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Spiel, Kuss & Sieg

Spiel, Kuss & Sieg

Titel: Spiel, Kuss & Sieg
Autoren: India Grey
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überwältigenden Drang verspürt, dir die Sehenswürdigkeiten von Barcelona anzusehen.“ Seine Stimme klang ruhig und beherrscht, nur in seinem Tonfall lag eine gewisse Schärfe.
    Trotzig hob Tamsin das Kinn. „Wohl kaum“, erwiderte sie. „Mich überkam vielmehr der überwältigende Drang, nach Hause zu fliegen, um zu retten, was von meiner Firma noch übrig ist.“ Sie lachte bitter auf. „Ich hätte wissen müssen, dass es nicht so einfach wird. Korruption ist zu deiner zweiten Natur geworden, nicht wahr, Alejandro? Zollbeamte zu bestechen, damit sie ein Flugzeug aufhalten, bedeutet einem Mann nicht viel, der bereit ist, mit einer Frau zu schlafen, die er wie eine Weihnachtsgans auszunehmen trachtet.“
    Der Geräuschpegel hinter ihnen nahm beständig zu. Die anderen Passagiere wurden ungeduldig. Aber Tamsin bekam davon nichts mit. Ihre Aufmerksamkeit war allein auf Alejandro gerichtet.
    „Beurteile Menschen nicht nach deinen eigenen Maßstäben, Tamsin“, entgegnete er gefährlich leise. „Ich versuche, dir zu helfen.“
    „Mir helfen?“, zischte Tamsin. „Indem du eine feindliche Übernahme meiner Firma anzettelst? Eines muss ich dir lassen, selbst mein Buchhalter hat dergleichen nicht für möglich gehalten. Wir hatten keine Chance, aber das sollte mich wohl nicht überraschen. Du bist kalt und skrupellos.“
    „Freut mich, dass du eine so hohe Meinung von mir hast“, erwiderte er sarkastisch. „Ich hätte wissen müssen, dass du Hilfe nur dann annimmst, wenn es letzten Endes so aussieht, als hättest du die ganze Arbeit alleine gemacht. Mein Fehler.“
    Tamsin rang nach Luft. „Wovon redest du?“
    „Von den Trikots für die RFU. Was hast du gesagt? Du hättest den Auftrag dank deiner Fähigkeiten bekommen? Du hättest dich gegen Konkurrenten durchsetzen müssen?“ Alejandro lachte auf. „Von wegen! Dein Entwurf war der Einzige, den die Funktionäre zu Gesicht bekommen haben.“
    „Nein!“ Sie schüttelte heftig den Kopf. „Das ist nicht wahr!“ Der Kapitän des Flugzeugs trat auf sie zu und legte eine Hand auf Alejandros Schulter. „Alejandro, mein Freund, bitte.“ Er
    machte eine hilflose Geste in Richtung der anderen Passagiere.
    Alejandro nickte knapp und sah Tamsin direkt in die Augen. Einen schier endlosen Moment blickten sie einander an. Tamsin überkam das Gefühl immer weiter in einen Abgrund zu stürzen. Irgendwo befand sich die Reißleine, mit der sie den Fallschirm öffnen könnte, aber sie hatte keine Ahnung wo.
    Auf einmal wirkte Alejandros Gesicht aschfahl und müde. Nur seine Augen blitzten noch einmal auf. Und dann, mit einem letzten – konnte es sein? – verzweifelten Blick, wandte er sich um und ging.
    Tamsin stockte der Atem, sie wollte nach ihm rufen, damit er sich umdrehte, aber kein Wort drang über ihre Lippen. Jemand fasste sie am Arm und führte sie zu ihrem Platz zurück.
    Die anderen Passagiere applaudierten, als das Flugzeug kurz darauf abhob. Je höher es in den blauen Nachthimmel stieg, desto intensiver empfand Tamsin das Gefühl zu fallen. Sie schloss die Augen und wartete auf den Aufprall.
    Vier Monate später.
    An einem Spieltag herrschte in Twickenham immer eine Stimmung wie an Karneval. Und heute, an einem unerwartet warmen Tag im Frühling, waren die Leute besonders ausgelassen. Die Los Pumas waren ebenbürtige Gegner, das Spiel versprach also, spannend zu werden.
    In der luxuriösen Lounge, die den Funktionären der RFU vorbehalten war, fühlte Tamsin sich von dem fröhlichen Treiben draußen völlig abgeschnitten.
    Neben ihr lehnte Serena sich auf ihrem Stuhl zurück und balancierte einen leeren Teller auf ihrem Babybauch. „Ich frage mich, ob die Sportärzte auch Erfahrung mit Geburten haben.“
    Alarmiert schreckte Tamsin auf. „Was, jetzt? Hier?“
    „Nein“, seufzte Serena. „Tatsächlich glaube ich, dieses Baby wird nie auf die Welt kommen. Ich werde nur immer runder und runder, bis ich mich gar nicht mehr bewegen kann. Da wir gerade davon sprechen, könntest du mir wohl noch eines dieser köstlichen Anchovis-Dinger holen?“
    Rasch stand Tamsin auf und nahm den Teller vom Bauch ihrer Schwester. Sie war froh, etwas zu tun zu haben, sei es auch noch so unbedeutend, denn ihr Gefühlszustand war alles andere als ausgeglichen. In dem Raum wimmelte es von englischen und argentinischen Ehrengästen. Sie wurde von dem Gedanken verfolgt, dass all die sonnengebräunten Männer Bekannte von Alejandro sein mussten, weshalb sie unablässig die
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