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Sommer am Meer

Sommer am Meer

Titel: Sommer am Meer
Autoren: Rosamunde Pilcher
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lernen, und sie würden zusammen Skiferien machen. Sie würde Drachen kaufen und Fahrräder flicken, Cara alle Bücher lesen lassen, die sie wollte, und mit der richtigen Mütze auf dem Kopf zu Nicholas' Sportveranstaltungen gehen und wunderbare Leistungen vollbringen, wie etwa beim Eierlaufen gewinnen.
    Und es würde geschehen, weil sie es geschehen ließ. Es gab keinen Eustace mehr, keine Träume, aber andere gute Dinge waren beständig. Stolz etwa und Entschlußkraft. Und die Kinder. Die Kinder. Sie lächelte in dem Wissen, daß sie bei allem was sie tat, immer standhaft in ihre Richtung sehen würde, wie der Zeiger des Kompasses, der stets nach Norden wies.
    Langsam wurde ihr kalt. Das erste Licht der Dämmerung streifte den Himmel. Sie stand vom Fußboden auf, nahm eine Schlaftablette mit einem Glas Wasser und ging ins Bett. Als sie die Augen wieder aufschlug, schien ihr die Sonne vom hohen Himmel voll ins Gesicht, und von unten kam ein schreckliches Getöse, ein Hämmern an der Haustür und eine Stimme, die ihren Namen rief.
    „Virginia! Ich bin's, Alice! Wach auf, oder seid ihr alle tot?“
    Benommen von Schrecken und Schlaf taumelte Virginia aus dem Bett und beugte sich aus dem Fenster. „Alice! Mach nicht solchen Lärm. Die Kinder schlafen.“
    Alice blickte mit erstaunter Miene hinauf. Ihre Stimme sank zu einem übertriebenen Bühnengeflüster. „Ich dachte schon, ihr wärt alle hops gegangen. Es ist nach zehn. Komm runter und mach mir auf !“
    Gähnend und nicht ganz bei sich, tastete Virginia nach ihrem Morgenrock, schob ihre Füße in Pantoffeln und ging nach unten. Unterwegs blieb sie an der offenen Kinderzimmertür stehen. Zu ihrer Verwunderung schliefen sie noch, unbehelligt von Alice' Geschrei. Es mußte gestern abend spät geworden sein. Viel später, als sie gedacht hatte.
    Sie schloß die Tür auf, um Alice und eine Flut von Sonnenlicht hereinzulassen. Alice trug ein flottes blaues Leinenkleid und einen Seidenschal um den Kopf. Sie war wie immer strahlend, klaräugig und erschreckend munter.
    „Schläfst du immer so lange?“
    „Nein, aber...“ Virginia unterdrückte ein Gähnen, „...ich konnte heute nacht nicht schlafen. Schließlich hab ich eine Tablette genommen. Davon war ich völlig weg.“
    „Und die Kinder?“
    „Ihnen hab ich keine Tablette gegeben, aber sie schlafen trotzdem noch. Es war spät gestern, wir waren den ganzen Tag draußen.“ Sie gähnte wieder, hielt krampfhaft die Augen offen. „Wie wär's mit Kaffee?“
    Alice machte ein amüsiertes Gesicht. „Du siehst allerdings aus, als könntest du einen gebrauchen. Ich sag dir was, ich mach Kaffee, und du siehst zu, daß du wach wirst und dir was anziehst. Ich kann nicht gut mit dir reden, wenn du in diesem Zustand bist.“ Sie legte ihre Handtasche resolut auf den Tisch. „Ich muß sagen, das Häuschen ist gar nicht übel. Ah, hier ist die Küche. Ein bißchen altmodisch vielleicht, aber es ist alles da...“
    Virginia ließ Badewasser ein, stieg in die Wanne und wusch sich die Haare. Danach ging sie in ein Handtuch gehüllt nach oben, nahm frische Sachen aus der Schublade und ein noch ungetragenes Baumwollkleid aus dem Kleiderschrank. Sie zog Sandalen an, kämmte die klatschnassen Haare, und mit einem sauberen Gefühl und erstaunlicherweise hungrig, ging sie wieder zu Alice hinunter.
    Sie fand sie eifrig beschäftigt, der Wasserkessel war aufgesetzt, die Kanne mit Kaffee bereit, Becher standen auf dem Tisch.
    „Oh, da bist du ja schon... es ist gleich fertig. Ich mach uns einen anständigen Kaffee, ich hab die dünne Plörre satt, du nicht?“
    Virginia setzte sich auf die Tischkante. „Wann bist du aus London zurückgekommen?“
    „Gestern abend.“
    „War's nett?“
    „Ja, aber ich bin nicht hierhergekommen, um von London zu erzählen.“
    „So, und was führt dich an einem Montagmorgen um zehn Uhr hierher?“
    „Neugierde“, sagte Alice, „die pure, unverhüllte Neugierde.“
    „Meinetwegen?“
    „Wegen Eustace Philips!“
    Virginia sagte: „Das verstehe ich nicht.“
    „Mrs. Jilkes hat es mir erzählt. Ich war kaum zur Haustür herein, als ich alles zu hören bekam. Sie sagte, daß Eustace angerufen hatte, als ich weg war, um zu fragen, ob jemand Bosithick für dich und die Kinder herrichtete. Und als er hörte, daß ich in London war, sagte er, er würde das selbst übernehmen.“
    „Ja, richtig... das hat er getan.“
    „Aber Virginia... du hast von Eustace gesprochen, aber du hast mir nicht
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