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Spiel Der Sehnsucht

Spiel Der Sehnsucht

Titel: Spiel Der Sehnsucht
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Zum ersten Mal fiel ihr auf, wie sehr er seinem Großvater ähnelte.
    Bis auf die eisblauen Augen, die er von ihr hatte, hatte sie an dem Jungen bisher noch nie eine Familien-
    ähnlichkeit bemerkt. Er war für sie immer nur ein ab-scheulicher Zigeunerbengel gewesen. Doch nun weckte sein Lächeln, die Krümmung seines Mundes und das Blitzen seiner ebenmäßigen Zähne eine Erinnerung an ihren Mann Gerald. Dreißig Jahre war es nun her, daß er von ihr gegangen war. Seitdem hatte sie sich alleine um alles kümmern müssen, was mit Titel und Besitz der Westcotts zusammenhing. Wie er ihr fehlte! Ihr einziges Kind, Jerome, war geschäftlich völlig untauglich gewesen. Schlimmer, er hatte außer diesem Bastard nicht einmal einen Erben hinterlassen. Nun konnte sie nur noch beten, daß Ivan aufgrund der Erziehung, die sie ihm hatte zuteil werden lassen, seinen Verpflichtungen gewachsen war.
    Als Laurence zurückkam, war Lady Westcott erschöpft vom angespannten Beobachten. Ivan tanzte gerade mit der jüngsten Tochter der Feitons, einem üppigen Rot-schopf, recht hübsch, aber viel zu albern, um eine Gräfin zu werden.
    »Nun, wird er kommen und mich begrüßen?« fragte Antonia.
    Laurence räusperte sich und fischte erfolglos in seinen Taschen nach seiner Schnupftabaksdose. Er zupfte an seinem dichten Backenbart. »Das hat er nicht gesagt. Aber ich glaube, er wird kommen, Toni. Schließlich hat er dich seit der Titeleinsetzung im Januar nicht mehr gesehen.«
    Erst lange nach Mitternacht kam der unausstehliche Kerl auf sie zu. Normalerweise hätte sie die Gesellschaft schon längst verlassen. Doch sie wollte unbedingt so lange bleiben, bis er sie begrüßt hatte. Keinesfalls konnte sie zu ihm hingehen. Also mußte sie warten, bis er sich zu ihr bequemte, denn sonst hätten alle Anwesenden bemerkt, daß Ivan sie schnitt.
    Als er endlich auf die Couch zusteuerte, auf der sie mit Laurence und Lady Fordham saß, nahm sie sich vor, ihn ordentlich abzukanzeln. Wie konnte er es wagen, sie so zu behandeln!
    Doch ein Blick in seine eisigen Augen belehrte sie eines Besseren. Er suchte Streit, und zwar einen öffentlichen Streit mit ihr; das drückten die Kälte seiner Augen und die Anspannung seiner breiten Schultern deutlich aus.
    Genau wie bei Gerald, kam es ihr flüchtig in den Sinn.
    Sie hatte ihren Mann abgöttisch geliebt; trotzdem hatten sie immer gestritten wie Hund und Katze, sich dabei aber gut verstanden. Vielleicht konnten sie und der Junge -
    nein, er war jetzt ein Mann - auf einer solchen Ebene gleichfalls zu einem besseren Auskommen gelangen.
    »Madam.« Ivan verbeugte sich kurz vor Antonia.
    »Darf ich Ihnen meine Begleiter vorstellen?« Er deutete auf die drei Männer, die neben ihm standen. »Mr. Elliot Pierce, Mr. Giles Dameron, Mr. Alexander Blackburn.«
    Gegen die Manieren der drei Vorgestellten ließ sich nichts einwenden. Antonia betrachtete Blackburn eingehend und versuchte, etwas zu entdecken, was auf sein königliches Blut hindeutete. Den König bekam man dieser Tage selten zu Gesicht, obwohl er in jüngeren Jahren dem gesellschaftlichen Treiben ausgiebig gefrönt hatte.
    »Es heißt, ich hätte seine Augen und sein Haar«, antwortete Blackburn grinsend auf ihre unausgesprochene Frage. Er hatte zwar geflüstert, dies allerdings mit Absicht laut genug, daß alle Umstehenden ihn hören konnten.
    Antonias Augen verengten sich. »Tatsächlich? Und ich hatte gedacht, es wäre vor allem Ihr Vorwitz, der von der Verwandtschaft zeugt.«
    Blackburns Grinsen wurde noch vergnügter. »Endlich!
    Eine Dame, die den Wahnsinn in meinen Augen erkennt und doch nicht erschrocken fortschaut.« Er ließ sich auf ein Knie fallen und preßte seine Hände auf sein Herz.
    »Geben Sie mir Ihr Jawort, Lady Westcott, denn Sie sind es, nach der ich so lange, einsame Jahre gesucht habe.«
    Laurence wollte sich wütend erheben, doch Lady Antonia hielt ihn zurück. Sie schnitt dem Bastardenkel des verrückten Königs George eine Grimasse. »Stehen Sie auf, Sie Narr, bevor ich Ihren frechen Antrag annehme.«
    Pierce und Dameron brachen in helles Lachen aus, Lady Fordham und Laurence kicherten nervös. Doch Ivan verzog nicht einmal seine Lippen. Lady Antonia wandte sich an seinen kecken Freund. »Ich bedaure es, daß mein Enkelsohn kein Quentchen Ihres Witzes besitzt, Mr. Blackburn.«
    »Sein Mangel an Witz ist auch uns schon oft aufgefal-len«, erwiderte Blackburn. Doch Antonia wartete auf eine Antwort von Ivan.
    »Sie wünschen, daß ich
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