Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
erzählt, daß du ihn getroffen hast.“
    „Nein?“ Virginia zog die Stirn kraus. „Nein, hab ich nicht, wie?“
    „Aber wann hast du ihn getroffen?“
    „An dem Tag, als ich das Cottage besichtigt habe. Erinnerst du dich? Ich sagte, ich sei zum Mittagessen nicht zurück. Ich bin in Lanyon in ein Pub gegangen, um Zigaretten zu kaufen, und da hab ich ihn getroffen.“
    „Aber warum hast du nichts davon gesagt? Gab es einen besonderen Grund, weshalb ich es nicht wissen sollte?“
    „Nein.“ Sie versuchte sich zu erinnern.
    „Aber ich vermute, du wolltest nicht von ihm sprechen.“ Virginia lächelte. „Es war nicht gerade ein freundschaftliches Wiedersehen. Wir hatten furchtbaren Streit...“
    „Aber hattest du vor, ihn zu treffen?“
    „Nein. Es war reiner Zufall.“
    „Und er hat sich an dich erinnert? Nach so langer Zeit? Er hatte dich doch bloß das eine Mal auf dem Grillfest gesehen.“
    „Nein“, sagte Virginia. „Ich hab ihn wiedergesehen.“
    „Wann?“
    „Etwa eine Woche nach dem Grillfest. Ich hab ihn in Porthkerris getroffen. Wir haben den Nachmittag zusammen verbracht, und er hat mich nach Haus Wheal gefahren. Du hast ihn nicht gesehen, weil du an dem Tag nicht da warst. Aber meine Mutter war da. Sie hat es mitgekriegt.“
    „Aber warum habt ihr so ein Geheimnis daraus gemacht?“
    „Es war kein Geheimnis, Alice. Meine Mutter konnte Eustace bloß nicht leiden. Ich muß zugeben, er hat sich nicht gerade bemüht, Eindruck auf sie zu machen; er war grob, und der Landrover war mit Stroh, Matsch und Mist verschmiert. Das paßte meiner Mutter weiß Gott nicht in den Kram. Sie hat den ganzen Vorfall als eine Art Witz abgetan, aber ich merkte, daß Eustace sie verärgert hatte und daß sie ihn nicht mochte.“
    „Aber du hättest mit mir über ihn sprechen können. Immerhin hatte ich dich mit Eustace bekannt gemacht.“
    „Hab ich ja versucht, aber jedesmal wenn ich davon anfing, hat meine Mutter sich in das Gespräch eingemischt oder das Thema gewechselt oder mich sonstwie unterbrochen. Und du darfst nicht vergessen, Alice, du warst ihre Freundin, nicht meine. Ich war bloß das junge Mädchen, fast noch ein Kind. Ich wäre nie auf die Idee gekommen, daß du für mich gegen sie Partei ergreifen würdest.“
    „Ging es darum? Partei zu ergreifen?“
    „Es wäre darauf hinausgelaufen. Du weißt, was für ein Snob sie war.“
    „O ja, sicher, aber das war harmlos.“
    „Nein, Alice, es war nicht harmlos. Es war schrecklich gefährlich. Es berührte alles, was sie tat. Es hat sie verdorben.“
    „Virginia!“ Alice war entsetzt.
    „Deswegen sind wir so plötzlich nach London abgereist. Weißt du, sie hat geahnt, daß ich mich in Eustace verliebt hatte.“
    Das Wasser kochte. Alice nahm den Kessel vom Herd und füllte die Kaffeekanne. Die Küche war von köstlichem Duft durchflutet. Alice zog vorsichtig einen Löffel über die Oberfläche des Kaffees.
    „Ist das wahr? Warst du wirklich in Eustace verliebt?“
    „Natürlich. Hättest du dich mit siebzehn nicht in ihn verliebt?“
    „Aber du hast Anthony geheiratet.“
    „Ja.“
    „Hast du ihn geliebt?“
    „Ich...-ich habe ihn geheiratet.“
    „Warst du glücklich?“
    „Ich war einsam.“
    „Aber Virginia, ich dachte immer... ich meine, deine Mutter sagte immer... ich dachte, ihr wart so glücklich“, endete Alice in hoffnungsloser Konfusion.
    „Nein. Aber Anthony war nicht allein schuld. Es war genauso meine Schuld.“
    „Hat Lady Keile das gewußt?“
    „Nein.“ Sie wußte auch nichts von den Begleitumständen von Anthonys Tod. Und sie wußte nichts von Liz. Und würde es auch nie erfahren. „Warum sollte sie? Sie hat uns oft besucht, aber nie länger als eine Woche. Es war nicht schwer, ihr eine idyllisch glückliche Ehe vorzugaukeln. Es war das mindeste, was wir für sie tun konnten.“
    „Es wundert mich, daß Nanny nie etwas gesagt hat.“
    „Nanny hat nie gesehen, was sie nicht sehen wollte. Für sie war Anthony die Vollkommenheit in Person.“
    „Dann hast du es sicher nicht leicht gehabt.“
    „Nein, aber wie gesagt, Anthony war nicht allein schuld.“
    „Und Eustace?“
    „Alice, ich war siebzehn; ein Mädchen, das darauf wartete, daß jemand ihr ein Eis kaufte.“
    „Aber jetzt nicht...“ sagte Alice.
    „Nein. Jetzt bin ich siebenundzwanzig und Mutter von zwei Kindern. Und ich warte nicht mehr auf ein Eis.“
    „Du meinst, er hat dir nichts zu geben.“
    „Und er braucht nichts von mir. Er ist sich selbst
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher