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Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Someone like you - Dessen, S: Someone like you

Titel: Someone like you - Dessen, S: Someone like you
Autoren: Sarah Dessen
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mit dem herzförmi gen weißen Rahmen hindurch angeblickt hatte und ein wenig beiseite gerutscht war, um neben sich Platz für mich zu machen, und zwar für den Rest unseres Lebens. Wofür ich ihr ewig dankbar sein würde. Denn das Leben ist zu schwer und zu kompliziert, als dass man es ohne eine beste Freundin oder einen besten Freund bewältigen könnte.
    In meiner Vorstellung von mir selbst kam ich mir vor wie eine Figur in einem Malbuch. Der Umriss und auch die wesentlichen Merkmale waren zwar vorhanden, doch innen war die Figur noch lange nicht fertig. Denn die Farben, Zickzacklinien, schraffierten oder karierten Flächen, all die kleinen Einzel- und Besonderheiten, die mich – Halley – ausmachten, waren noch nicht an ihrem Platz. |34| Scarletts lebhafte Farben, das Rot, das Gold, färbten zwar ab, was ein wenig half; doch ich wartete noch darauf, vollständig koloriert zu werden.
     
    Wir waren zwar im selben Viertel aufgewachsen wie Michael Sherwood und gingen auf dieselbe Highschool; dennoch hatten wir ihn bis vor kurzem nicht besonders gut gekannt, weil er nach der achten Klasse mit seiner Familie für einige Zeit nach Kalifornien zog. Bei seiner Rückkehr war er ein anderer: größer, braun gebrannt – er sah einfach umwerfend aus. Von einem Tag auf den anderen waren alle Mädchen unserer Schule hinter ihm her.
    Michael war etwa eine Viertelstunde lang mit Ginny Tabor und anschließend einige Monate mit der Anführe rin der Cheerleadertruppe an unserer Schule, Elizabeth Gunderson, liiert. Doch irgendwie schien er nicht recht in die Szene der Supersportler und Snobs zu passen. Er besann sich wieder auf seine Uralt-Freunde aus Lakeview, zum Beispiel auf seinen besten Kumpel seit Kindergartentagen, Macon Faulkner. Manchmal konnten wir die beiden mitten in der Nacht beobachten, wie sie unsere Straße entlangspazierten, Zigaretten rauchten und lachten. Sie waren anders als alle anderen und wir ohne Ende neugierig und völlig fasziniert von ihnen.
    Nachdem Michael Sherwood aus der Clique der Populä ren und Angesagten, Reichen und Schönen ausgestiegen war, entwickelte er sich zu einem Buch mit sieben Siegeln, und zwar für
alle
. Niemand konnte mehr sagen, zu wem oder welcher Clique er gehörte; er war mit allen und jedem befreundet – die große ausgleichende, verbindende Persön lichkeit an unserer Schule. Die Streiche, die er den Vertretungslehrern spielte, waren berühmt-berüchtigt. Außerdem |35| haute er einen ständig um einen Dollar an, und zwar im Austausch für eine gute Geschichte. Was er dann erzählte, war total abgefahren und entsprach höchstens zur Hälfte der Wahrheit, war allerdings immer so witzig, dass es den Dollar wert war. Eine Story, die er mir mal erzählte, handelte von ein paar durchgeknallten Pfadfinderinnen, die ihn über Wochen heimlich beobachteten und auf Schritt und Tritt verfolgten. Ich glaubte ihm kein Wort, gab ihm aber zwei Dollar und verzichtete gern auf mein Mittagessen, denn für die Story hatte es sich wirklich gelohnt.
    Jeder von uns wusste etwas über Michael zu erzählen, irgendetwas, das er getan oder gesagt oder sonst wie von sich gegeben hatte. Aber was Michael Sherwood vor allem so einzigartig und faszinierend machte, waren die Dinge, die er
nicht
tat; er schien weit entfernt von allen anderen zu sein und gehörte doch gleichzeitig auf gewisse Weise überall dazu.
    Am Ende jedes Schuljahrs fand eine Diashow der Fotos, misslungenen Bilder oder Schnappschüsse statt, die nicht im Jahrbuch abgedruckt wurden. Dicht gedrängt saßen wir in der Aula und betrachteten die Gesichter unserer Mitschüler, gigantisch vergrößert auf der gigantischen Leinwand. Alle brüllten und johlten durcheinander, spendeten ihren Freunden tosenden Applaus und buhten diejenigen aus, die sie nicht leiden konnten. Von Michael Sherwood erschien nur ein Foto, und zwar ein gelungenes (war ja klar): Er hockte allein auf einer niedrigen Mauer am Ende des Schulhofs, trug seine unvermeidliche schwarze Baseballmütze und lachte über etwas, das nicht im Bild war. Das Gras hinter ihm war knatschgrün, über seinem Kopf erkannte man einen Streifen klaren, blauen Himmels. Als das Dia auf der Leinwand erschien, fing die gesamte Aula |36| an zu klatschen und zu pfeifen. Alle verrenkten die Köpfe, um einen Blick auf Michael zu werfen, der neben Macon Faulkner auf der Galerie saß und aussah, als wäre ihm die Situation ultrapeinlich.
Das
bedeutete er für uns: die
eine
Sache, die wir alle gemeinsam
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