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Sonnenscheinpferd

Sonnenscheinpferd

Titel: Sonnenscheinpferd
Autoren: Steinunn Sigurðardóttir
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legte sie ihm deswegen in den Sarg, ohne jemanden um Erlaubnis zu bitten. Erst dachte sie daran, sie zu fotokopieren oder abzuschreiben, aber sie hörte auf eine innere Stimme, die ihr davon abriet, und sie unterließ es.

    WEGBESCHREIBUNG
    zu einem Sommerhaus mit hellblauem Dach,
    kurz hinter dem Wasserfall mit dem Felsenloch.

    Es wird kein Wölkchen am Himmel sein, keine einzige Wolke gemäß der Wettervorhersage, wenn Du, meine Freundin aus alter Zeit, in Deinem Sportwagen am sagaträchtigen Hang entlang auf den Spuren der Vorzeithelden fährst. Du bist dort sicher öfter gewesen, aber wohl nicht ganz bis zum Sommerhaus gefahren. Ich habe es die ganze Zeit über, die ich im Ausland verbrachte, behalten, war aber nur ganz selten dort. Es ist nicht verfallen, denn Verwandte von mir haben sich darum gekümmert und durften es im Gegenzug nutzen. Ach, das gehört nicht zur Sache.
    Wirf einen Blick auf die Kirche von Breiðabólsstaður, aber achte auf die unbefestigten Straßenränder. Sie ist eine von dreien in Island in dieser Zentralbauform, und rings herum sind schöne Grabstätten. Dort liegt meine Großmutter begraben – mit Blick auf den Eyjafjallajökull, wie er von Jónsson gemalt wurde – , der Gletscher, den Halldór Laxness bestiegen hat, damit daraus der letzte Gang des Dichters in Weltlicht werden konnte, und die Erkenntnis: Dort herrscht allein die Schönheit.
    Aus dem Dachfenster meines Hauses wirkt dieser Zauberberg Islands etwas roher und begrenzter als von Breiðabólsstaður aus. Aber nicht weniger interessant, wie Du selber feststellen wirst. Die Straße am Hang entlang führt an den geheimnisvollen Weiten von Þríhyrningur entlang, der mal zu sehen ist und mal nicht. Die Bauern aus der Saga vom weisen Njáll preschten ständig um den Berg herum, um dort zu kämpfen oder einander aufzulauern. Achte auch hier wieder auf die Straßenränder und die Durchlässe mit den Wellstahlrohren, wo sich die Straße verengt. Du kommst an Kirkjulækjarkot vorbei, wo die Pfingstgemeinde aus dem Buch der Bücher liest und Zähneknirschen am Ort des Bösen verkündet, und die Kinder im Sommerlager lauschen mit klappernden Zähnen. Genau das tat ich auch.
    Ich bin mir sicher, dass Du den langen Hang so schön finden wirst wie Gunnar, der Held aus dieser Saga, der zur Jahreszeit der fahlen Felder dorthin zurückkehrte, zu seinem Hof Hlíðarendi am Ende des Hangs, und ich hoffe, Du wirst ebenfalls wieder und immer wieder dorthin zurückfinden.
    Vom Wasserfall mit dem Felsenloch und dem kleinen Hain aus ist es gar nicht mehr weit. Am Tor zur Auffahrt steht «Glückshang» , meine Mutter wollte es so haben. Das Tor ist hellblau wie das Dach des Hauses, und wegen der Bäume kannst Du nur das Dach sehen. Sie gehören zu den beiden Sommerhäusern nebenan. Meine Familie hat keine Bäume gepflanzt, wir leben im Windschatten derer, die andere gepflanzt haben.
    Allein auf der Welt, umgeben von Landschaft, ohne sie durch die dichten Birken hindurch zu sehen, ohne Häuser oder Menschen zu sehen, hingegen werden wir Vögel und Maivögel sehen, und aus dem Plätschern des Bachs das allumfassende Rauschen heraushören, während wir den ersten Kaffee am Morgen trinken; und die Wettervorhersage stimmt, kein Wölkchen am Himmel.

Informationen zum Buch
    Erinnerungen unter Eis

    Nach fünfundzwanzig Jahren begegnet Lilla, auf Deutsch «die Kleine», ihrem Geliebten aus Jugendtagen wieder. Er lädt sie für ein Wochenende in sein Landhaus ein, und beide hoffen, sich einander wieder annähern zu können. Ein dramatisches Ereignis hatte ihre Liebe damals absterben lassen. Das Treffen fördert nun die Schatten der Vergangenheit zutage: Erinnerungen an den kleinen Bruder, um den Lilla sich schon früh kümmern musste. An ihre Mutter, die nicht fähig war, ihre eigenen Kinder zu lieben. An das deutsche Kindermädchen Magda, das ihr so viel bedeutete – bis es die Familie verließ. Aber eines ist sicher: Lilla will endlich ein Sonnenscheinkind werden.

    «Raffiniert, verschlungen und rätselhaft.» . (FAZ)

    «Steinunn Sigurðardόttir schreibt treffsicher, ironisch, mal salopp, oft angenehm lakonisch, und plötzlich wird sie poetisch – dann spricht die Lyrikerin.» . (Neue Zürcher Zeitung)

    «Eine literarische Köstlichkeit.» . (Radio Berlin-Brandenburg)

    «Steinunn Sigurðardóttir erweist sich mit ihrem neuen Roman einmal mehr als Melancholikerin von Rang. Komisch, phantasievoll und poetisch.» . (Berliner
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