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Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
Autoren: Hellmuth Karasek
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Frieden.
     
    Auf einem Treffen von Kriegsteilnehmern treffen sich zwei Herren am Pissoir. Der eine scheint keine Arme zu haben, und so fragt der andere teilnehmend:
    »Stalingrad?«
    »Nein«, sagt der eine, während er die Ärmel hochzieht, »C & A.«
     
    Eigentlich, ganz eigentlich gehört dieser Witz zu den (weitgehend ausgestorbenen) Schneiderwitzen – aber es lässt sich an den beiden Witzen, dem von der AOK und dem von C   &   A ablesen, wie die Witzmechanik die Genre- und Zeitgrenzen überschreitet. Die Form, könnte man mutig mit Henri Bergson argumentieren, ist stärker als der Inhalt.
     
    Doch wir kommen zurück in die Sprechstunde, in die der Fünfzigerjahre.
     
    Eine Frau kommt zum Arzt. Sie ist hypernervös, neurasthenisch könnte man sagen und hat man wohl damals auch gesagt. Der Arzt, vielleicht sogar ein Neurologe, fragt sie nach ihrem ehelichen Alltag.
    Und als er erfährt, dass sie tagtäglich mit ihrem Mann auch sexuell verkehrt, rät er ihr, es doch nur an den Wochentagen mit »R« zu machen.
    Wahrscheinlich denkt er an die alte Regel für den Austerngenuss (nur in den Monaten mit R) und überträgt das auf die Wochentage.
    Wie dem auch sei, die Frau kommt nach Hause und erzählt ihrem Mann, der schon auf sie wartet, was der Arzt gesagt habe: nur noch an den Wochentagen mit einem R.
    »Ach«, sagt der Mann, »welcher Tag ist denn heute?«
    »Mirtwoch«, antwortet die Frau.
     
    Die Pointe dieses Witzes war ein geflügeltes Wort. Wenn sich ein Paar zwinkernd verständigen wollte, sagte es: Heute ist Mirtwoch.
     
    Ein anderes Ehepaar, das sich schrecklich und vergeblich ein Kind wünscht, geht zu einem Gynäkologen, der die beiden gründlich von Kopf bis Fuß untersucht und dann sagt: »Medizinisch spricht nichts dafür, dass Sie keine Kinder haben können. Vielleicht liegt es an Ihren Sexualpraktiken. Darf ich fragen, wie Sie miteinander verkehren?«
    »A tergo«, sagt der Mann, »immer von hinten.«
    »Hm«, sagt der Arzt, »wie wäre es mit der Missionarsstellung, ganz normal?«
    »What!«, schreit der Mann empört, »and how should we watch television?«
     
    Hier eine Geschichte, die den Wandel der Zeiten, das unerbittliche Vorrücken des Alters selbst thematisiert.
     
    »Früher«, beklagt sich eine Frau bei ihrer Freundin, »sagte der Arzt, wenn ich ihm mitteilte, dass mein Hals schmerzt: ›Ziehen Sie sich aus‹. Heute sagt er, wenn ich über Brustschmerzen klage: ›Strecken Sie mal die Zunge heraus‹.«
     
    Wir leben in einer stetig alternden, ständig wachsenden überalterten Gesellschaft – es geht um die auf den Kopf gestellte Alterpyramide. Dem Umstand trägt auch der Witz Rechnung. Alterswitze, Krankheitswitze, Rehabilitationswitze, Witze über »Kunstfehler«, ärztliche Allmacht und die Vorherrschaft der Medikamente sind Legion. Wer das nicht glaubt, muss nur das Fernsehen wenige Minuten vor den Heute -Nachrichten des ZDF oder der Tagesschau der ARD einschalten, er wird erleben (»Lesen, was gesund macht«), wie die Apotheken Umschau sämtliche Zipperlein des Alters mit Fürsorge bekämpft und wie im Zwiegespräch zwischen attraktiv verständnisvoller Apothekerin oder sportlichem Apotheker einerseits und wohlig gestähltem älteren Kunden, respektive Kundin, wie einer Gesellschaft, die aus »rüstigen Menschen« besteht (die manchmal einen Treppenlift brauchen), mittels Pharmaindustrie auf die Sprünge geholfen wird.
    Natürlich korrespondiert der Witz mit diesen Umständen. Während erfahrene Schriftsteller auf verschiedene Weise konstatieren: »Das Alter ist ein Schiffbruch« (Charles de Gaulle),oder: »Das Alter ist ein Massaker« (Philip Roth), versucht der Witz das Alter wegzulachen. Trotz der Lachfalten, die dabei entstehen und nur durch Botox beseitigt werden können. Gerade angesichts der Drohungen und Gefährdungen des Alters heißt es hier erst recht: Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Und glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche.
    Hier zunächst eine soziologische Diagnose einer auf den Kopf gestellten Lebenspyramide.
     
    Auf einen ausgebildeten Arzt kommen zehn eingebildete Kranke.
     
    Und, auf die diagnostischen Finessen bezogen, die unsere Medizin inzwischen erreicht hat:
     
    Es gibt keine gesunden Menschen, es gibt nur Patienten, die nicht hinreichend untersucht worden sind.
     
    In Bezug auf die Kostenlawine, die die ärztliche Kunst notwendigerweise erzeugt, gilt auch die folgende zynische Definition:
     
    Chirurgie ist die Kunst, dem
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