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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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fest
verschlossen ist. Immer, wenn ich Dir geschrieben habe, bin ich irgendwie
erlöst und gebe mir Rechenschaft ab über das, was ich tat und sagte. Wie mag
sich nun Dein John später zu meinen Briefen stellen? Überlege es mal mit ihm.
    Nun will ich Dir aber von uns erzählen.
Wir waren ja nur einen Tag in München und nachmittags zum Tee bei Egons Eltern.
Es waren da noch andere Menschen, auch Herr und Frau von Vincenti, und ich fand
das sehr taktvoll. Das Haus in der Lenbachstraße ist sehr schön und alles sehr
gut aufgezogen. Nach dem Tee sagte Egon, er wollte mir nun sein Arbeitszimmer
zeigen. Ich ging mit ihm, und wir setzten uns gleich an den Sofatisch. Er fing
gleich an, zu fragen, wie es mir im Winter ergangen sei, und dann fragte er:
«Wie ist es nun, Marga, haben Sie mich vergessen oder denken Sie noch an
Kreuth?» Ich hatte mir schon vorher überlegt, was ich sagen wollte: «Erinnern
Sie noch mein Versprechen von der Hohlenstein-Alpe, Ihnen immer die Wahrheit zu
sagen? Das will ich nun jetzt auch halten. Zuerst habe ich viel an Sie gedacht,
aber dann ereignete sich ein Zwischenfall.» «Ein Zwischenfall?» fragte er ganz
erstaunt. «Ja», brachte ich etwas mühsam heraus, «wie soll ich es nennen, — ich
lernte einen anderen kennen!» Er sprang sofort auf und sagte sehr erregt: «Ja, ich
habe es natürlich verkehrt gemacht, ich hätte Sie gleich in Kreuth fragen
sollen. Aber ist denn da schon bei Ihnen eine Verlobung oder etwas Derartiges
in Sicht?» Ich: «Absolut nicht, ich weiß nicht mal, ob ich ihn wiedersehe, und
es sind ganz ungefangene Fische. Ich habe nur die reine Wahrheit gesagt.» Er
darauf ganz erleichtert: «Na, also, dann ist es doch noch gar nicht so weit.
Dann wollen wir noch einmal bis zum Sommer warten, bis wir uns in Kreuth wiedersehen,
und vielleicht wird dann doch alles gut. Wollen Sie mir versprechen, mir zu
schreiben, wenn sich wirklich etwas Ernsthaftes entschieden hat?» «Ja», sagte
ich, «das will ich», und gab ihm die Hand. Er war aber doch irgendwie verstört,
und das war mir ungemütlich, so daß ich sagte: «Wir wollen nun lieber wieder
herübergehen.» Abends waren wir mit ihm im Theater.
    Am anderen Tag fuhr er in der Bahn 1½
Stunden mit uns. Nachher fragte Papa, was nun zwischen uns besprochen sei. Ich
sagte, ich hätte ihm gestanden, daß ich nicht mehr an ihn dächte. Papa war
unglücklich und sagte, ich würde sicher noch einmal mit einem Taugenichts
abziehen, nachdem ich ja ernsthafte und wertvolle Männer verschmähte. Ich
konnte nur wiederholen, daß ich einfach nicht lieben könnte, und das sei ein
Manko in meiner Seele.
     
    Nun also Florenz! Diese wunderbar
herrliche Stadt, in der ich fortwährend denke, ob Dr. Retberg wohl um die
nächste Ecke kommt?? In jeder Galerie, in den Uffizien, beim Corso denke ich,
ob ich ihn jetzt wohl treffen werde. In der Tasche habe ich sein Visitenkartenetui
mit dem Zettel «Auf Wiedersehen im März im schönen Florenz». Als ich mit ihm im
Dezember bei Heinz und Rena aufführte, hat er schon immer von Florenz
gesprochen, und Anfang Januar auf dem Ball bei Grommés sagte er, er würde dann
von Florenz aus mit uns nach Rom fahren, um uns Rom zu zeigen. Wenn er nun
nicht kommen kann, müßte er doch auf alle Fälle mir schreiben. Nun frage ich
mich immer, ob ich den wohl liebe? Er hat eine so große Anziehungskraft
für mich, er ist zehn Jahre älter als ich, und seine Überlegenheit imponiert
mir. Auch seine Sprache ist so schön, und der ganze Mensch ist enorm
kultiviert. Aber siehst Du, ich habe auch viele anziehende Eigenschaften bei
Eugène, Hans W., Martin und Egon entdeckt, und darum war es doch keine Liebe.
    Papa zeigt mir rührend alles, alles !
Ich schreibe Dir nicht von all den Sehenswürdigkeiten, die ich im Baedeker rot
anstreiche. Da gibt es andere, die Dir das besser berichten können. Aber von
dem Besuch bei Mamas Tante, Marie du Frèsne, muß ich Dir erzählen, denn es war
ein wirkliches Erlebnis. Sie hat mit ihrem Sohn Adolphe eines der schönsten
Häuser von Florenz, einen richtigen Palazzo. Onkel Adolphe war Bankier und
machte im letzten Jahr bankerott. Er brach dann zusammen und ist noch im
Sanatorium. Wir sahen den Palazzo noch in voller Pracht, aber an den
Statuen, Bildern und wunderbaren Möbeln hingen schon die Zettel für die
Auktion, die einige Tage später stattfinden sollte. Ein Pferdestall mit sechs
Boxen ganz aus weißem Marmor! Das Schönste aber war der Gartenhof, der nach
drei Seiten von einem
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