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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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leider keine Minute mehr
mit Dir sprechen, nachdem Du so aufgeregt durchs Fenster schriest, ich solle
sofort herüberkommen. Als ihr weg wart, fragte ich Eure Mädchen, wann
eigentlich Eure Reise beschlossen wäre, und sie sagten, gestern abend hätten
die Handkoffer plötzlich herunter müssen. Da Du ein so böses Gesicht machtest
und mir noch zuflüstertest, es hinge mit Martin zusammen, fing es an, langsam
in mir zu dämmern. Natürlich hatten Deine Eltern Angst, daß Martin Leutnant B.
wieder mitbrächte, wie letztes Mal, als Martin bei Euch wohnte. Es ist ja nicht
zu blasen!
    Aber nun kommt Dein Triumph: Du kannst
Deinen sonst so sparsamen Eltern mitteilen, daß sie das viele Reisegeld für
drei Personen hätten sparen können, denn Martin ist heute mittag ohne B.
angekommen. Ich habe ihm sofort alles erzählt. Er und B. lassen Dich herzlich
grüßen. B. hat tatsächlich mit hierherkommen wollen, aber er hat keinen Urlaub
gekriegt. Martin hat es letztes Mal so gemütlich bei Euch gefunden — besonders
den Tee oben bei Dir mit B. Allerdings hätte er abends nachher schon den
Eindruck gehabt, daß B.s Besuch Deinem Vater sehr unangenehm gewesen wäre. Er
mag nun mal keine Marineoffiziere. Wahrscheinlich haben sie den Entschluß
gefaßt, Dich zu entführen, nachdem ich gestern nachmittag ahnungslos erzählte,
daß Martin heute zu uns kommen wollte. Martin ist reizend wie immer, und morgen
mehr.
    In Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    An
    Fräulein Bertha Elking, Berlin,
    Hotel du Nord, Unter den Linden
     
     
    Bremen, Oktober 93
    Liebe einzige Bertha!
    Nun ist Martin also weg — Vorbei — Schluß.
Hoffentlich kommt Ihr bald zurück, damit ich Dir alles in Ruhe erzählen kann.
    Also einen Abend in Onkel Herberts
Loge: «Carmen» mit der Bétaque, ganz fabelhaft! Martin und ich gingen nachher
mit Onkel Herbert nach Haus. Als wir allein vor unserm Tor standen, sagte
Martin, es sei so schöne Luft, wir wollten noch mal die nächste Contrescarpe
hinuntergehen. Er war so bezaubernd und sprach von der langen Trennung und daß
ihm der Abschied so schwer würde von Deutschland und von mir. Er fährt erst mit
der Kosmos-Linie nach Chile und trifft dann drüben S. M. S. Maria. Ich fragte
ihn, ob er die Bétaque nicht göttlich gefunden hätte als Carmen. Da antwortete
er: «Wie kann ich denn eine andere Frau göttlich finden, wenn ein so süßes
kleines Mädchen neben mir sitzt?»
    Es war schön, so in der milden reinen
Abendluft und in Ruhe mit ihm zu sprechen.
    Am anderen Morgen bat er mich, mit ihm
im Bürgerpark spazierenzugehen. Auch das war herrlich. Man ist bei ihm so geborgen,
und ich würde sicher glücklich mit ihm werden. Aber ich kann ja nicht richtig
lieben, es ist ganz entsetzlich.
    Den zweiten Abend waren wir alle im
Ratskeller. Er wollte gern Julie mithaben, die mit einem Marineoffizier verlobt
sein soll, und dann seinen Bruder. Es war furchtbar nett und gemütlich. Aber
einmal war er sehr böse mit mir, und darüber muß ich jetzt nachdenken. Ich
hatte nachmittags Magenschmerzen gehabt, und abends gab es nun Hummer. Er sagt,
ich sollte mir Kükenragout bestellen. «O bewahre», sagte ich, «ich esse
natürlich Hummer. Wenn irgend etwas mich sehr lockt, tue ich es immer und halte
die Schmerzen nachher aus.» Da sagte er: «Das ist das erste Mal, daß ich einen
wirklichen Fehler an dir entdecke — das ist doch eine große Schwäche — , man
hat doch einen Willen und eine Einsicht. Wenn ich zum Beispiel ein Mädchen
begehren würde und wüßte, daß sie mich später unglücklich macht, so würde ich
sie auch nicht heiraten.» Ich sagte: «Meinst du mich mit dem Mädchen?»
Da sagte er: «So was kannst nur du sagen, aber bleibe nur so, wie du bist, mit
allen deinen Schwächen.»
    Liebste Bertha, denke Dir, da hat er
einen bösen Punkt bei mir getroffen! Natürlich habe ich da wirklich ein Manko.
Ich bin schwach im Charakter und nicht sicher wie Du. Wenn irgend etwas im
Moment mich lockt und verführt, so greife ich sofort zu, ohne an die Folgen zu
denken. Das ist doch ganz schlimm, und Du mußt mir das noch austreiben.
    Martin fragte Papa, wann er ihn wohl
nochmal sprechen könnte. Papa war reizend mit ihm und nahm ihn mit in sein
Zimmer. Ich holte Anna und setzte sie auf die Hundetreppe, um aufzupassen, wie
lange die Unterredung dauern würde. Sie kam nachher und sagte, eine halbe
Stunde. Dann ging Martin zur Stadt. Mittags hat er noch mit uns gegessen und
dann den Eltern Adieu gesagt. Ich saß bis ½ 4 mit
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