Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommerkussverkauf

Sommerkussverkauf

Titel: Sommerkussverkauf
Autoren: Jill Mansell
Vom Netzwerk:
Schnäppchen. Ihre Kontaktlinsen waren wieder dort, wo sie hingehörten, in ihren Augen, und die gefürchtete Brille war auf den Nachttisch verbannt worden. Die arme, alte Brille – sie war im Grunde gar nicht übel, und sie verdiente es eigentlich nicht, mit so viel Verachtung und Abscheu behandelt zu werden. Aber Maddy hegte eine tiefe, psychologische Aversion gegen ihre Brille, hasste sie voller Inbrunst. Wenn man die gesamte Schulzeit über gehänselt und als Brillenschlange verspottet worden war, dann lag eine solche Reaktion nahe. Allein der Gedanke an ihre erste rosafarbene Plastikbrille mit dem Kassengestell reichte aus, um die alten Gefühle der Unzulänglichkeit wieder zum Leben zu erwecken. Sie war dann wieder neun Jahre alt und nicht nur kurzsichtig, sondern von bedauerlicher Unscheinbarkeit – das typische hässliche Entlein mit schlechtem Haarschnitt, schiefen Zähnen, bleichen Wimpern und dazu passenden Beinen. Kurzum, kein schöner Anblick. Folglich war es kein Wunder, dass sich alle gut und gern zwölf Jahre lang über sie lustig gemacht hatten.
    Na ja, wenigstens hatte es ihren Charakter gefestigt. Und Gott sei Dank war sie seit damals aufgeblüht.
    Der Verkehr in Bath war zu seinem üblichen morgendlichen Stillstand gekommen. Bei laufendem Motor inspizierte Maddy ihr Gesicht im Rückspiegel und stellte sicher, dass keine Cornflakesreste zwischen ihren Zähnen klebten (Zähne, die dank -einer Zahnspange nicht länger schief waren – und, o ja, ihr zweiter Spitzname hatte Metallmickey gelautet. In der Schule war sie der Brüller gewesen.)
    Maddy strubbelte sich durch ihr Haar – es war blond, stufig geschnitten und reagierte positiv auf kurzes Zerzausen – und lächelte ihr Spiegelbild versuchsweise an, so wie sie bald … äh … Dingsbums anlächeln würde. Supermann. Idiotischerweise hatte sie ihre ruinierte weiße Hose am Sonntagmorgen in den Müll geworfen und ganz vergessen, dass seine Visitenkarte immer noch in der Hosentasche steckte. Na ja, auch egal. Sie würde seinen Namen bald persönlich herausfinden.
    Noch ein rasches Probelächeln und Maddy war sich sicher, dass sie ganz passabel aussah (Gott segne den Erfinder der Wimperntusche) und ihre Nase trotz der Hitze nicht glänzte. Sie trug ein türkisfarbenes Top, einen rosa Rock, der über den Knien endete, und grün-rosa-gestreifte Sandalen – hübscher als ihre übliche Uniform aus T-Shirt und Jeans.
     
    Die Büroräume lagen im obersten Stockwerk von Claremont House. Maddy parkte auf dem Besucherparkplatz, lieferte die übliche Bestellung bei den Buchhaltern im ersten Stock aus, bevor sie die Treppe hinaufstieg. Durch eine Glastür sah sie eine dralle Person, die hinter einer eleganten, weißgelben Empfangstheke eifrig auf einer Tastatur herumtippte. Als Maddy versuchte, sich und die Kühlbox durch den engen Türrahmen zu manövrieren, sah die Frau auf. »Hallo, ich komme von Peach-Tree-Delikatessen. Ich wurde gebeten …«
    »Herrlich, Sie sind da!« Die Frau unterbrach sofort ihre Arbeit und sprang auf. »Man hat uns schon gesagt, dass Sie kommen würden – ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie aufgeregt wir alle sind. Wir sind es so was von leid, wie Blunketts unsere Bestellungen ständig durcheinanderbringt, aber irgendwann gewöhnt man sich einfach an deren langweilige Sandwiches, finden Sie nicht auch? Und wenn sie dann etwas bringen, was einem tatsächlich schmeckt, dann ist das wie ein Gottesgeschenk … o toll«, fuhr sie glücklich fort, als Maddy den Inhalt der Kühlbox herausholte, die blauweißen Teller aufreihte und sie geschickt aus ihrer Zellophanhülle schälte. Innerhalb von Sekunden stand ein halbes Dutzend Leute um sie herum, alle gierig angesichts der Aussicht auf kostenloses Essen. Aber von Supermann war nichts zu sehen.
    »Ist … äh … Ihr Chef da?«
    »Telefoniert in seinem Büro mit einem Kunden. Er kommt sofort – klasse, ist das Räucherlachs?« Die Empfangsdame sah aus, als liefe ihr das Wasser im Munde zusammen. »Und womit ist das hier belegt – irgendwas mit Hühnchen?«
    »Hühnchen mit Estragonmayonnaise. Hier ist eine Übersicht unseres Angebots, und hier ist unsere Preisliste.« Maddy spürte, wie ihr Herz zu galoppieren begann, als irgendwo außerhalb ihres Blickfeldes eine Bürotür geöffnet und wieder geschlossen wurde. Ganz plötzlich wurde ihr klar, wie sehr sie sich darauf freute, ihren Retter wiederzusehen. Sie betete, dass sie nicht erröten würde.
    »Das wird aber auch Zeit«,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher