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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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macht, brechen selbst bei einfachen Arbeitsaufträgen lange Diskussionen vom Zaun und arbeiten selten zuverlässig selbstständig nach Anweisung. Wir haben daher eine steigende Zahl von Auszubildenden, die die Lehre abbrechen.
    Wenn nicht rasch erkannt wird, dass in den meisten Fällen dahinter kein Unwille, sondern Unvermögen aufgrund der fehlenden psychischen Entwicklung dieser Heranwachsenden steht, wird sich Deutschland als Industrienation, die Unternehmen von Weltrang mit entsprechend qualifizierten Mitarbeitern hervorbringt, mittelfristig selbst abschaffen. Deshalb sollten wir uns in Kindergarten, Schule und Ausbildungsbetrieben für diese Entwicklung unserer Kinder und Jugendlichen verantwortlich fühlen. So viele gut ausgebildete Fachkräfte kann auch aus dem Ausland niemand ins Land holen wie gleichzeitig bei uns wegbrechen. Zumal die von mir beschriebenen Probleme in der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in allen Industrieländern zu beobachten sind. Böse gesagt: Es gibt nicht nur deutsche Kinder, die zu nicht lebenstüchtigen Erwachsenen werden, es gibt auch englische, französische, spanische, schwedische und viele mehr.
    Unter anderem durch den Blick über die Grenzen und die Feststellung, dass andere Länder ähnliche Probleme haben, lässt sich auch schnell erkennen, dass wir es hier nicht unbedingt mit einer grundsätzlichen Krise des Bildungssystems zu tun haben. Eine solche ließe sich vielleicht ansatzweise beheben, indem man etwa skandinavische oder kanadische Modelle adaptiert, wie es gern gefordert wird.
    Die Krise, über die ich spreche und schreibe, ist eine Krise der emotionalen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen, die ihre Auswirkungen logischerweise im Bereich des Bildungswesens zeigt. Nicht altersgemäß entwickelte Kinder können zwar gute schulische Leistungen erbringen, wie ja auch das Beispiel von Dennis zeigt. Dies allerdings nur dann, wenn sie sich für diese Leistungen nicht großartig anstrengen müssen. Sie laufen jedoch an irgendeiner Stelle – bei Dennis ist es das Sozialverhalten – auf eine Art und Weise aus dem Ruder, die sich auch nicht mehr mit kindlichem Übermut, gelegentlichem Frechsein oder später mit der Pubertät begründen lässt. Dabei ist im Beispiel noch nicht einmal der Einbruch selbst das Hauptproblem, sondern die fehlende Einsicht in die Konsequenzen und die fehlende Empathie im Hinblick auf den kleinen Bruder Nick.
    Der Schlüssel zu einer nachhaltigen Veränderung der misslichen Situation bei vielen Kindern, die mir in meiner Praxis täglich begegnen, liegt in der emotionalen und sozialen Psyche des Menschen. Hinter den Auffälligkeiten der meisten Kinder, die heute zu mir kommen, steht als Ursache eine nicht ihrem Alter entsprechende Entwicklung dieser Psyche. Sie sind auf der Stufe von Kleinkindern stehen geblieben, eine Tatsache, die mir seit Ende der Neunzigerjahre begegnet. Diese Entwicklung hat nichts mit der herkömmlichen Frage von Erziehung zu tun.
    Wenn wir uns nämlich die Frage stellen, warum wir leben können, wie wir heute in den meisten Fällen noch miteinander leben – friedlich und bisweilen freundschaftlich –, dann lautet die wichtigste Antwort darauf: weil wir eine entwickelte Psyche im Bereich der emotionalen und sozialen Kompetenz besitzen. Aufgrund unbewusster Beziehungsstörungen vieler Erwachsener Kindern gegenüber findet die Entwicklung der Psyche bei immer mehr Kindern nicht mehr statt. Da muss der Blick hin, damit wir die emotionale und soziale Psyche entwickeln und stärken können.
    Eine Grundlage für funktionierendes Zusammenleben und Ausdrucksform emotionaler und sozialer Kompetenz ist etwa die Empathie, also die Fähigkeit, sich in andere einfühlen zu können. Empathie ist beispielsweise wichtig für unsere Wahrnehmung anderer Menschen. Sie lässt uns erkennen, was unser Gegenüber fühlt oder braucht, und wir handeln entsprechend.
    Empathie ist jedoch längst nicht das Einzige, was die Entwicklung der emotionalen und sozialen Psyche nach außen sichtbar macht. Dazu gehören diverse weitere Dinge wie Arbeitshaltung, Verantwortungsbewusstsein oder eine erkennbare Gewissensinstanz, also beispielsweise ein ausgeprägtes Unrechtsbewusstsein.
    Junge Menschen, deren emotionale und soziale Entwicklung so große Defizite aufweist wie oben beschrieben, werden auf dem Arbeitsmarkt keine Chance haben, weil sie nicht in der Lage sind, einen kompletten Arbeitstag mit seinen Anforderungen und Anstrengungen
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