pfarrersfrau bei so einem Abend? In einer Kleinstadt?
    »Quatsch, nein. Soll das ein Witz sein?« Tante Lydia begann, Schokolade zu schmelzen. Sie ist gut in Schokoladendesserts, aber nicht so gut wie ich, auch wenn sie alle anderen Süßspeisen besser kann. »Vier Personen wissen Bescheid. Katie, Caroline, ich und jetzt auch du. Und wir alle haben bei einer Flasche Brandy und einer Zigarre geschworen, es geheim zu halten. Lara braucht einen Ort, wo sie sie selbst sein kann, ohne dass jemand erzählt, welche Seelen in Golden nicht gerettet werden, sondern in die Hölle kommen und dort für alle Ewigkeit schmoren werden wie Würstchen auf dem Grill.«
    Ich stellte mir vor, für immer in der Hölle zu schmoren wie ein Würstchen auf dem Grill. Der Rum arbeitete sich durch meinen Körper. »Und, was macht ihr bei diesen Treffen?«
    »Caroline kann hellsehen, sie sagt jeder von uns voraus, was
passieren wird. Dadurch ist es ein offizieller Psycho-Abend. Caroline verlangt von den Frauen im Ort immer nur ein paar Dollar, wenn sie ihnen die Zukunft voraussagt.« Tante Lydia, die wahre Geschäftsfrau, schüttelte den Kopf. »Obwohl, bei Mrs.Guzman hat sie es für selbstgebrannten Tequila gemacht, und bei Dr.Tims für seine Salsa. Wo ich das sage: Bei Terri, dem Postmeister, macht sie es für seinen Gemüsekuchen, der wirklich schrecklich ist, und außerdem sagt sie Chad Whitmore die Zukunft voraus, dessen Frau gestorben ist. Er muss arbeiten und allein für seine vier Kinder sorgen. Dafür bekommt sie jedes Jahr den Schinken von einem seiner Schweine. Ich habe keine Ahnung, wie diese Frau zurechtkommt. Sie hat nur ein winzig kleines Haus, kaum größer als ein Puppenhaus, nicht weit von hier. Sie fährt ein Auto, das jeden Augenblick zusammenbrechen müsste. Stash hat sie schon drei Mal abgeschleppt.« Tante Lydia erstarrte kurz. »Ich muss Caroline sagen, dass sie ihre Tür schwarz streichen muss, um Krankheiten und miese Typen abzuhalten. Wie konnte ich nur vergessen, ihr das zu SAGEN ! Wenn sie das nächste Mal in die Stadt fährt, flitze ich schnell bei ihr vorbei und streiche die Tür. Darüber freut sie sich bestimmt.«
    Ich stellte mir vor, wie eine Frau ein Haus mit einer braunen Tür verließ und bei ihrer Rückkehr eine schwarze vorfand. »Sie verdient ihr Geld als Hellseherin?« Ich dachte an Kaffeesatz und Tarotkarten und hatte eine Frau vor Augen, die aussah, als sei sie durch die Mangel gedreht worden, mit vielen Falten und Runzeln im Gesicht, unablässig eine Zigarette im Mundwinkel.
    »Geld verdienen würde ich es nicht nennen, meine liebe Julia. Sie kommt so gerade zurecht. Wenn überhaupt. Sie verkauft ihr eigenes Obst und Gemüse auf dem Bauernmarkt, und sie backt Brot. Leckeres Brot. Es ist hervorragend, man bekommt ganz andere Gefühle, wenn man es isst. Ich habe ihr gesagt, sie soll es Orgasmusbrot nennen, aber sie meint, das
geht nicht. Das mit dem Hellsehen macht sie nebenbei. Ich kenne niemanden, der anspruchsloser ist als Caroline. Oh, sie ist unglaublich großzügig, und wenn du ihr Sackleinen gibst, holt sie ihre Nähmaschine heraus und näht daraus die schönsten Vorhänge, die du je gesehen hast.«
    Ich musste grinsen, und Lydia kniff die Augen zusammen, aber ich sah, wie sich ihre vollen Lippen zu einem Lächeln verzogen. Dreiundsechzig Jahre alt und immer noch Lippen, für die so mancher Filmstar Abertausende von Dollar hingeblättert hätte.
    »Du glaubst wohl nicht, dass sie wirklich hellsehen kann, was?« Lydia stemmte die Hände in die Hüften, als wollte sie jeden Moment ihre Waffe ziehen.
    Ich riss mich zusammen, verdrehte nicht die Augen und war stolz darauf. Ich starrte auf die heißen roten Beeren im Topf.
    »Ich sage dir, Julia, diese Frau hat
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