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Sommerkussverkauf

Sommerkussverkauf

Titel: Sommerkussverkauf
Autoren: Jill Mansell
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auf und schleuderte April in die Höhe. Laut dem Gerichtsmediziner war sie wahrscheinlich gleich nach dem Aufprall tot.
    Robert und Marcella waren zutiefst verstört. Ihre Trauer wurde bei der Verhandlung noch verschlimmert, als von der Verteidigung angedeutet wurde, Aprils Behinderung habe zu dem Unfall beigetragen. Sie sei auf der Straße gegangen, als der Wagen um die Kurve gefahren sei.
    »April ist niemals auf der Straße gegangen«, erregte sich Marcella. »Sie ist immer auf dem Gehweg geblieben. Wie können die es wagen, so etwas zu sagen, nur um diesen wehleidigen, kleinen Arsch vom Haken zu kriegen?«
    Am Ende gelang das nicht, und der wehleidige, kleine Arsch, Kerr McKinnons kleiner Bruder, wurde des verkehrsgefährdenden Fahrens für schuldig befunden. Der siebzehnjährige Den McKinnon wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, was Robert und Marcella überhaupt nicht genügte.
    »Zwei Jahre«, weinte Marcella auf den Stufen vor dem Gerichtsgebäude, so wütend, dass sie die Worte kaum hervorpressen konnte. »Zwei Jahre … wie kann das genug sein für jemand, der unser wunderhübsches Mädchen getötet hat? Wenn ich diesen mörderischen Schweinehund jemals wiedersehe, erwürge ich ihn mit bloßen Händen, das schwöre ich.«
    Marcella hatte in jenen dunklen Tagen viel geschworen und geflucht, nicht zuletzt, als sich in Ashcombe das Gerücht verbreitete, die Mutter des jugendlichen Fahrers habe vor dem Gerichtssaal gesagt, es sei ja nicht so, als ob die Harveys ein normales Kind verloren hätten, wo doch jeder wisse, dass die Kleine nicht ganz richtig gewesen sei. Als Marcella das hörte, konnte man sie kaum noch bändigen. »Mein Gott, haben diese Leute denn gar keine Gefühle? Was wollen sie damit sagen, dass man uns quasi einen Gefallen getan hat, weil unsere April an Zerebrallähmung litt? Dass sie zu töten nicht schlimmer war, als wenn man ein Tier überfährt? Wollen die das damit sagen? Habe ich mich da auch nicht verhört?« Mit verstörtem Blick riss sie sich vor Verzweiflung buchstäblich die Haare aus. »Was sollen wir ihrer Meinung nach tun, um uns aufzuheitern? Uns ein süßes, kleines Hoppelhäschen kaufen?«
    Aber im Laufe der Monate schenkten sich die Familienmitglieder gegenseitig Kraft. Die Liebe ließ sie durchhalten. Irgendwie überlebten sie und lernten, wieder glücklich zu sein. Marcella und Robert machten es sich zur Aufgabe, den Rest der Kindheit von Maddy und Jake idyllisch zu gestalten, und als Maddy in einem Schulaufsatz schrieb, sie habe die absolut beste Mum und den absolut besten Dad der ganzen Welt, da wusste sie, anders als all die anderen Kinder in ihrer Klasse, die das nur annahmen, dass sie die volle Wahrheit geschrieben hatte.
     
    Estelle war rechtzeitig genug in Heathrow eingetroffen, um ihre Tochter vom Flugzeug aus New York abzuholen. Jetzt wartete sie in der Ankunftshalle auf Kate und musste feststellen, dass sie von einer aufgeregten Familie umzingelt wurde, die ein riesiges, selbstgefertigtes
Willkommen-zu-Hause
-Plakat aufrollte. Estelle war gerührt von ihrem Anblick und fragte sich, wie Kate reagieren würde, wenn sie durch die Pforte käme und ihre Mutter mit einem
Willkommen-zu-Hause
-Plakat vor sich sähe. Tja, besser nicht. Es war nicht die Art von Geste, die Kate schätzte. Irgendwie waren sie nie so eine Familie gewesen.
    Das Kleinkind in dem Kinderwagen neben Estelle spuckte seinen Schnuller auf Estelles Schuhe. Sie hob ihn auf und reichte ihn dem Kind, wofür sie mit einem grimmigen Gesichtsausdruck bedacht wurde, als ob das ihre Schuld gewesen sei. Das erinnerte sie sehr daran, wie Kate in seinem Alter gewesen war – die hochmütige Einstellung, die Gleichgültigkeit. Estelle richtete sich wieder auf und unterdrückte die Schmetterlinge in ihrem Bauch.
Natürlich
liebte sie Kate. Aber sie hatte auch ein wenig Angst vor ihr.
    O Gott, was für ein schrecklicher Gedanke. Sie hatte keine Angst, sie war nur eingeschüchtert. Kate hatte das etwas unzugängliche Wesen ihres Vaters geerbt, was zur Folge hatte, dass Estelle nur schwer Zugang zu ihrem Kind fand. Die emotionale Distanz zwischen Mutter und Tochter hat sich während Kates Schulzeit immer weiter vergrößert. Estelle war nie davon überzeugt gewesen, Kate auf das extrem teure Ridgelow Hall Internat zu schicken, aber Oliver war unnachgiebig geblieben. »Kannst du dir vorstellen, was aus ihr wird, wenn wir sie in die nächstbeste öffentliche Schule schicken?«, hatte er gesagt. »Meine Güte,
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