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Solar

Solar

Titel: Solar
Autoren: Ian McEwan
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Interesse daran, dem Institut die Patentrechte zu sichern und dem Steuerzahler etwas für sein Geld vorweisen zu können.«
    Hammer packte Beard an den Aufschlägen seines Morgenmantels. »Mann, wir haben jede Menge Schulden. Kein Mensch steigt bei uns ein, solange das nicht geregelt ist. Wir können uns nicht mal Anwälte leisten.«
    »Wir haben die ganze Arbeit gemacht«, sagte Beard und schob Hammers Hand beiseite. »Wenn wir jetzt einknicken, können wir von Glück sagen, wenn sie uns noch als Kloputzer einstellen.«
    »Meine Herren«, sagte Barnard. »Wir werden Ihnen sicher etwas Besseres anbieten können als das. Und Mr Hammer hat recht. Wenn die Öffentlichkeit von unserem Rechtsstreit erfährt, wird man mit Ihnen keine Geschäfte mehr machen wollen. Es muss doch auch in Ihrem Interesse sein, morgen kein Aufsehen zu erregen.«
    »Ich formuliere das so höflich, wie ich kann«, sagte Beard. »Gehen Sie bitte.«
    Barnard presste kaum merklich die dünnen Lippen aufeinander und öffnete die Tür. Über seinen Schultern verblasste der orange Wüstenhimmel zu Gelb und leuchtendem Grün.
    Hammer, sonst immer so cool, fing laut an zu jammern.
    »Michael, lass uns darüber reden! Mr Barnard, warten Sie, ich begleite Sie hinaus.«
    Der Anwalt neigte bedauernd den Kopf. »Tun Sie das, aber es ist Mr Beards Unterschrift, die wir benötigen.« Er trat in die Dämmerung hinaus, und Hammer eilte ihm nach. Die Tür schlug zu, Beard hörte die Stimmen der beiden auf dem Weg über den Parkplatz leiser werden; einmal flehte Toby inständig um Aufschub, dann Barnards nachdrückliches Gemurmel.
    Beard hockte wieder in seinem Sessel und überlegte immer noch, ob er duschen sollte. Ihm kam die Szene wie ein kleines Theaterstück vor, das man ihm zuliebe aufgeführt hatte. Er war wie betäubt, die Konsequenz des Geschehens lag außerhalb seines Horizonts. Er wusste nur, eine große Mauer, über die er nicht hinwegsehen konnte, versperrte ihm den Weg in die Zukunft. Er konnte nicht denken. Seine einzige Sorge war, dass Melissa und Catriona in weniger als einer Stunde eintreffen würden und er sich anziehen musste, um sie zu empfangen. Nachdem er eine Weile benommen dagesessen hatte, ging er ins Bad und stellte sich unter die Dusche; wie gelähmt ließ er das heiße Wasser auf seinen Schädel prasseln. Als er ein Geräusch vernahm, spähte er aus der Kabine und lauschte. Jemand klopfte laut an die Tür, dann noch einmal. Stille. Dann begann sein Palmtop auf dem Nachttisch zu schrillen, und das Klopfen ging wieder los, noch lauter. Hammer schrie mehrmals seinen Namen. Zweifellos wollte er unbedingt reinkommen und ihn überreden, Brabys Lakai zu werden.
    Beard zog sich wieder in die Duschkabine zurück; erst als er sicher war, dass sein Freund gegangen war, kam er hervor und begann sich abzutrocknen. Das heiße Wasser auf seiner Haut hatte geholfen. Er war erfrischt und wusste, was zu tun war. Es kam nur auf die richtige Einstellung an. Die Sache morgen musste durchgezogen werden. Er mochte um die Lorbeeren gebracht werden, doch vorher würde die ganze Welt sehen, was er geleistet hatte. Er würde mit Glanz und Gloria untergehen. Oder besser, er suchte sich einen finanzstarken Partner, der ihm den Prozess überstehen half und dafür später an seinem Profit beteiligt würde. Die wichtigsten Gäste waren bereits in ihren Hotels in El Paso eingetroffen, andere kamen über Silver City. Morgen würde die Sonne aufgehen, die Paneele spalteten Wasser in Gase, die Gase trieben die Turbinen an, Strom floss, die Welt würde staunen. Nichts durfte das Beatles-Medley und die kreischenden Tiefflieger stören.
    Ein Handtuch um den Wanst gespannt und >Yellow Submarine< pfeifend, ging er ins Zimmer zurück, wühlte ein Hemd aus seinem Koffer, befreite es von der Zellophanhülle und Stützpappe der Reinigung. Das Rascheln des Plastiks erinnerte ihn an etwas anderes Aufmunterndes: seinen Hunger. Da er keinen Brunch, sondern nur ein Mittagessen zu sich genommen hatte, lag er mit einer Mahlzeit im Rückstand, und darum würde er sich jetzt kümmern. Er fand saubere Unterwäsche und Socken - was waren das doch für Zeiten, als er seine Socken noch im Stehen anziehen konnte - und faltete seinen knitterfreien Ausgehanzug auseinander. Klar, er warf sich für Melissa so in Schale. Während er sich vor dem Badezimmerspiegel mit Eau de Cologne besprengte, dachte er an sie; er ging ins Zimmer zurück und machte das Bett. Das wiederum erinnerte ihn an Darlene,
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