Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?

Titel: Soll das ein Witz sein? - Karasek, H: Soll das ein Witz sein?
Autoren: Hellmuth Karasek
Vom Netzwerk:
alle beide fort.
     
    In der Urfassung steht Konrad hier noch im leeren Raum. Erst in der endgültigen Fassung schwebt ein böser Gott über dem Bild. Konrad bleibt keine Fluchtmöglichkeit, das Zimmer ist total kahl, kein Versteck, keine Ecke, keine Decke. Ich erinnere mich, jedes Mal, wenn ich mir den Daumenlutscher vergegenwärtige, an eine Kinderszene, in der ich allein auf dem Weg zur Schule einen Käfer willentlich und absichtlich zertreten habe. Er knackte. Ich blinzelte hoch zur Sonne, die mich höhnisch anzublinken schien. Es sind Kinderszenen des aufmüpfigen Ungehorsams, den der Struwwelpeter festhält, wenn das Kind zur Sauberkeit, zur Ordnung, zur Räson erzogen wird. Eigentlich ist nichts komisch, und eigentlich gibt es nichts zu lachen. Außer für das brav gebliebene Kind, das den Verzicht auf seinen Ungehorsam mit Schadenfreude und mit leiblicher und seelischer Unversehrtheit belohnt findet. So arbeitet auch der Witz. Er ist schadenfroh.
    In dem Wilhelm-Busch-Comic – und der Struwwelpeter ist sozusagen ein Comic-Vorläufer – von der stellvertretenden Erziehung zweier Hunde namens Plisch und Plum durch zweiKnaben steht an jedem Kapitelende der schadenfrohe Bauer Schlich, der höhnisch meckernd lacht und sozusagen die Haltung des Witzes aufnimmt. »Ist fatal«, bemerkte Schlich, / »hehe, aber nicht für mich!« Außerdem gehorchen und bestätigen die »lustigen Geschichten und drolligen Bilder« die Wilhelm-Busch-Moral aus der Frommen Helene : »Das Gute, dieser Satz steht fest, / Ist stets das Böse, das man läßt!« Eine sehr pessimistische Moral, aber man möchte nach den Erfahrungen der 68 er-Revolte auch sagen: Besser noch als der optimistische Spruch: »Es gibt nichts Gutes / außer: Man tut es.« Wie viel Unfug hat dieser Aktivismus angerichtet.
     
    Der Witz ist die schadenfrohe Gewissheit, die Angst abgewehrt zu haben, indem man auf dem Pfad der Tugend blieb. Witze also markieren das Aufmucken gegen die Erziehung, in Witzen erfahren die Kinder, dass sie mit Zuckerbrot und Peitsche erzogen werden. Die Peitsche hat der Hund im »bösen Friederich« mitgebracht, für das Zuckerbrot spricht der Witz von der viktorianischen Gouvernante, die mit einem kleinen Jungen und einem kleinen Mädchen, beide ihr anvertraut, den Zoo besucht. Am Paviankäfig sieht sie erschrocken, wie es die Affen miteinander treiben. Schnell steckt sie ein Stück Zucker durch das Gitter, um sie abzulenken. Darauf sagt der kleine Junge zu ihr: »Would you stop it for a candy?«
    Tiere und Affen: Das Tierische der Kreatur ist am schönsten in dem Hauff’schen Märchen vom »jungen Lord« eingefangen. Da hinterlässt ein englischer Lord seinen Affen einer schwäbisch kleinbürgerlichen Gesellschaft und warnt alle, die diesen vermeintlichen jungen Lord lieben und schätzen, ihm doch bitte nie den Schlips zu lockern. Als sie es dann doch tun, zeigt der Affe seine ganze äffische nackte Urnatur. Ich kenne schließlich noch den Witz vom Papagei, der fürchterlich und gotteslästerlich flucht und den seine Besitzerin, eine ehrwürdigeWitwe, zum Pfarrer bringt, damit ihn dessen frommer Papagei erzieht.
     
    Beim »Schneider mit der Scher’« folgt die Strafe blitzschnell aus heiterem Himmel auf dem Fuße. Auch dafür gibt es eine Reihe von Geschichten. So die von dem orthodoxen Juden, der auf einem Wochenmarkt vom Geruch der Schweinsbratwürste angezogen wird und einen Heißhunger auf das Verbotene, nicht Koschere verspürt.
     
    Also geht er an den Stand und fragt: »Was kostet ein Paar Würstel?« In dem Augenblick ballt sich eine finstere Wolke zusammen, und ein Blitz zuckt vom Himmel. Sagt der Mann mit zum Himmel gereckten Armen: »Fragen wird man doch noch dürfen!«
     
    Doch manchmal ist die Blitzgewalt Gottes auch nicht so unfehlbar und nicht so naturgesetzlich, wie die beiden folgenden Beispiele zeigen:
     
    Zwei Engländer spielen zusammen Golf. Der eine ist unbeherrscht und sagt jedes Mal, wenn er ein Loch verfehlt: »Goddammit, daneben!« Der andere schaut ihn missbilligend an. Als er zum dritten Mal wieder »Goddammit, daneben!« sagt, guckt er sich entschuldigend zu seinem Partner um und sagt: »Ich werde mich zusammennehmen. Das nächste Mal soll mich der Blitz treffen, wenn ich wieder fluche.« Eine Zeit vergeht, bis es dem schlechten Golfspieler wieder entfährt: »Goddammit, daneben!« Oben eine schwarze Wolke, ein Blitz zuckt heraus und trifft den unschuldigen Partner. Eine Stimme von oben sagt:
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher