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Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)

Titel: Solheim 01 | EUROPA: Der Beginn einer Dystopie (German Edition)
Autoren: Jón Faras
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Pistole auf dem Sessel am Fenster ausfindig, die sich am besten dazu eignete, ein Schloss aufzuschießen, ohne dass Ninive ihren Fuß riskieren musste. Das freie linke Bein schwang sie zur Seite über die Bettkante und lehnte sich dann mit dem Oberkörper soweit vor, dass sie mit ihren Fingerspitzen gerade den Sessel erreichte. Sie kam jedoch nicht weit genug, um diesen näher ans Bett zu ziehen.
    Ruckartig schob sie sich ein Stück weiter nach vorne und bereute es sofort, als der metallene Ring der Handschelle in die Haut an ihrem Fußgelenk einschnitt. Ninive biss sich auf die Unterlippe und blendete den Schmerz aus. Immerhin war sie jetzt so nah an den Sessel herangekommen, dass sie ihre Finger in den altmodischen Polsterstoff krallen konnte. Mit einer weiteren Kraftanstrengung zog sie den Sessel näher zum Bett, doch dabei rutschte die Pistole herunter und über den Boden zurück in Richtung Fenster.
    Seufzend griff Ninive zur anderen Waffe, die noch auf dem Sessel lag. Es war eine schwere, unhandliche Shotgun. Die Handschelle am Fußgelenk aufzuschießen war nun keine Option mehr, wenn sie das Abteil noch mit allen Zehen verlassen wollte. Also blieb nur das andere Ende der Fessel, das um das Bettgestell geschlossen war. Ninive schwang mit Mühe den Lauf der Shotgun herum und setzte an.
    Der Knall war ohrenbetäubend. Ninive hatte ihre gesamte praktische Erfahrung mit Waffen am Schießstand gesammelt, in optimaler Position mit einfach zu beherrschenden Waffen. Jetzt hatte sie sich weit zurückgelehnt, um mit dem langen Lauf die richtige Stelle anvisieren zu können, und den Rückstoß völlig unterschätzt. Die Waffe entglitt ihr und der Lauf der Shotgun schlug zurück und prallte gegen ihre Schläfe. Wimmernd ließ sie sich aufs Bett sinken, während die Waffe geräuschvoll zu Boden fiel. Immerhin hatte der Schuss sein Ziel nicht verfehlt. Sie rollte sich auf die Seite und zog die Beine eng an den Körper, gegen das Flackern vor ihren Augen ankämpfend.

07 | SEAMUS
     
    Als Lilian in das Abteil zurückkehrte, war Ninive verschwunden. Sie war nicht besonders überrascht, eine Handschelle als einzige Sicherheit gegen eine Sangre-Agentin war nicht gerade eine Glanzleistung gewesen, doch Lilian hatte nur wenig Zeit zum Handeln und der Gedanke, Ninive in ihrem Abteil festzuhalten war ohnehin eine Improvisation. Doch auch Ninive schien nicht sehr besonnen vorgegangen zu sein. Der Holzboden an der Ecke des Bettes war zersplittert und zeigte deutliche Schusspuren der schweren Shotgun. Die Schubladen der Kommode waren rausgerissen und ihre Kleidung durchwühlt worden, das Kopfkissen hatte Blutspuren, der Sessel war nach hinten gekippt und die Polster wie auch die Matratze waren aufgeschlitzt.
    Immerhin war Ninive gründlich gewesen, wenn sich Lilian auch gewünscht hätte, sie wäre etwas subtiler vorgegangen. Aber vermutlich spielte das jetzt keine Rolle mehr. Die Tür des Abteils war unbeschädigt und abgeschlossen, und da auch die Fenster nicht geöffnet waren, konnte sich Ninive nur im Bad versteckt haben. Lilian zog die Taser Gun aus ihrem Hosenbund und schob langsam die Tür zum Bad auf.
    „Halt!“
    Lilian ließ die Taser Gun sinken, als sie direkt in den Lauf einer Pistole blickte.
    „Ninive, lass mich erklären …“, begann Lilian, doch Ninive schnitt ihr das Wort ab.
    „Wirf den Taser weg! Hast du noch andere Waffen bei dir?“
    „Nein“, Lilian legte die Taser Gun auf den Boden und trat sie mit dem Fuß zurück in Richtung Bett. Sie rechnete ihre Chancen aus, einen direkten Angriff auf Ninive zu starten, doch die Gefahr, sie oder sich selbst dabei ernsthaft zu verletzen, war zu groß. Außerdem war mit einem Klon, der unter Stress stand, nicht zu spaßen.
    Ninive musterte Lilian offensichtlich auf der Suche nach möglichen weiteren Waffen. Lilian warf einen schnellen Blick auf ihren weiten Kapuzenpullover und die Cargohose. Darunter konnte sie ein ganzes Arsenal an Waffen tragen. Ninive würde ihr nicht glauben, solange sie weitere Waffen vermutete. Also blieb nur eine Möglichkeit. Lilian zuckte mit den Schultern und griff nach dem Saum ihres Pullovers.
    „Halt! Was wird das?“, Ninive fuchtelte mit der Pistole vor Lilians Gesicht rum.
    „Du willst doch sicher einen Beweis dafür, dass ich keine weiteren Waffen trage, richtig? Ich ziehe jetzt Pullover und Hose aus, damit du dir sicher sein kannst, und dann hörst du mir zu, in Ordnung?“
    Ninive nickte zögernd, trat aber dann einen halben Schritt
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