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Sommer in Lesmona

Sommer in Lesmona

Titel: Sommer in Lesmona
Autoren: Magdalene Marga; Pauli Berck
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Tieres. Was
gibt es wohl Weicheres und Wärmeres als dieses Ohr?» Ich sagte: «Ach, so meinen
Sie das, aber etwas sonderbar ist es doch wohl, denn wenn ich denke, Sie würden
Melanie Bredlin damit durchs Gesicht wischen, dann wäre es doch überhaupt
undenkbar.» Da sagte er ganz ärgerlich: «Wie können Sie denn Melanie Bredlin
mit sich vergleichen?» — Diese Melanie ist ein bildhübsches, sehr elegantes
Mädchen, die ich aber nicht ausstehen kann. Sie ist sehr affig und eingebildet.
    Ich sehne mich sehr nach einem Brief
von Dir und bin in Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    Bad Kreuth, den 20. Juli 93
    Liebe liebste Bertha!
    Tausend Dank für Deinen lieben Brief!
Ich habe alles verschlungen, was Du schreibst. Natürlich finde ich es ganz
richtig, daß Du zu Deinem Bruder und zu der armen Frau hältst. Wie hart ist
Dein Vater, und wie schwer ist es für Dich, dazwischen zu stehen!
    Nun schreibst Du, Du brennst, zu
wissen, wie es hier weitergeht. Also ich will Dir alles erzählen. Er ist
dauernd mit mir zusammen, und die Eltern sind selig. Wie gern würden sie mich
als Gräfin P. sehen, aber ich fürchte, daß ich ihnen die Freude nicht machen
werde.
    Nun muß ich Dir etwas Rührendes von der
Mari erzählen, das ist die etwa 40jährige Sennerin an den Sieben Hütten, die
wir alle lieben. Neulich, als Egon weggeritten war und ich die Milch noch bei
ihr trank, sagte sie: «Na, na, Marga, da sei’n S’ nur a bisserl vorsichtig, daß
Sie Ihr Herz net verlirn, denn er ist doch schon ganz närisch.» Ich
lachte und sagte, ich wäre gar nicht närisch, und ob sie dächte, daß er der
Richtige für mich wäre? Da sagte sie: «Offen geschtand nei — er ist so a
gütiger Mensch, er würd Ihnen kein Haar net krümmen, aber irgendwo is er halt
doch a Sonderling. Ich denk, die Marga müßt a bisserl Schtabiler’n hab’n.»
    Also nun sind hier die zwei Bänke zu je
zehn Plätzen, die rechts und links von der Glasveranda stehen, von ganz
besonderem Interesse für die Stammgäste. Wehe dem Fremden, der sich ahnungslos
nachmittags auf diese Bänke setzen würde! Die eine Bank wird von unserer Alten
Garde besessen und die andere von Valckenbergs und deren Freunden. Wir haben
dort jeden Tag 4-Uhr-Tee — nur bei Regen in der Wandelhalle. Gestern saßen
Vincentis und die Gräfin P. schon unten mit den Eltern, während ich noch oben war.
Diese Bank ist direkt unter unserem Wohnzimmer. Mit einem Male höre ich unten
so ganz unterdrückt, aber ganz furchtbares Lachen. Ich bleibe hinter der
Gardine stehen, weil ich meinen Namen zu hören glaubte. Richtig! Nochmal
«Marga» und plötzlich «Hans W.» und «Closett». Die Gräfin hielt sich den Bauch
vor Lachen. Mama hatte ihnen alles erzählt, und das war doch schändlich. Ich
schrie sofort nach Anna und sagte, sie möchte Mama bestellen, ich wäre nach
Dorf Kreuth gegangen und tränke heute keinen Tee. Das ist an sich etwas
Undenkbares, daß ich allein wegbüchse, aber ich war zu wütend.
    Ich ging hinten raus, und als ich über
den Hof gehe, ruft Egon aus dem Parterrezimmer, dessen Fenster nach hinten ist:
«Ja, Marga, wo laufen S’ denn hin?» Ich: «Ich will nicht mit der Alten Garde
zusammen sein, ich bin wütend und gehe allein weg.» Mit einem Satz sprang er
durchs Fenster und war neben mir. «Nana, allein gehn S’ net, ich geh
natürlich mit.» Also flüchteten wir hintenrum vom Plateau weg, und er sagte,
wir wollten nun gerade nicht nach Dorf Kreuth, weil die Alte Garde dorthin mir
nachgehen würde. So bogen wir rechts ab in die Langenau, und es war wunderbar
so ohne Begleitung. Da flog mir eine Fliege ins Auge, und ich wühlte mir fast
das Auge heraus. Egon wurde ganz böse und sagte, jetzt wollte er es
machen. Er schob vorsichtig mit dem Finger die Fliege heraus. Als er so dicht
vor meinem Gesicht herumwurschtelte, wurde mir etwas schummerig. Dann sagte er:
«Das war eben sehr schwierig für mich.» Ich sagte: «Wieso, Sie haben die Fliege
doch ganz schnell und geschickt herausgemacht.» Da sagte er: «Ach, Sie Kind,
Sie verstehen das nicht, mal kann es ja auch mit der Zurückhaltung
zuviel werden.»
    Die Eltern haben den Grund zu meiner
Flucht richtig erkannt und haben nachher nichts gesagt.
    Für heute Schluß, meine liebe gute
Bertha, und immer in Liebe
    Deine Matti
     
     
     
    Bad Kreuth, den 23. Juli 93
    Meine liebste liebe Bertha!
    Tausend Dank für einen Brief und zwei
Karten. Du willst nun möglichst täglich wissen, was sich hier ereignet, aber es
ist eigentlich
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