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Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)

Titel: Sommersonnenwende (Winterwelt Trilogie) (German Edition)
Autoren: Nicole Stoye
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beendete er den Satz. „Ein Vorwand, den wohl kaum jemand infrage stellen würde.“
    „Aber wie ...?“
    „Der Percht hat dich angelogen“, entgegnete er grinsend. „Loyalität scheint zeitweilig ihre Vorteile zu genießen. Und damit meine ich nicht nur die des Perchten seiner Herrin gegenüber, sondern auch die, die du ihr entgegengebracht hast.“
    „Trotzdem werde ich irgendwie dafür geradestehen müssen. Immerhin habe ich Emily zweimal außerhalb der Zeiten aus dem Holunderwald fortgebracht. Und ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass sie auch noch die Sehkraft ihres zweiten Auges für mich einbüßen muss.“
    „Ja, nur, dass du beim zweiten Mal bereits eine Halbgöttin gewesen bist. Götter, ganz gleich ob halb oder vollkommen, sind unfehlbar. Hat dich das niemand gelehrt? Du siehst, eine Göttin zu sein hat durchaus seine Vorteile, selbst, wenn man keine Feuerbälle mit den Händen schleudern kann.“
    Arrow errötete. „Sag mal, kannst du etwa auch meine Gedanken lesen?“, fragte sie erbost. „Man sollte doch meinen, wenigstens ein Mindestmaß an Privatsphäre genießen zu dürfen.“
    Der Puka kicherte. „Zu meinem Bedauern kann ich keine Gedanken lesen. Aber über deinen erwartungsvollen Blick, als du deine Hand ausgestreckt und im Anschluss dumm aus der Wäsche geguckt hast, werde ich mich in hundert Jahren noch amüsieren.“
    Er machte keine Anstalten, sich ihr gegenüber zurückzuhalten und zu allem Überfluss folgte dem Kichern ein schallendes Gelächter.
    „Warum haben die Tugenden dich zu ihrem Boten ernannt?“, fragte sie, als er sich wieder beruhigt hatte.
    „Ganz einfach. Es ist nicht aufgefallen. Wir Pukas wenden uns nie wirklich einer ganz speziellen Seite zu, denn was immer wir tun, ist weder sünd- noch tugendhaft. Wir haben unserer eigenen Gesetze und stören uns wenig daran, diese auch mal außer Kraft zu setzen. Es gibt kein Schema, in das wir passen, und es lebt sich ganz gut damit.“
    „Und warum hast du ihnen dennoch geholfen, wenn dir deine Unabhängigkeit doch so viel bedeutet?“
    Er deutete ein Schulterzucken an. „Wer weiß? Vielleicht ist mir ja ein Leben unter Marionetten wenig reizvoll erschienen. Vielleicht habe ich es getan, weil sie mich an einem Dienstag darum gebeten haben. Vielleicht ist mir aber auch einfach nur danach gewesen. Letzten Endes ist das wohl einer der Punkte, die ich nie jemandem offenbaren werde. Denn bei all den Abenteuern, die mein Ausflug in die Tugendhaftigkeit so mit sich gebracht hat, ziehe ich es dennoch vor, ein Puka zu sein.“
    „Verrätst du mir noch, warum du mir das alles in einem Traum mitteilst? Wäre es nicht sehr viel einfacher gewesen, mir wie gewohnt irgendwo aufzulauern?“
    „Dann hätte ich womöglich noch riskiert, dass uns jemand belauscht“, winkte er ab. „Schließlich habe ich einen Ruf zu wahren. Auf dem Weg, den ich letzten Endes gewählt habe, haben wir beide etwas davon. Du hast nun endlich all die Antworten, die du so lange begehrt hast. Und ich? Ich muss mir nicht die Mühe machen, dich vor Rätsel zu stellen, die du in den nächsten zwölf Jahren noch nicht gelöst hättest. So endet jedoch jetzt und hier meine Arbeit und unsere Wege trennen sich.“
    Der Puka wandte sich um und während er davon ging, schwanden seine Umrisse zusehends.
    „Ach“, sagte er schließlich und warf ihr noch einen letzten Blick zu, „vielleicht solltest du lieber noch einmal nachsehen, ob die Bücher wirklich noch immer in der gleichen Reihenfolge sortiert sind.“
    Dann erstrahlte ein helles Leuchten und er verschwand.
    Fragenden Blickes schaute Arrow sich um und tatsächlich fiel ihr sofort ein Buch ins Auge, das sich nicht nur an einem anderen Platz befand, sondern welches sie zudem auch nie zuvor gesehen hatte. Neugierig entnahm sie es aus dem Regal, schlug es auf und schon allein beim Anblick der Handschrift hielt sie den Atem an.

    Meine geliebte Tochter,
    vermutlich bist du schon zu einer jungen Frau herangewachsen. Vielleicht hast du treue Freunde gefunden, wie ich sie in deinem Alter hatte, und vielleicht lassen deine Handlungen die gute Anne ebenso oft den Kopf schütteln, wie es die meinen einst taten. Verwunderlich wäre dies nicht, denn es bedeutet, dass du nach deinem Vater kommst und unsere Anne in ihrer liebevollen Weise ebenso wenig Konsequenz bei dir walten lassen kann, wie es bei mir der Fall gewesen ist. Doch ich bin sicher, dass du ebenso eine einfühlsame und geduldige Seite besitzt, die sie bei
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