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SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)

Titel: SOS Kinderseele: Was die emotionale und soziale Entwicklung unserer Kinder gefährdet - - und was wir dagegen tun können (German Edition)
Autoren: Michael Winterhoff
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sieht Jugendliche in Deutschland als notorische Nörgler, die ›keinen Bock‹ auf Pflichtbewusstsein haben. Der Leistungsdruck würde herbeigeredet. ›Vor 15 Jahren sah es für junge Leute auf dem Arbeitsmarkt weit schlechter aus als heute. Damals haben Noten noch wirklich eine Rolle gespielt, wenn man weiterkommen wollte.‹ Heute hingegen dächten Schulen darüber nach, das Sitzenbleiben abzuschaffen. ›Wir züchten eine Generation unselbstständiger, verzogener und chronisch unzufriedener Menschen heran, die immer dann mosern, wenn der Spaß an einer Sache zurückbleibt.‹« 1
    Es ist im Übrigen eine große Gefahr, wenn die Kluft zwischen den Generationen breiter wird, weil heutige Erwachsene sich abwenden und gar keine Lust mehr empfinden, die Zustände zu ändern. Erwachsene sind jedoch dringend notwendig, um die Entwicklung der emotionalen und sozialen Kompetenzen von Kindern zu ermöglichen.
    Doch wie entwickelt sich eigentlich die emotionale und soziale Psyche im Kindesalter? Was müssen wir Erwachsenen beachten, damit Kinder in ein normales Zusammenleben von Menschen hineinwachsen und mit zunehmendem Alter selbstbewusst ihren Platz im Leben finden?
    Zunächst möchte ich an zwei kleinen Beispielen zeigen, welche Folgen eine emotionale und soziale Nichtentwicklung haben kann. Wie immer handelt es sich auch hier um reale Fallbeispiele, selbst wenn es auf den ersten Blick wirken mag, als könnten sie nur erfunden sein.
    Maximilian, vierzehn Jahre alt, ist ein gut erzogenes und intelligentes Kind und besucht das Gymnasium. Mittelschichtfamilie, die Eltern leben getrennt. Als die Mutter mit ihm zu mir in die Praxis kommt, schildert sie mir, dass er seit etwa einem Jahr nicht mehr zu kontrollieren sei. »Er hört nicht auf mich«, berichtet sie mir ratlos, fast verzweifelt, während Maximilian stumm und trotzig neben ihr sitzt. »Er beschimpft mich mit zum Teil äußerst vulgären Ausdrücken, er geht und kommt, wann er will, vor Kurzem ist er sogar über Nacht weggeblieben, ohne mir vorher Bescheid zu sagen! Und einmal hat er mich sogar mit einem Messer bedroht. Vielleicht ist das ja die Pubertät?«
    Nein, ist es nicht. Aber dazu später.
    Nach der Messerattacke kam Maximilian in eine Jugendschutzstelle. Das ist eine Möglichkeit, Jugendliche, die nicht mehr zu Hause bleiben können, ohne Wartezeit extern unterzubringen und ihnen durch Fachkräfte zu helfen. Aus dieser entfernte er sich jedoch ständig, sodass er zuletzt nur noch in einer Notunterkunft für Jugendliche über Nacht bleiben konnte. Dort werden Jugendliche aufgenommen, die jede Hilfe ablehnen. Man versucht hier, an sie heranzukommen und Einsicht zu erreichen, sodass sie sich anschließend auf eine wirkliche Hilfsmaßnahme einlassen.
    Auch in diesen Einrichtungen zeigte Maximilian keinerlei Respekt. Er bedrohte die Erzieher, und wenn er unterwegs war, dann meist gemeinsam mit anderen kriminellen Jugendlichen; Rauchen, Kiffen und Alkohol waren normal. Auch zu Körperverletzungen, Raub und Diebstahl kam es bereits, die Polizei hatte ihn mehrfach aufgegriffen und zur Jugendschutzstelle zurückgebracht.
    Als ich nun den Jungen mit seiner Mutter, die ihn von der Einrichtung abgeholt hatte, vor mir sehe, bin ich ob der Vorgeschichte aus den Akten überrascht. Maximilian wirkt smart, auch jünger, keineswegs unterdurchschnittlich intelligent, und auch die gute Erziehung, die er bekommen hat, ist durchaus zu spüren.
    Die Gespräche mit ihm sind jedoch ernüchternd. Er hat ob seines Lebenswandels keinerlei Gewissensbisse, zeigt null Problemeinsicht. Konfliktzusammenhänge zu erkennen, ist ihm trotz bester Intelligenz nicht möglich, stattdessen unterbricht er häufig das Gespräch und stellt Gegenfragen. Es ist offensichtlich, wie er versucht, sein Gegenüber, also in diesem Fall mich, zu steuern.
    Im Verlauf des ersten Gesprächs prahlt er mit seinen Taten und sogar mit dem möglicherweise drohenden Arrest. Dass er sich selbst und zum Teil auch andere Menschen mit seinen Taten in Gefahr bringt, was seine Mutter fühlt und denkt: alles egal. Wenn er nicht bekommt, was er will, bedroht er andere Menschen.
    Maximilian ist auch später in keiner Einrichtung länger zu halten, weil er immer wieder sich und andere in Gefahr bringt. Heute befindet er sich im Rahmen einer Intensivmaßnahme im Ausland, und es gibt erste Anzeichen, dass die besonderen Möglichkeiten dort für eine positive Entwicklung sorgen werden.
    Dieser Fall, der extrem klingt, ist leider
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