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Spiel mir das Lied vom Glück

Spiel mir das Lied vom Glück

Titel: Spiel mir das Lied vom Glück
Autoren: Cathy Lamb
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mein Gesicht peitschen. Robert hatte nichts übriggehabt für »wilde Frauen«.
    Schwitzend, schmutzig und erschöpft, gab es für mich nur noch eine Rettung: Schokolade. Ich lenkte mit den Knien und durchwühlte die rote Tasche auf dem Beifahrersitz, bis ich die Tüte mit den Schokoladentäfelchen fand, die ich selbst gemacht hatte. Der erste Bissen auf meiner Zunge war wie ein Stück vom Himmel. Beim zweiten versiegten meine Tränen. Beim dritten musste ich lachen, sentimental, über mein vom Pech verfolgtes Hochzeitskleid.
    Ich schob mir zwei Schokostücke in den Mund. In so gut wie jedem Aspekt meines Lebens hatte ich versagt, dachte ich voller jämmerlichem Selbstmitleid, aber wenn es eines gab, das ich richtig gut konnte, so schmolz es gerade in diesem Moment in meinem Mund. Mit Schokolade kannte ich mich aus. Und niemand, nirgendwo, machte so gute Pralinen wie ich.
     
    Golden erinnerte mich ein wenig an den Baum, in dem mein Hochzeitskleid wahrscheinlich immer noch flatterte. Früher einmal war es eine blühende Kleinstadt gewesen, aber der
Holzfällerboom war vorüber, die Verfechter der bedrohten Arten hatten gewonnen, viele Einwohner waren fortgezogen. Golden hatte eine ziemlich lange Main Street, gesäumt von den obligatorischen Bäumen. An den Laternenpfählen hingen Frühlingsblumen. Sie waren das Einzige, was lebendig aussah.
    Viele Ladenlokale waren nur noch gähnende schwarze Löcher ehemaliger Geschäfte. An einer Ecke war ein Drugstore mit einem kaputten Schild: »S ms Dru store«.
    Außerdem gab es noch ein Kino, ein recht heimelig wirkendes Café mit roten Tischdecken, einen Gemüseladen, eine Autowerkstatt, ein Haushaltswarengeschäft und noch einige Läden mehr, die in eine Kleinstadt gehören. Auf den Straßen waren Menschen; ich nahm an, dass sie aus einem der zwei Restaurants im Ort oder von einer Pflegschaftssitzung der Schule kamen.
    Allmählich wurde mir leichter ums Herz. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, mich vor Angst übergeben zu müssen, so wie vor etwas über einer Woche, als ich in Boston meine Koffer packte und meine schmalen weißen Pumps zurückließ.
    »Mein Gott, Opossum, hast du riesige Füße!« Noch immer konnte ich die Gehässigkeit in Roberts Stimme hören. »He, glotz mich nicht so an! Das ist eine reine Feststellung! Dass du immer alles so persönlich nimmst!«
    Er hatte meinen Fuß hochgehoben und von seinem Schoß gestoßen, als könnte er es nicht ertragen, noch länger von ihm berührt zu werden.
    Und trotzdem versuchte ich Robert zu beschwichtigen, überlegte sogar kurz, mir die Füße chirurgisch verkleinern zu lassen. Aber schließlich hatte er mich gewollt. So wie ich war.
    Mit meinen krausen Locken, meinem dicken Hintern und einer Familiengeschichte, bei der einem das Blut in den Adern gefror. Mit einer Vergangenheit, die ich mit niemandem teilen konnte aus Angst vor der Abscheu, die sie bei anderen hervorrief. Ich wollte meine Vergangenheit hinter mir lassen, damit
sie nicht meine Gegenwart bestimmte, und Robert bot mir ein neues Leben, Lichtjahre entfernt von den Wohnungen mit furchtlosen Kakerlaken und Ratten so groß wie Opossums.
    Anfangs war er so charmant, so einnehmend gewesen, hatte all seine Zeit mit mir verbringen wollen, mein Herz im Sturm erobert. Immerzu wollte er wissen, wo ich gerade sei, mit wem ich im Museum geredet hätte, ob mich Männer angesprochen hätten. Wenn ja, welche?
    Er hatte mir ausgeredet, mich mit Bekannten zu treffen. Nicht dass ich viele gehabt hätte. Ich hatte genau zwei Freundinnen, aber bald fand er, ich solle mich von ihnen fernhalten, und so gab ich nach.
    Zuerst war mir fast schwindelig vor Freude. Robert wollte mich für sich allein! Er liebte mich! Deshalb wollte er mich mit niemandem teilen.
    Aber dann ärgerte er sich über mich, und ich bekam seine Verachtung zu spüren wie einen Vorschlaghammer. Er machte mich fertig, ich weinte, er warf mich aufs Bett, hielt mich fest und piesackte mich, bis ich schluchzte. Und dann entschuldigte er sich zuckersüß und schob sein schlechtes Benehmen darauf, dass er keinen guten Tag gehabt hätte, Streit mit seinem anspruchsvollen Vater oder mit dem Kassierer im Supermarkt.
    Später verlor Robert manchmal die Kontrolle, ihm rutschte die Hand aus, er stieß mich gegen die Wand oder legte mich über einen Stuhl und riss mir die Hose herunter, obwohl ich mich wehrte, nun ja … Danach flehte er mich immer an, bei ihm zu bleiben und ihm zu vergeben, und ich tat es.
    Bald hatte ich
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